Anerkennung
Die Natur ist ein über Wasser verbundenes Ökosystem. Durch Wasser erschafft die Natur und zerstört gleichermaßen, da es Leben stiftet und über eine gewisse Zeitspanne materielle Veränderungen lenkt. Sowohl in unbelebter als auch in lebender Materie allgegenwärtig, ist Wasser das Baumaterial der Natur und gibt allen Organismen und natürlichen Gebilden Form, Struktur und Funktion – vom Great Barrier Reef bis hin zu einzelligen Mikroorganismen, die durch Photosynthese Energie erzeugen. Schon in frühen Kulturen wusste man, dass das Wasser bereits vor der Schöpfung existierte.
Inspiriert von der Bildung wässrigen Materials, bietet die Water-based Digital Fabrication Platform neue Perspektiven der Herstellung auf Wasserbasis, indem sie ein uraltes, aus Krustentieren gewonnenes Material mit robotischer Montage und synthetischer Biologie für die Gestaltung von Konstruktionen verbindet, die die Eigenschaften abgestufter Werkstoffe für hydrationsgesteuerte Selbstassemblierung verwendet.
Ein nahtloses Berechnungsverfahren kommt für das Design und die direkte digitale Herstellung von Multimaterialobjekten und strukturierten Objekten mit mehreren Skalen zum Einsatz. Die Arbeitsschritte kodieren und integrieren domänenspezifische, auf lokale, regionale und globale Merkmalauflösung heterogener Werkstoffanordnungen bezogene Metadaten. Geometrisch unterschiedliche Konstruktionen, die formgebende variable Durchflussraten und Werkstoffeigenschaften mit netzfreien grafischen Primitiven asoziieren, lagern sich ab. Die Strukturen bestehen aus einem einzigen Materialsystem, das von Chitin hergeleitet wird, also dem Polymer, das im Meer am häufigsten bzw. auf dem ganzen Planeten am zweithäufigsten auftritt. Gemahlene Gliedfüßlerschalen werden in das Chitinderivat Chitosan verwandelt, um eine wässrige Lösung mit variablen Eigenschaften zu bilden. Sind sie einmal gedruckt, behalten die Konstruktionen ihre Form dank Verdunstungsmustern, die durch die geometrische Anordnung von Bauteilen entstehen, sowie dank der hierarchischen Verteilung der Werkstoffeigenschaften.
Die Folge ist kontrollierte Faltenbildung. Jede Komponente findet bei Luftkontakt ihre Form und baut sich bei Wasserkontakt biologisch ab. Lebende Materie in Form von Cyanobakterien wird auf Chitosanproben aufgetragen und imprägniert, um eine Oberflächenfunktionalisierung zu ermöglichen und dem Material zusätzliche Eigenschaften wie Wasserfestigkeit und Leitfähigkeit zu verleihen. Die Anwendungen umfassen die Herstellung vollkommen recyclebarer Produkte oder temporärer architektonischer Komponenten wie etwa Zeltstrukturen mit abgestuften Eigenschaften. Vorgeschlagene Anwendungen zeigen ökologische Fähigkeiten wie Wasserspeicherstrukturen, hydrationsinduzierte Formgebung und allmähliche Produktzersetzung. Vom Meer hergeleitet, von Wasser geformt und durch photosynthetische Meeresbakterien verstärkt, stellen diese Strukturen die Transformation der Schale eines marinen Gliedfüßlers in eine baumartige Haut aus Chitosan dar, die schließlich Sonnenlicht in Biobrennstoff verwandeln soll. Die Plattform und ihre Produkte sind eine Demonstration des Zugangs der Material Ecology zu designter Formgebung und Eigenschaftsbildung. Sie sind die Realisierung des alten Bibelverses „Erde zu Erde“, Wasser zu Wasser.
Mediated Matter Research Group (US)
The Mediated Matter Research Group (US) konzentriert sich auf von der Natur inspiriertes Design und von Design inspirierte Natur. Wir forschen an der Schnittstelle von Computational Design, digitalem Konstruieren, Materialwissenschaft und synthetischer Biologie und wenden unsere Erkenntnisse auf Design jeglichen Maßstabs an – von mikromaßstäblich bis gebäudegroß. Wir schaffen von der Biologie inspirierte, beeinflusste und entwickelte Designwerkzeuge, -technologien und -strukturen und wollen damit das Verhältnis zwischen natürlichen und künstlichen Umgebungen verbessern. Unser Forschungsfeld, das wir „Material Ecology“ nennen, integriert rechnergestützte Formfindungsstrategien mit einer von der Biologie inspirierten Herstellung. Neri Oxman, Architektin, Designerin und Dozentin am MIT Media Lab, leitet die Mediated Matter Research Group.
Credits
Forschung und Design: The Mediated Matter Research Group vom MIT Media Lab
Forschungsleitung: Jorge Duro, Laia Mogas, Daniel Lizardo und Neri Oxman (Leiterin)
Zusätzliche ForscherInnen: Markus Kayser, William Patrick, Sunanda Sharma, John Klein, Chikara Inamura und Steven Keating
MitarbeiterInnen: James Weaver, Javier G. Fernandez, Katia Bertoldi, Pamela Silver, Tim Lu, Allen Chen, Stephanie Hays, Eléonore Tham, Johannes Overvelde und Dan Robertson
Teilweise unterstützt durch TBA-21