SPARKS-Projekt-Trilogie auf Wanderausstellung

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Mit der ersten SPARKS-Wanderausstellung, die in 29 Ländern gezeigt wird und in vier Städten Europas eröffnet wurde, zeigen vier Artist in Residency-GewinnerInnen,  wie sie das Thema Responsible Research and Innovation am Ars Electronica Futurelab auf ihre ganz eigene und spannende Art und Weise weiter entwickelt haben.

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Interessierte Besucher  und Besucherinnen bei der Eröffnung der „Beyond The Lab: The DIY Science Revolution“ – Ausstellung, Science Museum, London. Foto: Clémentine Daubeuf

Der Titel „Beyond The Lab: The DIY Science Revolution“ markiert den Brückenbau von der naturwissenschaftlichen Lehre hin zu einem breiteren Verständnis über visionäre Forschung – eine vermittelnde Leistung, die von Fashiontech-Designerin Anouk Wipprecht, der Körper-Architektin Lucy McRae und dem Poduktdesignerpaar Jakob und Lea Illera mit unterschiedlichen Mitteln künstlerisch umgesetzt wurde.

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Anouk Wipprecht’s „Agent Unicorn“ , ein Wearable zur Behandlung von Störungen aus dem Autismus-Spektrum und ADHS. Foto: Clémentine Daubeuf

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Lea und Jakob Illera’s BeBots, Nanoroboter, die dabei helfen sollen, den Appetit auf ungesundes Essen zu zügeln. Foto: Clémentine Daubeuf

Das enorme Interesse und positive Feedback des Publikums bei der Ausstellungseröffnung am Londoner Science Museum am 07. Juli 2016 gibt der Mission des EU-geförderten SPARKS-Programms Recht:  verantwortungsbewusste Forschung und einen Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu befördern. Die Relevanz des Themas spiegelte sich bereits anhand der Vielzahl von Einreichungen wider, die am Ars Electronica Futurelab bis Ende September eingingen (Blogentry: https://ars.electronica.art/aeblog/2015/09/13/sparks/).

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„The Institute of Isolation“, eine Observational Documentary von Lucy McRae, zieht zwei Besucherinnen der „Beyond The Lab: The DIY Science Revolution“ – Ausstellung in ihren Bann.   Foto: Clémentine Daubeuf

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Lucy Maske Display

Links: „Agent Unicorn“ , ein stylisches Wearable im Design von Anouk Wipprecht. Rechts: Requisiten aus der fiktionalen, beobachtenden Dokumentation „The Institute of Isolation“ von Lucy McRae. Fotos: Clémentine Daubeuf

Der Call zur Artist-in-Residency  eröffnete der federführenden Projektbetreuerin Claudia Schnugg eine beeindruckende Bandbreite an künstlerischen Umsetzungen und letztendlich waren es auch drei völlig unterschiedliche Ansätze, die im Rahmen des Ars Electronica Residency Networks gewannen, Anouk Wipprecht mit dem Wearable „Agent Unicorn“, Lucy McRae mit ihrer fiktionalen Dokumentation „The Institute of Isolation“ und „BeBots“, ein hypothetisches Produkt aus der Nanotechnologie zur Behandlung von Fettleibigkeit von Jakob und Lea Illera. Ihnen gemein war das hohe Potenzial der eingereichten Arbeiten, so weit Reibung zu erzeugen, das eine gesellschaftliche Diskussion damit angestoßen werden kann.

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Die Wirkweise der BeBots wird den Besuchern und Besucherinnen der „Beyond The Lab: The DIY Science Revolution“ – Ausstellung anhand eines von Lea Illera designeten Diagramms erklärt. Foto: Clémentine Daubeuf

Das mediale Interesse an den Arbeiten der Fashion-Tech-Designerin Anouk Wipprecht ist ein Indikator für den regen Diskurs, den sie mit ihrem Mix aus Mode und Technologie erzeugt. So war das Headset, das die Form eines Einhorns hat, eine Idee, die in einer Linie mit ihrem Smoke– oder Robotic Spider-Dress steht. Am Ars Electronica Futurelab fanden Softwareentwicklung und Hardwaretests statt.

