c o m p u t e r 1. 0

Julian Goldman, Victoria Manganiello, SOFT MONITOR

Honorary Mention

Voll oder leer; farbig oder transparent; null oder eins; unter oder über – c o m p u t e r 1.0 stellt sich ein Display für die Zukunft vor, indem er auf Displays unserer Vergangenheit schaut. Die Künstler Julian Goldman und die Künstlerin Victoria Manganiello entwickeln ein großformatiges Textil, das von Hand aus hohlen Polymerschläuchen und Naturfaserfäden gewebt wird. Eine strukturierte Folge von farbigen Flüssigkeits-/Öl-/Luftpixeln wird in die Schläuche gepumpt, die Reihenfolge wird von den Daten benachbarter Bewegungssensoren und einer Reihe von computergesteuerten Ventilen, Luftkompressoren und Pumpen diktiert. Dieses Textil wird als Lo-Fi-Computerdisplay funktionieren, das aus altbewährten natürlichen Materialien und Techniken hergestellt und mit modernen digitalen Technologien kombiniert wird.
In der Ausstellung befindet sich das Betriebssystem in der Anfangsbeobachtung des Betrachters bzw. der Betrachterin; die Technologien und die Geräusche, die sie erzeugen, werden nicht verborgen, sondern sind ein integraler Bestandteil der Publikumserfahrung. Wir zeigen die Produktionsmittel, anstatt sie zu verstecken.

c o m p u t e r 1.0 funktioniert auch als historische Linse und zeigt, wie unser Verhältnis zur Computertechnologie immer mit gegensätzlichen Versprechungen utopischer und dystopischer Zukunftsvorstellungen belastet war. Im Jahr 1801 entwickelte der französische Seidenwebermeister Joseph Marie Jacquard einen Webstuhl, der Lochkarten (siehe Binärcode) zur Steuerung des Tuchwebens verwendete. Dies befeuerte die industrielle Revolution, die Tuchherstellung wurde billiger und schneller und gleichzeitig die Arbeit tausender ArbeiterInnen in ganz Europa mechanisiert. Der Jacquard-Webstuhl ist ein direkter, wenn auch oft vergessener Vorfahre unserer modernen Computer, der direkt zu den Entdeckungen von Charles Babbage, Ada Lovelace, Alan Turing und weiter zu unserer neu entdeckten Besessenheit und Sucht nach digitaler Anzeige führte.

Wir repräsentieren dieses digitale Erbe mit digitalisiertem Gewebe und verweisen auf aktuelle Themen wie Daten, Datenschutz und Gerechtigkeit rund um unsere Kommunikationsinfrastruktur. Diese Installation erinnert uns daran, dass unser gegenwärtiger digitaler Existenzialismus und die permanente Frage „Sind wir besser dran?“ ein seit zwei Jahrhunderten geführtes Gespräch zwischen Ludditen und Evangelisten ist.

computer 1.0

Credits

This project was partially supported by the Awesome Foundation Grant. It was made possible with funds from the New York State Council on the Arts in Partnership with Wave Farm: Media Arts Assistance Fund, a regrant program of the New York State Council on the Arts, Electronic Media and Film Program, with the support of Governor Andrew Cuomo and the New York State Legislature. Research was supported by a Materials-Based Research grant from the Center for Craft.
Foto: Victoria Manganiello

Julian Goldman (US), Victoria Manganiello (US) alias SOFT MONITOR. SOFT MONITOR ist ein Kunst- und Designkollektiv, das sich auf das Erzählen von Geschichten über Materialien, Technologie und Kultur durch körperliche Erfahrung konzentriert. SOFT MONITOR wurde 2017 von Victoria Manganiello und Julian Goldman gegründet. Zu den jüngsten Projekten von SOFT MONITOR gehört die Teilnahme am Wall Street Journal Future of Everything Festival (NY, NY), am Currents New Media Festival (Santa Fe, NM), am Indianapolis Museum of Contemporary Art (IN) und am Museum of Arts and Design (NY, NY). Julian ist leitender Designer bei Bolt Threads, einem Unternehmen für Biowerkstoffe, das biotechnologisch hergestellte Materialien wie Spinnenseide und Myzel-Leder herstellt. Victoria ist eine preisgekrönte Textilkünstlerin und Professorin (New York University und Parsons), die zahlreiche international anerkannte Ausstellungen, Residencies und Auszeichnungen vorzuweisen hat.

Jury Statement

computer 1.0 is a fascinating installation that is not only a beautiful art piece replicating an imaginary information processing device from the past but also a visually poetic testimony of the stressful dystopian future of the information age.
Victoria Manganiello and Julian Goldman create a canvas using polymer, natural threads, and flowing fluids to represent an analog display that portrays the flow of information but leaves room for comprehension by the observer to what the analog representation, which can also be interpreted either as being the process or the output, means. It is both an intellectual stimulus from a communication design angle and an antithesis to the rigid society that we live in; one that is controlled by zeros and ones and often brings limits to the imagination by the observer.
The artwork is an intimate crossover of tech and textile, and a reminder of how intellectual people of the past have ignited the evolution of communication, starting from a primitive form of design.

Hier finden Sie das ganze Jury Statement.