[inter]national coverage – Wie international berichten Medien wirklich?

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Die Ausstellungsreihe „TIME OUT“ ist eine Kooperation zwischen dem Studienzweig „Zeitbasierte und Interaktive Medien” der Kunstuniversität Linz und dem Ars Electronica Center und wird durch Gerhard Funk, Leiter dieses Studiengangs und Gerfried Stocker, künstlerischer Leiter der Ars Electronica, kuratiert. Ausgewählte StudentInnen bekommen die Möglichkeit ihre Arbeiten im Museum zu präsentieren und bei der Eröffnung selbst vorzustellen.

Einer der vier Studierenden, der seine Arbeit bei Time Out .05 präsentieren wird, ist Benedikt Reiter. Bei seinem Projekt „[inter]national coverage“ beschäftigt er sich mit der medialen Berichterstattung österreichischer Onlinezeitungen über weltweit relevante Themen. Dabei werden Daten aus den letzten 24 Stunden ausgewertet und auf eine reliefartige Darstellung der Erde projiziert. Durch diese Darstellung kann auf den ersten Blick erkannt werden, auf welche Gegenden der Welt sich die österreichische Berichterstattung konzentriert, welche Staaten gerade für nationales mediales Aufsehen sorgen und welche Gebiete in den Medien vernachlässigt werden. Mit einem beiliegendem Touchscreen können die einzelnen Staaten selektiert und eine Timeline der Nachrichten abgerufen werden.

Wir haben mit Benedikt über dieses Projekt gesprochen und erfahren, wie die weltweite Berichterstattung österreichischer Medien momentan aussieht.

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Credit: Martin Hieslmair

Hallo Benedikt! Wie bist du auf die Idee gekommen, die weltweite Berichterstattung österreichischer Medien grafisch darzustellen?

Benedikt Reiter: Die meisten Menschen glauben, dass unsere Medien alle internationalen Geschehnisse gleichermaßen abdecken. Wenn man sich mit der Thematik befasst, merkt man aber schnell, dass das nicht so ist. Medien sind einerseits Nachrichtenübermittler, andererseits aber auch Nachrichtenfilter und so wird über manche Länder, die für unsere Gesellschaft vermeintlich nicht so interessant sind, nur wenig oder gar nicht in den Nachrichten berichtet. Man nehme als Beispiel die Erdbeben in Nepal im April 2015. Hier gab es aufgrund der Katastrophe einen kurzen Peak in der Berichterstattung österreichischer Medien. Davor und danach wurde in den Medien aber relativ selten über dieses Land berichtet.

Bei meinem Projekt wird dies mit einer grafischen Darstellung veranschaulicht. Es sind sowohl die kurzzeitigen Peaks ersichtlich, als auch die Bereiche der Welt, auf die sich unsere Berichterstattung größtenteils konzentriert.

Auf welche Länder konzentriert sich die österreichische Berichterstattung? Gibt es Länder über die gar nicht berichtet wird?

Benedikt Reiter: Derzeit überwiegt natürlich die Berichterstattung über den IS in Syrien und miteinhergehend die Flüchtlingsroute über den Balkan. Über diese Länder wurde zuvor im Vergleich nur marginal berichtet. Auch wenn der eiserne Vorhang schon lange gefallen ist, ist dieser bei meiner grafischen Aufbereitung oftmals noch klar ersichtlich. Während über westliche Staaten mehrmals täglich berichtet wird, nimmt die Frequenz, je weiter man in den Osten blickt, merklich ab. Klar im Fokus stehen natürlich auch die internationalen Wirtschaftsmächte, während über Staaten auf dem afrikanischen Kontinent verschwindend gering berichtet wird.

Woran denkst du liegt das, dass über manche Länder mehr geschrieben wird als über andere?

Benedikt Reiter: Natürlich muss man als Medium – aufgrund der unzähligen Meldungen pro Tag – eine gewisse Auswahl treffen, worüber berichtet wird. Diese orientiert sich sehr stark an den LeserInnen. Zeitungen, welche das Prädikat Qualitätsjournalismus tragen, schreiben viel breitgefächerter als Boulevardzeitungen. Viele LeserInnen interessiert aber oft auch nur das, was sie direkt beeinflusst. Ein Bürgerkrieg in einem Land, dessen Namen man eventuell noch nie gehört hat, wird hier mehr oder weniger als irrelevant abgestempelt.

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Credit: Martin Hieslmair

Wenn du dein Projekt erweitern würdest und die weltweite Berichterstattung anderer westlicher Länder analysieren würdest, denkst du, dass die gleichen Länder häufig bzw. selten aufscheinen würden, wie die in der österreichischen Berichterstattung?

Benedikt Reiter: Das ist sehr schwer zu sagen. Natürlich lassen sich hier viele Parallelen ziehen. In einen Topf würde ich sie aber nicht werfen. Gerade die Medienlandschaft ist von Land zu Land sehr unterschiedlich. In Deutschland hat sich die satirische Aufarbeitung von Nachrichten zum Beispiel schon viel weiter entwickelt als in Österreich, was ich sehr willkommen heiße, denn durch Satire können oft Menschen erreicht werden, die sich im Normalfall wenig mit den darin angesprochenen Themen befassen würden. In die Hose geht das natürlich leider auch manchmal (lacht).

Wenn du dir die Visualisierungen auf der Weltkarte ansiehst, hat dich irgendetwas überrascht oder hast du genau mit diesem Ergebnis gerechnet?

Benedikt Reiter: Es gibt Tage, ab denen über Länder geschrieben wird, die mir bis zu diesem Zeitpunkt in meinem Projekt noch gar nicht oder nur selten untergekommen sind. Dann bin ich im ersten Moment immer überrascht, aber dann stellt sich im Endeffekt meistens heraus, dass wieder in irgendeinem Sportteil eine Weltrangliste veröffentlicht wurde. Das bringt mich dann immer ein wenig zum schmunzeln, da es dann irgendwie so wirkt, also wäre der Sportteil dem internationalen Teil ein wenig voraus.

Die Ausstellung “TIME OUT .05” eröffnet am MI 16.3.2016, 18:30, im Ars Electronica Center Linz.

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