Honorary Mention
Im 21. Jahrhundert werden Werke mit verteilter Autorschaft und verteilten Identitäten produziert – die KünstlerInnen präsentieren ihre Arbeitsprozesse „kodiert“ in den zerstreuten Strukturen globaler Netzwerke. Das zeitgenössische künstlerische Schaffen wird in kollektiver Praxis entwickelt, Forschungsprozesse sind Ergebnisse eines zwischen Menschen, Maschinen und Programmen verteilten Agens. Es können lediglich „Spuren“ hinterlassen werden, geht es doch nicht mehr darum, „Endprodukte“ zu liefern, sondern „prozessuale Artefakte“. RIAT – The Research Institute for Arts and Technology – begrüßt und bejaht die flüchtige Natur einer realen Welt, die nur aus kollektiv entwickelten und umgesetzten Visionen erstrebenswerter Zukunftsszenarien besteht.
Blockchain (die Grundlage von Bitcoin) ist zweifelsohne die entscheidende Erfindung des 21. Jahrhunderts. Die sich beschleunigenden Kräfte der Dezentralisierung verändern nicht nur unsere Einstellung zu elektronischem Zahlungsverkehr, sondern durch die Unveränderbarkeit und Unaufhaltsamkeit der Blockchain auch unsere Wahrnehmung von Organisationen, von Vertrauen und nicht-menschlichen agentiellen Potenzialen. RIAT setzt sich mit der globalen Kryptoökonomie und ihren Auswirkungen auf Kultur und Gesellschaft auseinander.
RIAT ist ein unabhängiger Forschungscluster mit Sitz in Wien. RIAT untersucht das Verhältnis und die Schnittstellen von Technologie und Kunst – wesentliche Handlungsfelder sind Blockchain-Technologien, Open (Source)-Hardware, experimentelle Formen der Publikation und epistemische Kulturen. RIAT erforscht die Rolle der Kunst im Zeitalter der vernetzten Gesellschaft und unterzieht sie Belastungstests in unterschiedlichen Formaten wie etwa dem Coded Cultures Festival for fringe research and experimental arts oder Making Artistic Technology – einem Rahmenkonzept zur Erweiterung der Spielräume kreativer Technologie.
Credits
Foto: RIAT CC-BY
RIAT – the Research Institute for Arts and Technology (AT) entstand 2015 und kooperiert mit Gruppen experimenteller KünstlerInnen und ForscherInnen, die sich kritisch mit Technologie, insbesondere mit Blockchain und/oder offener Hardware, auseinandersetzen. Das Institut wurde von dem Kryptokunst-Kollektiv Bokeh, der Künstlergruppe 5uper.net und dem experimentellen Artistic Technology Lab, das zuvor an der Universität für angewandte Kunst in Wien untergebracht war, gegründet.
Jury Statement
Das RIAT – Research Institute for Arts & Technology in Wien fungiert als Plattform für eine Gegenbewegung, indem es neue Räume außerhalb von Akademien und des etablierten Galeriesystems schafft. Die RIAT-AktivistInnen zögern nicht, die schwierigsten und beunruhigendsten Probleme der heutigen Gesellschaft in Angriff zu nehmen, etwa indem sie Kryptowährungen entwickeln, um die Welt zu verändern. Weiters haben sie das Journal for Research Cultures initiiert, um der globalen ForscherInnen-Community und Interessierten ihre Ideen und Erfahrungen kommunizieren zu können. Weitere Aktivitäten der Plattform sind der Ausstellungsort Artistic Bokeh im Museumsquartier in Wien und das Coded Cultures Festival for fringe research and experimental arts. RIAT zeigt erfolgreich, wie durch die Verbindung von Kunst und Technologie eine Dachstruktur für unkonventionelles, ja revolutionäres Denken entstehen kann.