Der Linzer Dom als Musikinstrument

14641593178_636e7ef576__FEATURED,

Projection Mapping oder auch Video Mapping nennt man die exakte Beleuchtung von dreidimensionalen Objekten oder architektonischen Gebäudeelementen mithilfe eines Beamers. Durch präzise Lichtführung kann die eigentliche Struktur der beleuchteten Elemente aufgelöst und die Projektionsfläche mit Leben gefüllt werden. Häuser biegen sich oder fallen auseinander, 3D-Objekte bewegen sich in Richtung der Zuschauerinnen und Zuschauer, wodurch diese selbst Teil der Inszenierung werden. Um die Illusion noch realer wirken zu lassen, werden die Projektionen meist mit Tonelementen untermalt.

Mit der interaktiven Installation „Archifon III“ heben die beiden tschechischen Künstler Tomáš Dvořák, Künstlername  Floex und Dan Gregor, Künstlername Initi, Projection Mapping bei der großen Eröffnung des Ars Electronica Festival 2014, am 4. September ab 20.30 Uhr am Linzer Domplatz, auf ein nächst höheres Level. Festivalbesucherinnen und -besucher sehen dabei nicht bloß eine Gebäudeprojektion, sie können selbst mittels Laser-Pointer an der Installation partizipieren. Sobald mit einem Laser-Pointer auf ein Element des Linzer Mariendoms geleuchtet wird, erzeugt dies eine audio-visuelle Reaktion. Der Dom verwandelt sich so zu einem interaktiven, virtuellen Musikinstrument.

In einem Interview erzählt uns Floex was es mit dem Titel „Archifon“ auf sich hat und verrät erste Details zu diesem großartigen Highlight bei der Eröffnung des Ars Electronica Festival 2014.

Was bedeutet der Titel „Archifon”?

Floex: Der Name Archifon ist eine Verbindung der tschechischen Wörter „architektura“ (Architektur) und „fon“ (Telefon). Wir wollten einfach die Grundidee der Installation, nämlich die Verbindung zwischen Architektur und Ton, ausdrücken.

Was ist der Unterschied zwischen Archifon III und seinen Vorgängern Archifon I und II?

Floex: Obwohl wir die Installation bereits zum dritten Mal präsentieren, ist das Großartige an unserer Arbeit, dass jede Version des Archifons völlig einzigartig ist. Das ist deshalb, weil jede Version eng mit dem Ort, an dem sie aufgeführt wird, verbunden ist. Das einzige, das immer gleich bleibt, ist das Rahmenkonzept – Besucherinnen und Besucher leuchten mit Laser-Pointern auf ein Gebäude und erhalten dadurch audio-visuelles Feedback. Dadurch kreieren wir aus einem Gebäude eine Art von obskurem Musikinstrument.

Was erwartet die Besucherinnen und Besucher des Ars Electronica Festivals 2014 mit Archifon III?

Floex: Archifon III, auf dem Linzer Mariendom, wird eine große Herausforderung. Nicht nur weil Ars Electronica so hochangesehen ist, sondern auch weil es das erste Mal sein wird, bei dem wir das auf der Außenseite eines Gebäudes machen. Der Mariendom hat auch eine sehr abstrakte Oberfläche, was bedeutet, dass wir das Ganze ein bisschen anders angehen müssen als sonst, um unser „audio-visuelles Storytelling“ zu machen. Uns gefällt vor allem das große Rosenfenster, des Verwendung einmalig  für so eine Art von Installation sein wird. Es wird einen natürlichen Mittelpunkt bei Archifon III darstellen.

In unserer Arbeit wollen wir den historischen, funktionalen und religiösen Aspekt des Gebäudes nicht zu sehr betonen, aber man kann den spirituellen Kontext  nicht ganz außer Acht lassen. Deshalb versuchen wir diese Essenz in einer sehr abstrakten, universellen Weise auszudrücken. Einerseits gibt es da diese kalte, rationale Seite, mit all den metaphysischen Konstrukten, die wir in diese Welt setzen mit all den Hoffnungen und Wünschen. Das ist die laute Seite, in der Zeit eine große Rolle spielt. Aber es gibt auch eine andere Seite, eine ruhigere, in der alles intuitiver ist und Zeit nicht so wichtig ist. Das ist die Zeit, die uns alle miteinander verbindet, in der wir Licht als Metapher unserer Verbundenheit verwenden.

