FFG steht für Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft und ist laut eigener Definition „eine Organisation zur Förderung von Forschung und Innovation im Bereich der anwendungsorientierten und industrienahen Forschung in Österreich.“ Genauer gesagt, bedeutet das, dass die FFG unter anderem Forschungsprojekte von Unternehmen und Wissenschaftlern bzw. Wissenschaftlerinnen in Österreich unterstützt. Angesiedelt in der FFG ist auch die Agentur für Luft- und Raumfahrt. Sie nimmt die österreichische Interessenvertretung bei der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) wahr. Und genau in dessen Beirat ist seit kurzem Andreas Bauer, Museumsleiter des Ars Electronica Center und ESERO Austria Supervisor. Nachdem ESERO Austria im Juni auch noch seinen zweiten Geburtstag feierte haben wir Grund genug, um mit Andreas über seine neue Position und die vergangenen zwei Jahre von ESERO Austria zu sprechen.
Credit: Magdalena Sick-Leitner
Hallo Andreas! Herzlichen Glückwunsch zu deiner neuen Position als Mitglied des FFG Beirats für Luft- und Raumfahrt! Das passt doch hervorragend zu deinem Job als Supervisor von ESERO Austria. Was haben die beiden Institutionen gemeinsam?
Andreas Bauer: Vielen Dank! Ja, das stimmt! Die beiden haben eine gemeinsame Leidenschaft, nämlich das Thema Weltraum. Sie wollen beide den Stellenwert der Weltraumforschung in Österreich steigern. Wobei es die Aufgabe von ESERO Österreich ist, das im Kontext der Schule zu machen: wie kann man Lehrerinnen und Lehrer dazu motivieren mithilfe der Faszination Weltraum den naturwissenschaftlich-technischen Unterricht spannender zu gestalten? Der Beirat für Luft und Raumfahrt macht genau dasselbe, nur auf institutionalisierter Ebene: was und wo wird in Österreich im Bereich Weltraum geforscht, welche Firmen sind in diesem Bereich aktiv, welche Entwicklungen gibt es von Seiten des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie und welche Empfehlungen können sie dazu abzugeben, damit das noch mehr gefördert werden kann? ESERO Österreich ist nun auch Mitglied in diesem Beirat, um den edukativen Aspekt hervorzuheben. Wir, als ESERO, sorgen ja idealerweise für Nachwuchs bei diesen Firmen, wenn unsere Jugendlichen sich für das Thema Weltraum faszinieren, dadurch dann beispielsweise an der TU Wien zu studieren beginnen oder mit einer Lehre bei der RUAG beginnen, um dann in späterer Folge in diesem Bereich zu arbeiten.
Credit: Martin Hieslmair
Dank der Unterstützung der FFG und auch des Bmvit konnte ESERO Austria in den vergangenen zwei Jahren bereits großartige Veranstaltungen organisieren, wie beispielsweise den In Flight Call zur ISS Ende letzten Jahres. Kannst du uns mehr darüber berichten?
Andreas Bauer: Die Möglichkeit live mit einem Astronauten, der sich auf der internationalen Raumstation befindet, zu sprechen, ist eine, die man nur sehr sehr selten hat, weil deren Zeitplan extrem knapp bemessen ist. Paulo Nespoli, mit dem wir gesprochen haben, war viereinhalb Monate auf der ISS und in dieser Zeit hatte er in Summe nur 60 Minuten, die er dem Bereich Education widmen konnte und davon hat dieser In Flight Call zirka 20 bis 25 Minuten in Anspruch genommen. Daran merkt man, wie strikt durchgeplant der Alltag eines Astronauten auf der ISS ist. Zu wissen, dass jemand 400 Kilometer über mir fliegt, der meine Fragen beantwortet – alleine die Möglichkeit, dass es diese Kommunikation gibt – ist total faszinierend. Und das ist genau die Aufgabe von ESERO: diese Faszination nutzen zu können und Schülerinnen und Schüler zu begeistern.
Credit: Magdalena Sick-Leitner
2016 waren sogar echte Astronauten bei uns im Ars Electronica Center…
Andreas Bauer: Genau! Es gibt eine Vereinigung der Astronauten, die Association of Space Explorers. Das heißt, wenn man Astronautin oder Astronaut war, darf man Mitglied in diesem Verein werden. Diese Mitglieder treffen sich einmal jährlich und 2016 fand dieses mehrtägige Treffen in Österreich anlässlich des 25 Jahr Jubiläums der Austromir Mission, also dem Besuch von Franz Viehböck auf der Raumstation Mir, statt. Ein Tag davon war dafür vorgesehen, dass sie mit der Bevölkerung über ihre Arbeit sprechen. Dazu besuchten die Astronautinnen und Astronauten verschiedene Institutionen in ganz Österreich. Und so kamen auch drei Astronauten zu uns ins Ars Electronica Center, wie beispielsweise Michael Fincke. Ihn hat der Deep Space bei uns im Museum extrem beeindruckt, weil hier die ISS im Programm „Uniview“ dreidimensional aus allen Richtungen mittels Livesteuerung begutachtet werden kann. Einen ganzen Tag lang ohne Pause konnte er so den Schulklassen anschaulich berichtet, wie das Leben auf der ISS ist, wie die einzelnen Teile der ISS heißen, wie groß was ist und wie es sich darin lebt.