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Anouk Wipprecht am Ars Electronica Futurelab druckt den ersten Entwurf von „Agent Unicorn“ mit einem 3D-Drucker. Foto: Martin Hieslmair

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Links: Der Masterplan zu „Agent Unicorn“ nimmt am Ars Electronica Futurelab immer mehr Gestalt an. Rechts: Ein externes Netzwerk aus Therapeuten, Neurowissenschaftlern und Hardware-Entwicklern, wie Dr. Christoph Hintermüller von G.Tec, half dabei ein Accessoire zu kreieren, das die Beobachtungen der Trägerin oder des Trägers mittels EEG erfasst . Foto: Anouk Wipprecht

 Im Videointerview erklärt Anouk Wipprecht den Entwicklungsprozess von Agent Unicorn. 

Die Projektleiterin Claudia Schnugg bezeugt eine beeindruckende Resonanz aus vielen verschiedenen Richtungen:

„Es war spannend, den gemeinsamen Entwicklungsprozess zu pushen und zu verfolgen. Durch Interaktionen mit verschiedenen Stakeholdern wurden von so vielen Seiten Interesse an dem Projekt bekundet, dass es eine Freude war zu sehen, wie sich das Projekt zu einer wertvollen Ressource für so viele Menschen entwickelt. Es hat nicht nur von künstlerischer und technischer Seite her Aufsehen erregt, sondern es gab auch Interessensbekundungen von betroffenen Eltern, TherapeutInnen, Interaktionen mit NeurowissenschaftlerInnen und anderen ForscherInnen.“

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Anouk Wipprecht präsentiert Agent Unicorn bei der „Augmented World Expo“ (AWE). Foto: Matthew F Reyes 

Anouk Wipprechts Umtriebigkeit, die sich in einer enormen Präsenz bei Konferenzen, Tech-Talks, Science Cafés und Hackertons niederschlägt, generierte bereits einen gehörigen Buzz rund um „Agent Unicorn“. So hat die Fashiontech-Designerin das Projekt bereits bei namhaften Events wie FITC (Amsterdam), DIGIFEST (Toronto), AWE und EYEO (Mineapolis) einem erstaunten Publikum präsentiert.

EEG-Messungen mittels g.Sahara [dry electrode] + Intel Edison. Foto: Courtesy of Anouk Wipprecht 

Neben der großartigen Idee zur Umsetzung, dem ansprechenden Design steht und fällt der Erfolg eines solchen Projekts mit dem intelligenten Einsatz modernster Technologie. Diese wurde von verschiedenen, renommierten und spezialisierten Partnern wie G-Tec, Autodesk, oder Intel zur Verfügung gestellt.

„Das Projekt ist für mich ein Instrument, das das Leben mancher Menschen vereinfachen könnte. Ich konzentriere mich auf Kinder, generell kann aber jeder das Gerät tragen, um seine Gehirnaktivitäten zu messen und entsprechende Schlussfolgerungen daraus zu ziehen.“ (Anouk Wipprecht)

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Foto: Agent Unicorn by Marije Dijkema

Agent Unicorn ist voraussichtlich auf dem Ars Electronica Festival 2016 zu sehen.

Lucy McRae’s Ansatz einer künstlerischen Umsetzung des Themas Responsible Research and Innovation brachte andere Herausforderungen mit sich, die erstens dank der weiten Vernetzung des Ars Electronica Futurelab und zweitens wegen des transdisziplinären Ansatzes seines Teams eine hervorragende Unterstützung erfuhr.

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Das Logo als roter Faden – „The Institute of Isolation“ – Foto: Claudia Schnugg

Neben dem roten Faden ihren Körper in Extrembereichen zu testen, spielt der glückliche Zufall die Hauptrolle in ihrem Gesamtwerk. So handelt der ebenfalls in einer Wes Anderson-Ästhetik gedrehte Vorläuferfilm „Future Day Spa“ von einer Grenzerfahrung, die dem folgenden Projekt die Richtung gab. Er zeigt die Vorbereitung von Probanden auf einen Aufenthalt im Weltall.