Archifon ist eine Weiterentwicklung des sogenannten Projektions-Mapping. Wie seid ihr auf diese Idee gekommen?

Floex: Eigentlich war es ein netter Zufall, der sowohl die positiven, als auch die kreativen Seiten eines Kurators zeigt. Da gibt es dieses kleine Multimediafestival, PAF, in Olomouc, eine Stadt im Nordosten der Tschechischen Republik. Der Kurator Alexandr Jančík hatte die Idee mich und Dan zusammenzubringen. Er wusste, dass Dan viel Erfahrung mit Projektionen, Mapping und interaktiven Projekten hatte und dass ich schon sehr viel mit interaktiver Musik gearbeitet habe. Er hatte auch schon eine Idee, in der wir unsere erste Installation machen konnten, nämlich ein kleine Baptistenkapelle, die eine sehr gute Akustik und Unmengen an Innenelementen hatte,  wie Engelsstatuen, Gemälde, und so weiter. Irgendwie kam alles andere dann von selbst. Wir haben uns zum Mittagessen verabredet und danach war das Projekt konzeptuell fast vollständig geklärt.

Wie viele Personen können gleichzeitig mitmachen?

Floex: Technisch funktioniert die Installation mit so vielen Personen, wie gewünscht sind. Praktisch macht es aber keinen Sinn, dass mehr als drei bis fünf Besucherinnen und Besuchern die Installation gleichzeitig bedienen. Sonst würden sie in der Komplexität der Interaktion verloren gehen. Du kannst dir aber sicher sein, dass auch wenige Personen genug Lärm machen können.

Wie funktioniert das Ganze technisch?

Floex: Mittels Webcams verfolgen wir das Licht der Laser-Pointer über ein Motion-Tracking-System. Dann haben wir eine eigene Software, die von unserem Programmierer, Jakub Koníček, geschrieben wurde und dafür zuständig ist einzelne Teile der Fassaden zu virtualisieren. Eine andere Software, die wir nutzen nennt sich „TheBrain“, die die erhaltenen Daten der anderen Software analysiert und an mehrere Computer schickt, die für die Visualisierungen, wie Animationen oder generative Sequenzen und den Sound zuständig sind. Für die Visualisierungen nutzen wir meistens das Apple Programm „Quartz Composer“ und für die Sounds die Programme „Max“ und „Ableton“. Es gibt aber noch andere kleinere Softwareprogramme, die von unserem Programmierer Vaclav Opekar geschrieben wurden. Die sind für die komplexeren und spezifischeren Teile der Installation nötig.

Archifon III findet, wie auch schon seine Vorgänger, wieder bei einer Kirche statt. Warum in Kirchen?

Floex: Das ist eine gute Frage. In gewisser Art und Weise ist das eigentlich gar nicht geplant. Wir suchen eigentlich nicht gezielt nach Kirchen, da das Thema unserer Installationen damit eigentlich gar nichts zu tun hat. Wir würden uns auch freuen, wenn wir eine Installation einmal in oder an einem anderen Gebäude machen könnten. Kirchen sind dennoch sehr geeignet für unsere Installationen. Sie sind sehr inspirierend, weil meist sehr viele architektonische Elemente vorhanden sind. Außerdem sind sie meistens sehr groß und es ist gar nicht so einfach große Räume oder Hallen zu finden. Die Größe spielt eine wichtige Rolle bei unseren Installationen, damit der Effekt richtig rüberkommt.

Archifon III wird sicherlich einer der Höhepunkte der Eröffnung des Ars Electronica Festival 2014, am 4. September ab 20.30 Uhr am Linzer Domplatz. Das weitere Programm der Eröffnungsfeier und auch des gesamten Festival ist hier zu finden: https://ars.electronica.art/c/programm/

,