Begibt man sich im Ars Electronica Center in die Maingallery, also in den größten Ausstellungsraum, landet man in der Ausstellung „Neue Bilder vom Menschen“. Diese ist in 4 Themen aufgeteilt, die in den nächsten Wochen im Blog im Detail vorgestellt werden. Den Beginn macht Robotinity.
„Was kann man hier so machen?“ ist eine recht häufig gestellte Frage. Prinzipiell geht es darum, zu zeigen, wie stark Entwicklungen aus der Robotik im Alltag des Menschen angekommen sind. Wir befinden uns mittlerweile definitiv in einem Zeitalter, in dem der Mensch nicht mehr ohne weiteres von Maschinen abgekoppelt werden könnte, und zwar nicht nur, wenn man an Produktionsstraßen in Autofabriken denkt, sondern Gegenstände, die uns täglich begleiten. Viele nützliche Hilfsmittel nimmt der Mensch mittlerweile als gegeben hin (zumindest in den Industriestaaten), manch anderes versteckt sich unter der Oberfläche und oft erkennt man nicht einmal auf den zweiten Blick, dass es sich um eine Maschine handelt, und nicht um eine natürliche Lebensform. Auch mit diesem Zwiespalt beschäftigt sich dieser Teil der Ausstellung.
Also, was kann man hier so machen? Beispielsweise kann man elektronische Schmetterlinge aufschrecken und ihnen beim herumflattern zuschauen. Im ersten Moment möchte wirken sie unglaublich lebensecht, reagieren auf Umgebungsgeräusche unterschiedlich, fast so, als könnten sie unterscheiden, ob ihnen Gefahr droht oder nicht. Bei genauerem Hinsehen erkennt man das Geheimnis hinter den mechanischen Flugwesen, aber das wird an dieser Stelle nicht verraten.
Sehnt man sich nach Zuneigung empfiehlt sich ein Besuch des Lebensraums. Dort wartet unter anderem Paro, eine Robbe. Natürlich kugelt hier nicht eine echte Robbe auf dem Sofa herum, das wäre dem Tierchen gegenüber nicht sehr nett. Paro ist ein Roboter, der vor allem zu therapeutischen Zwecken herangezogen wird. Paro reagiert auf Streicheleinheiten oder Zuruf, fühlt sich vernachlässigt, wenn man auf ihn vergisst, freut sich über Zuwendung, zeigt aber auch, wenn ihm etwas nicht gefällt, wenn man ihn zwickt, zum Beispiel. Hält man Paro in der Hand, fühlt er sich verblüffend echt an, zumindest für Leute, die noch nie eine echte Robbe in den Händen hielten, also wahrscheinlich für die meisten. Man möchte sich um das Tier kümmern und auf eigenartige Art und Weise baut man recht flott eine Bindung auf. Sicher auch ideal für Kinder, deren Eltern nicht ständig nachschauen wollen, ob der Hund eh genug Wasser und Futter bekommt.
Ein Sitznachbar von Paro ist ein weiterer Roboter, dem man seine Natur allerdings schon von der Weite ansieht: Der Telenoid. Entwickelt von Hiroshi Ishiguro (eine Koryphäe auf dem Gebiet der Robotik, eines seiner anderen Werke war beispielsweise beim Festival 2011 in Linz zu sehen -> Androidtheatre) soll er dabei helfen, die Telekommunikation zwischen zwei Menschen zu erleichtern. Man kennt das Problem: Man sagt am Telefon etwas, das auch anders verstanden werden kann, als man es meint, und weil der Ausdruck der Mimik und Gestik fehlt, reagiert die Gesprächspartnerin oder der Gesprächspartner eingeschnappt und ehe man sich versieht, geht das Gespräch in eine vollkommen andere Richtung, als man es eigentlich vor hatte. Genau hier hilft Telenoid: Beide Personen haben jeweils einen Telenoid am Schoß sitzen, der Roboter erfasst Gestik und Mimik und gibt sie, so gut es ein Roboter derzeit kann, wider. So kann er den Kopf neigen, seine Lippen bewegen, mit den Stummelhändchen wackeln (und sogar umarmen), viele der Kleinigkeiten, die Kommunikation stark beeinflussen, kommen auf diese Weise beim Gegenüber an. Der Telenoid befindet sich noch in der Entwicklungsphase und wird in Zukunft noch ein breiteres Repertoire an Mimik und Gestik aufweisen. Ein praktisches Kerlchen.
Ein großer Teil der Robotinity ist die Prothetik. Egal ob Gehörimplantate, mit denen das Gehör annähernd komplett wiederhergestellt werden kann, oder Beinprothesen, die es auch ermöglichen, Hochleistungssport zu betreiben, die Bandbreite an Prothesen ist beeindruckend. Ein nicht ganz typisches Modell ist SiliFulin, eine Schweifprothese. Hier wird also etwas ersetzt, was wir Menschen an sich nicht mehr haben. Eine recht clevere Elektronik überwacht die Bewegungen des Körpers und simuliert die Bewegungen eines Schwanzes, wie man sie beispielsweise von Reptilien kennt. Wer in der Discothek ein paar Blicke auf sich ziehen möchte, ist an dieser Stelle sicher richtig.
Neben den beschriebenen Objekten gibt es noch eine ganze Menge mehr zu entdecken, allein auf sich gestellt ist man aber auch in der Robotinity nicht. Nicole Grüneis ist für diesen Bereich verantwortlich, gemeinsam mit ihrem Team steht sie Rede und Antwort, wenn man auch mal ein wenig detaillierter informiert werden möchte. Also, Fragen notieren, löchern und entdecken. Roboter sind auf jeden Fall schon weiter, als man glaubt, und haben trotzdem mit Skynet noch nicht allzu viel zu tun. Ein Ausflug ins Center zahlt sich hier aus und hilft ganz sicher auch, Vorbehalte abzubauen, die man womöglich „der Technik“ gegenüber hat.
Mehr Fotos findet man auf Flickr im Robotinity-Set.