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Szene des Vorgängerfilms „Future Day Spa“ Foto: Lucy McRae

Das Liegen unter einer Alu-Decke, die per Vakuum an den menschlichen Körper gesaugt wird, hatte bei einem Teilnehmenden den Effekt, dass er sein Touch-Syndrom (die Angst berührt zu werden) überwand, sodass dieser bei Beendigung der Prozedur Lucy McRae spontan umarmte. Dies war der Initialfunke zur Entwicklung von „The Institute of Isolation“, dessen Thema es ist, wie weit man den Körper unter der Bedingungen verschiedener Stadien von Isolation optimieren kann.

Lucy McRae eklärt das Konzept hinter ihrer fiktionalen, beobachtenden Dokumentation „The Institite of Isolation“ am Ars Electronica Futurelab. 

In dieser fiktionalen, beobachtenden Dokumentation präsentiert Lucy McRae die Geschichte eines Mitglieds  am  Institute of Isolation, einer futuristischen Organisation, die die genetischen Möglichkeiten erforscht.

Trailer zu „The Institute of Isolation“ by Lucy McRae

Die Erzählung baut auf Gesprächen mit führenden WissenschaftlerInnen auf und wird von wichtigen Veränderungen in Landbau, Architektur, Genetik, der Rolle von Technologie um den Tod aufzuschieben, dem Schlüpfen in ein anderes Geschlecht und anderen Motiven geleitet. McRae untersucht hierbei, wie sich der menschliche Körper möglicherweise über Jahrzehnte hinweg verändern wird und inwieweit “menschliche Erfahrungen das Bewusstsein verändern.”

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Lucy McRae in der Hyperbaric Chamber am LKH Universitätsklinikum in Graz. Foto: Claudia Schnugg

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Lucy McRae im Umkleideraum des Thermalbades Bad Fischau. Foto: Claudia Schnugg

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Umkleidekabinen und Pool des Thermalbades Bad Fischau. Foto: Claudia Schnugg

Der von Lotje Sodderland gedrehte Film spielt an den unterschiedlichsten Drehorten, wie OÖGKK (oberösterreichische Gebietskrankenkasse), das Fischauer Thermalbad, das LKH Universitätsklinikum, die Klinische Abteilung für Thorax-hyperbare Chirurgie in Graz, außerdem Drehorte wie Royal Botanic Gardens Kew, GSK Human Performance Lab, University of Southampton, Ricardo Bofill „la Fabrica“ und La Sainte Union Catholic School.

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Making Of-Shot: Klinische Abteilung für Thorax-hyperbare Chirurgie in Graz. Foto: Claudia Schnugg

Auch Lucy McRae hat ihr Projekt bereits bei vielen renommierten Events vorgestellt, so zum Beispiel bei ihrem Wired Health Talk.

Projektleiterin Claudia Schnugg stellte bei dieser Arbeit vor allem die Anzahl der beteiligten Instanzen, die zur gelungenen Umsetzung beigetragen haben, heraus:

„Bei diesem Projekt hat sich gezeigt, wie interessiert eine breitere Öffentlichkeit an dem Thema sowie an einer künstlerischen filmischen Umsetzung ist. Sowohl die große Anzahl an WissenschaftlerInnen aus unterschiedlichsten Forschungsbereichen, mit denen Lucy McRae zur Entwicklung des inhaltlichen Konzepts zusammengearbeitet hat und die sie für Interviews gewinnen konnte als auch die Unterstützung, die wir von den unterschiedlichen Institutionen bekommen haben, die wir als Locations für den Film begeistern konnten, ist überwältigend.“ (Claudia Schnugg)

„The Insitute of Isolation“ ist voraussichtlich auf dem Ars Electronica Festival 2016 zu sehen.

