Nahrungsmittelknappheit in Linz
Als im Juli vor 100 Jahren die erste Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien erteilt wurde, ahnte niemand etwas über die schrecklichen Folgen des dadurch begründeten Ersten Weltkriegs. „Bis Weihnachten sind wir wieder zu Hause“, dachten viele Linzer, die im Sommer 1914 einberufen wurden. Markus Altrichter vom Archiv der Stadt Linz wirft bei einem Deep Space LIVE am DO 27.3.2014, 20:00, mit historischen Fotografien aus Linz einen Blick zurück in diese Zeit. Wenn wir heute an den Ersten Weltkrieg denken, kommen uns vor allem Schwarz-Weiß-Fotografien in den Sinn – dass der Krieg und die damit verbundene Hungersnot jedoch auch bei blauem Himmel und Sommertemperaturen stattgefunden haben, können wir uns kaum vorstellen.
Herr Altrichter, sind Sie als Historiker im Zuge Ihrer Recherche auch auf erste Farbfotografien gestoßen?
Markus Altrichter: Die Technik der Farbfotografie steckte damals noch in den Kinderschuhen, Aufnahmen in Farbe zum Ersten Weltkrieg sind daher äußerst selten. In Linz sind meines Wissens keine Farbaufnahmen in dieser Zeit gemacht worden. Am nächsten kommen hier wohl händische Kolorierungen von Schwarzweißfotos, die aber die Farbgebung in der Realität nur unzulänglich treffen konnte.
Kriegsanleihe, 1917
Angenommen, wir werfen einen Blick auf Linz im März 1914 (kurz vor Kriegsbeginn), im März 1916 und im März 1918 (im letzten Kriegsjahr) – was hat sich in der Stadt und in der Bevölkerung verändert?
Markus Altrichter: Linz war im März 1914 eine prosperierende Stadt mitten im Frieden. Für die Bevölkerung deutete nichts auf einen großen europäischen Krieg hin. Im Frühjahr 1916 war die Situation eine vollkommen andere. Auf Grund der langen Kriegsdauer und der großen Verluste war die anfängliche euphorische Kriegsbegeisterung längst verflogen. Die Bevölkerung musste sich auf einen langen Krieg einstellen. Lebensmittelrationierungen waren die Folge, trotzdem wurden die Dinge des täglichen Gebrauchs immer weniger. Im März 1918 litt die Bevölkerung vor allem in den Städten bereits an Hunger. In der Landwirtschaft machte sich der Arbeitskräftemangel stark bemerkbar, die Ernteerträge gingen zurück. Kriegsmüdigkeit bis hin zu Streiks waren die Folge. Die Bevölkerung erhoffte ein baldiges Kriegsende.
Fronleichnamsprozession am Linzer Hauptplatz, 1915
Auf welche Motive sind besonders häufig aus der Zeit des Ersten Weltkriegs in Linz gestoßen?
Markus Altrichter: Vorherrschend sind zu Kriegsbeginn Bilder von ausziehenden Soldaten, die von der Bevölkerung bejubelt wurden. Später mit zunehmender Kriegsdauer und dem Ansteigen der Verluste an den Fronten sind Ansichten von Reservelazaretten, wie Schulen und ähnliches häufiger. Bedenken muss man bei veröffentlichten Bildern immer, dass damals Zensur ausgeübt wurde und auch Propagandamaßnahmen gesetzt wurden. Vor allem wurde ausgiebig Werbung für Kriegsanleihen gemacht.
Am DO 27.3.2014, 20:00, sehen Sie bei Deep Space LIVE im Ars Electronica Center Linz eine Auswahl an historischen Fotos aus der Zeit des Ersten Weltkriegs in Linz. Eintritt 3 Euro oder ein gültiges Museumsticket – bei Ihrem Museumsbesuch am Donnerstag ist der Eintritt zu Deep Space LIVE inkludiert.