CyberArts 2015: State of the Art der elektronischen Künste

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Der Prix Ars Electronica ist eine der wichtigsten Auszeichnungen für Kreativität und Pioniergeist im digitalen Medienbereich. Das alljährliche breite TeilnehmerInnenfeld reicht von international anerkannten KünstlerInnen, wie Karlheinz Stockhausen, Roy Ascott, Lynn Hershman-Leeson oder Chris Cunningham, über Oscar-Preisträger, wie John Lasseter oder Chris Landreth, bis hin zu jungen kreativen Pioniergeistern, wie das Graffiti Research Lab. Was in den elektronischen Künsten technisch und ästhetisch State of the Art ist wird beim Prix Ars Electronica geehrt. Die prämierten Arbeiten werden jährlich als einer der Höhepunkte des Ars Electronica Festival in der CyberArts Ausstellung im OK im OÖ Kulturquartier präsentiert.

Genoveva Rückert, Kuratorin der CyberArts 2015, verrät die Highlights der Ausstellung und die aktuellen Trends in der digitalen Kunst.

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Genoveva Rückert am OK Höhenrausch (Credit: Magdalena Leitner)

Hallo Genoveva! Was sind die Highlights der CyberArts Ausstellung 2015?

Genoveva Rückert: Ein Schwerpunkt der CyberArts Ausstellung liegt dieses Jahr auf der Kategorie Hybrid Art des Prix Ars Electronica. Das ist immer eine sehr visuelle, spielerische, lustvolle Kategorie, die sich mit Mischformen in Richtung Bioscience und Genetik, aber auch hybriden Kunstformen an sich, beschäftigt. Von dieser Kategorie des Prix Ars Electronica 2015 sind dieses Jahr sehr viele spannende Arbeiten dabei. Heuer gab es beim Prix Ars Electronica auch wieder die, alle zwei Jahre ausgeschriebene, Kategorie Digital Musics & Sound Art. In dieser Kategorie hat die Jury dieses Jahr zahlreiche Installationen ausgewählt, von der wir viele in der CyberArts Ausstellung präsentieren werden. Diese beiden Kategorien bilden heuer den Schwerpunkt. Wir zeigen aber auch die Hauptpreisträger der Kategorien Computer Animation / Film / VFX, u19 – CREATE YOUR WORLD und [the next idea] voestalpine Art and Technology Grant.

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Goldene Nica, Hybrid Art: Plantas Autofotosintéticas / Gilberto Esparza (MX) (Credit: Gilberto Esparza)

Welches dieser Projekte hat dich persönlich am meisten begeistert?

Genoveva Rückert: Für mich sind dieses Jahr die Hauptpreisträger des Prix Ars Electronica, also die Goldenen Nica Gewinnerprojekte, alle sehr spannend. Vor allem das Gewinnerprojekt der Kategorie Hybrid Art, Plantas Autofotosintéticas von Gilberto Esparza, ist eine tolle Arbeit, weil es ein gesellschaftspolitisch relevantes Projekt und übertragbar von der Kunst in das reale Leben ist. Es ist auch künstlerisch eine wunderbar, zauberhafte Installation. Genauso das Gewinnerprojekt der Digital Music & Sound Art Kategorie von Nelo Akamatsu, Chijikinkutsu, ist eine sehr schöne, feine Audio-Installation. Und auch das Goldene Nica Projekt der Computer Animation / Film / VFX, Temps Mort / Idle Times von Alex Verhaest, ist eine poetische und äußerst ästhetische Videoinstallation. Also die Goldenen Nicas dieses Jahr finde ich alle ganz ausgezeichnet.

In der Kategorie Hybrid Art gibt es noch ein total spannendes Projekt von Adam W. Brown und Robert Root-Bernstein namens ReBioGeneSys. Dabei bauen sie aus den Mitteln der Naturwissenschaften eine Laborsituation nach und schaffen dadurch eine lebendige Skulptur. Das finde ich konzeptionell sehr stark.