Credit: Martin Hieslmair
Der bereits erwähnte erste und einzige österreichische Astronaut Franz Viehböck besucht mittlerweile regelmäßig das Ars Electronica Center zu den Abschlussveranstaltungen von „Mission X“, das von ESERO Austria organisiert wird…
Andreas Bauer: Mission X richtet sich speziell an Volksschulen und das Motto lautet „Train like an Astronaut!“. Für mich ist Mission X ein sehr schönes Beispiel dafür, wie der Transfer von Weltraumthemen in eine Klasse funktionieren kann. Die Kinder trainieren, damit sie Astronautinnen und Astronauten werden und die Übungen, die sie dabei machen, sind angelehnt an das echte Astronautentraining. Eigentlich geht es dabei um die richtige Ernährung, um einen gesunden Körper und um geistige Fitness. Das heißt, es geht in Wahrheit um ganz banale Themen, die uns im Alltag treffen. Und so bringt man Kindern bei, warum es wichtig ist gesund zu essen und sportlich aktiv zu sein. Und sie machen das einfach viel lieber, wenn sie wissen, dass das dasselbe Essen ist, das auch Astronautinnen und Astronauten essen und dieselben Übungen sind, die auch Astronautinnen und Astronauten machen. Hier geht es nicht darum, dass man schwierige technische Aufgaben oder ähnliches löst, sondern es geht primär darum, dass wir gesunde Kinder haben. Den ersten und einzigen österreichischen Astronauten, Franz Viehböck, dann bei der Abschlussveranstaltung des Projekts kennenzulernen ist natürlich das Highlight jeder Schulklasse, die mitgemacht hat.
Credit: Vanessa Graf
Ein paar österreichische Nachwuchsastronauten bzw. Raketenwissenschaftler nahmen heuer im Zuge von ESERO Austria auch beim ersten CanSat Wettbewerb Österreichs teil…
Andreas Bauer: CanSat ist schon eine schwierigere Herausforderung. Das ist für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe 2. Aufgabe ist, eine Satellitenmission im Kleinen zu machen. Das heißt, einen Erdatmosphärensatelliten zu bauen und zu überlegen, welche Missionen dieser Satellit erfüllen muss. Dabei gibt die ESA die Primärmission vor. Das ist die Messung des Luftdrucks und der Temperatur. Und eine zweite Sekundärmission – die Sprache ist übrigens analog zu einer richtigen Weltraummission – müssen sie sich selbst überlegen. Der Satellit, den sie bauen hat die Größe einer Getränkedose und wird von uns gemeinsam mit dem TU Space Team auf eine Rakete montiert und auf 500 Meter Höhe geschossen, wird dann ausgeworfen, fällt dann an einem Fallschirm herunter und muss dabei seine Messungen machen. Die Teams müssen dann die empfangenen Daten des Satelliten wissenschaftlich auswerten und vor einer Jury präsentieren. Es ist also wirklich eine Satellitenmission im Kleinen. Ein großer Satellit funktioniert genauso. Das ist also wirklich eine tolle Leistung der Teams, die beim CanSat Wettbewerb mitgemacht haben.
Credit: Magdalena Sick-Leitner
Und was erwartet uns in nächster Zeit von ESERO Austria?
Andreas Bauer: Der Hauptfokus von ESERO sind ja eigentlich die Lehrerinnen und Lehrer. Mission X, CanSat und Co. sind sehr schöne Projekte, aber die Hauptaufgabe ist die Unterstützung von Lehrerinnen und Lehrern bei der Aufgabe den naturwissenschaftlich-technischen Unterricht mithilfe des Weltraums spannender zu gestalten. Insofern erwartet die LehrerInnen und Lehrer in den nächsten Semestern ein sehr vielfältiges Programm. Das Besondere ist, dass wir – nachdem ESERO Austria im Ars Electronica Center beheimatet ist – einen künstlerisch-kreativen Zugang geben werden. Unterrichtsmaterialien gibt es auch von anderen ESERO Büros aus anderen Ländern, aber nachdem sich das Ars Electronica Center mit den Themen Kunst, Technologie und Gesellschaft befasst, hat das natürlich auch Einfluss auf ESERO Austria.
Wir überarbeiten unter anderem Workshops, die wir im Ars Electronica Center bereits anbieten, indem wir das Thema Weltraum miteinbauen, wie beispielsweise den Workshop „Future Matters“, bei dem es um Materialien der Zukunft geht. Wir haben auch ein „Space Material Kit“ im Ars Electronica Center, bei dem man Weltraummaterialien angreifen und herausfinden kann, was das ideale Material ist, um eine Rakete zu bauen. Mit dem Regionalen Kompetenzzentrum Naturwissenschaften und Mathematik (RECC) Wien und neun engagierten Lehrerinnen und Lehrern haben wir vier Unterrichtsmodule bereits fertiggestellt und im Klassenzimmer getestet. Diese werden noch grafisch aufbereitet und stehen in Kürze für Schulklassen in ganz Österreich zur Verfügung. Fünf weitere Module befinden sich noch in der Testphase. Sobald die Ressourcen für gut befunden wurden, werden sie unseren Resourcenpool erweitern. Daneben wird natürlich Mission X und CanSat wieder durchgeführt und noch einiges mehr. Es wird also auf jeden Fall spannend bleiben.
Um mehr über ESERO Österreich und Ars Electronica zu erfahren, folgen Sie uns auf Facebook, Twitter, Instagram und Co., abonnieren Sie unseren Newsletter und informieren Sie sich auf https://ars.electronica.art/.