Die dritte SPARKS-Residency ging an Lea und Jakob Illera, Betreiber des in Wien ansässigen INSEQ Design Studios. Bedingt durch ihre Erfahrungen und innovativen Arbeiten im Bereich Produktdesign, war ihr Ansatz eine logische Konsequenz ihrer Berufstätigkeit, allerdings eine der Aufgabenstellung gemäß künstlerische.

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Lea und Jakob Illera zeigen im BioLab des Ars Electronica Centers anhand eines Scribbles wie ihre BeBots wirken sollen. Foto: Michael Mayr

Im Kontext der SPARKS-Ausschreibung ging die Vermarktung eines strittigen Medikaments, das Fettleibigkeit bekämpfen soll, ebenfalls über eine bekannte Verpackung: einen Inhaler, den man von einem harmlosen Schnupfensprays her kennt. Beim Produktes „BeBots“ bestehen die Inhaltsstoffe allerdings aus Nanorobotern, die durch die Blutbahn zum Gehirn transportiert werden, dort wo die Lust auf ungesunde Nahrungsmittel entsteht.

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Die in der grafischen Umsetzung niedlich wirkenden Helferlein die chemische Gehirnaktivität soweit, dass die Betrachtung eines ansonsten Appetitanregenden Burgers ausbleibt. Grafik: Jakob Illera

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Die BeBots in ihrer plastischen Umsetzung Foto: Jakob Illera

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Der BeBot-Inhaler und die Verpackung dazu. Foto: Jakob Illera

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Rechts: Testubes Links: BeBots unter dem Rasterlektronenmikropskop, Inhaler und Verpackung. Fotos: Jakob Illera

Ich war schon immer von Cyborgs und der Vorstellung wie sich Menschen und Maschinen miteinander verbinden, fasziniert – und natürlich wie sich das anfühlt, Technik in sich zu haben. Auf der anderen Seite interessiere ich mich auch für die Frage, was es für die Gesellschaft bedeutet, wenn es technisch „verbesserte“ Menschen gibt. Wer kann sich das leisten – und wer muss darauf verzichten? (Lea Illera)

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Frei nach Lucas Granach dem Jüngeren: der Sündenfall 2016 kommt mit dem Fast Food. Credit: Jakob Illera

Alleine die Frage danach, in welcher Weise die Fast Food-Industrie Sturm laufen würde, ist nicht hinreichend. Im Zusammenhang mit dem Eingriff stehen auch Fragen, die gesellschaftlich relevant sind, wie zum Beispiel der Stereotypisierung von Aussehen. Mit dem zunehmenden Narzissmus geht in der Regel eine Diskriminierung derer einher, die sich dieses Medikament nicht leisten wollten oder könnten.

Lea und Jakob Illera erklären im BioLab des Ars Electronica Centers die Ideeentwicklung zu BeBots. 

Auch die Steigerung von Leistungsfähigkeit um jeden Preis gibt Grund zu Bedenken. Das Thema wird in sehr vielen Bereichen kontrovers diskutiert, man denke nur an Chips, mit denen man zum Beispiel Depressionen heilen kann.“ (Claudia Schnugg)

Wie eingangs erwähnt, werden die Exponate in 29 Ländern ausgestellt. Die Eröffnung fand bereits an vier Plätzen statt. So ist die Ausstellung „Beyond The Lab“ im Londoner Science Museum noch bis 28. August zusehen. Ebenso im Bonner LVR Landesmuseum. Im Warschauer Copernicus Science Center besteht die Möglichkeit des Besuchs bis zum 11. September, für den Tehnološki Park Lubiljana werden die genauen Daten auf der SPARKS-Eventseite noch angekündigt. Darüber hinaus findet man dort auch weitere Informationen rund um andere Veranstaltungen in Form von 6 Science Espressos, 1 Reverse Science Café und ein Themenwochenende mit weiteren Veranstaltungen. Insgesamt werden die 4 Klone der Ausstellung bis Mitte 2018 touren und in allen EU Staaten sowie der Schweiz (und GB) zu sehen sein. Auch im Linzer Ars Electronica Center, von 29. März – 7. Juni 2017.

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