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Goldene Nica, Digital Musics & Sound Art: Chijikinkutsu / Nelo Akamatsu (JP) (Credit: Nelo Akamatsu)

Wie wird die Ausstellung konzipiert sein? Du hast schon erwähnt, dass es viele Installationen geben wird…

Genoveva Rückert: Es hat sich jetzt schon bewährt, dass wir neben dem OK im OÖ Kulturquartier auch den Ursulinenhof bespielen und so wird es auch heuer wieder sein. Das heißt man nähert sich dem OK Platz und geht dann gleich links in den Ursulinenhof, also in das ehemalige Kloster. Dort haben wir dieses Jahr versucht die Arbeiten nicht nach Kategorien zu arrangieren, sondern nach einer dramaturgischen Abfolge, damit die Ausstellung gut erlebbar ist. Die meisten Arbeiten, die wir präsentieren, zeigen wir dieses Jahr als Installationen. Die einzigen Ausnahmen sind die Awards of Distinction, also die Auszeichnungen des Prix Ars Electronicas. Wenn diese nicht als Installationen gezeigt werden können, dann präsentieren wir sie in Form von Dokumentationen. Das ist aber die totale Ausnahme. Das heißt, es wird dieses Jahr eine sehr sinnliche, interaktive, spannende Ausstellung.

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[the next idea] voestalpine Art and Technology Grant: SOYA C(O)U(L)TURE / XXLab (Credit: Tommy Surya Rahadyanto)

Heißt interaktiv, dass die Besucherinnen und Besucher die Installationen selbst ausprobieren können?

Genoveva Rückert: Ja genau, die Besucherinnen und Besucher können auch selbst etwas machen. Gleich am Anfang beginnt die Ausstellung mit der Arbeit ::vtol:: oil von Dmitry Morozov aus Russland. Er hat ein Objekt gebaut, mit dem man Handys und andere technische Dinge selbst zerstören kann. Aus dem Sound der Zerstörung wird eine eigene Komposition generiert, die man dann in Form einer CD mitbekommt. Ansonsten ist es ein durchflanieren und staunen durch die Ausstellung, die über die Stiegenhäuser hinauf verläuft durch die Foyers, in den ersten und zweiten Stock, in den großen Saal der Ursulinen, wo die Installation Plantas Autofotosintéticas aufgebaut ist und weiter hinauf auf den Dachboden. Dort ist eine zauberhafte Installation von Kathy Hinde, eine Digital Musics & Sound Art Preisträgerin, aufgebaut. Danach geht es in der Ausstellung hinunter Richtung Höhenrausch, wieder zurück in den zweiten Stock, in das sogenannte Brückenstudio. Dort gibt es dann zwei komplett interaktive Arbeiten. Eine von Golan Levin, den wir ja aus der Geschichte der Ars Electronica bestens kennen, der dieses Mal mit den Händen der Besucherinnen und Besucher arbeitet und diese in augmented Sculptures umwandelt. Die zweite Arbeit ist von der amerikanischen Künstlerin Courtney Brown. Sie hat versucht authentische Geräusche von Dinosauriern erlebbar zu machen. Besucherinnen und Besucher können in einen nachgebildeten Dinosaurierschädel sprechen und die Installation wandelt das dann in Laute aus der Urzeit um. Man kann also aus einer breiten Palette auswählen, was man in der CyberArts Ausstellung machen möchte. Ich glaube, das Angebot passt sehr gut zum Publikum der Ars Electronica. Es gibt konzeptionelle Arbeiten, spannende, wichtige gesellschaftspolitische Themen, die aufgearbeitet werden und auch sehr spielerische Arbeiten.

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Award of Distinction, Hybrid Art:Teacup Tools / AgnesMeyer-Brandis (DE) (Credit: VG Bildkunst)

Sind dieses Jahr irgendwelche Trends innerhalb der einzelnen Kategorien festzustellen?

Genoveva Rückert: Was man heuer in der Kategorie Hybrid Art, die wir ja das letzte Mal vor zwei Jahren gehabt haben, sehen kann, ist, dass dieses Jahr das Klima und das Wasser stark thematisiert werden. Das heißt dieses Jahr geht es weniger um Genetik oder Veränderung, wie es in den letzten Jahren häufig zu sehen war, sondern darum, wie wir mit unserer Umwelt umgehen. Das ist auch die Hauptthematik der Plantas Autofotosintéticas, wo es darum geht die Abwässer aus den Städten zu nehmen, diese in Bioreaktoren einzuführen und dann das Wasser damit zu klären.

Ein anderes Beispiel für diese Beschäftigung mit Wasser ist das Projekt Tipping Point von Kathy Hinde, die das sehr ästhetisch macht. Sie nutzt paarweise angeordnete Industriegläser, die sich ausbalancieren. Das heißt es geht um Balance und den ausgewogenen Umgang mit den globalen Wasserressourcen.

Eine Arbeit, die sich mit dem Klima beschäftigt ist die Arbeit Teacup Tools von Agnes Meyer-Brandis, die dafür eine Auszeichnung beim Prix Ars Electronica bekommen hat. Sie beschäftigt sich mit Aerosolen, das heißt mit winzigen Partikeln in der Luft. Dabei sammelt sie Unmengen an Daten und wertet diese aus. In Wetterstationen sammelt sie in Teetassen quasi alles, was vom Himmel fällt: Staubpartikel, Verschmutzung, Aerosole, und sammelt diese Daten. Als Reaktion auf diese Daten bewegen sich die Tassen automatisch auf- und ab. Sie arbeitet in ihrem Projekt ähnlich wie in der Klimaforschung, nur stellt sie das ganze spielerisch und künstlerisch dar, um die abstrakten Daten zugänglicher zu machen.

Digital Musics & Sound Art hat dieses Jahr – und das finde ich auch sehr besonders im Vergleich zu vor zwei Jahren – einen absoluten Schwerpunkt auf räumlich-installativen Arbeiten. Ich glaube, das hängt sehr stark mit der diesjährigen Jurybesetzung zusammen. Sie haben dieses Jahr solche Arbeiten sehr geschätzt. Das heißt, wir haben heuer weniger diese klassischen computergenerierten Musikkompositionen, sondern vermehrt Audioinstallationen. Wir stellen eine sehr schöne Arbeit von Ralf Baecker aus, der sich mit Erdmagnetismus beschäftigt und das in eine Laserprojektion übersetzt. Es gibt auch eine sehr schöne Arbeit von Douglas Henderson, der sich an den Navigationsgeräten eines Schiffs orientiert und Sounds einfängt, wie beispielsweise ein flatterndes Segeltuch. So gestaltet er einen Kompass über den gesamten Raum in Form von Licht und Sound. Eine sehr schöne, sinnliche Arbeit.

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Goldene Nica, Digital Musics & Sound Art: Drumming is an Elastic Concept / Josef Klammer (AT) (Credit: tom mesic)

Eines der Highlights sind auch die Prix Foren. Was erwartet uns?

Genoveva Rückert: Also ich denke, die Prix Foren sind für das Publikum wirklich ein echter Leckerbissen, weil es hier einfach die Möglichkeit gibt, die Künstlerinnen und Künstler persönlich zu sehen. Die Gewinnerinnen und Gewinner der einzelnen Kategorien treffen aufeinander und können über ihre Arbeiten sprechen und diskutieren. Es besteht für das Publikum die Möglichkeit viel tiefer in die Arbeiten einzutauchen.

Ein weiteres Format und fixes Highlight im Festivalreigen bei uns im OK ist die OK NIGHT – im Anschluss an die Klangwolke am Samstag. Das kann ich jedem nur empfehlen!

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Die Eröffnung der CyberArts Exhibition ist am 3. September um 17.00 Uhr am OK Platz, am ersten Tag des Ars Electronica Festival und endet am 13. September. Wie jedes Jahr werden auch heuer wieder die besten und spannendsten Projekte des Prix Ars Electronica gezeigt. Die OK-Night beginnt am 5. September um 20.00 Uhr.

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