WE GUIDE YOU: Wir führen Sie durch das Ars Electronica Festival 2016

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WE GUIDE YOU, also: wir führen Sie, und zwar durch das Ars Electronica Festival 2016. Bei all den interessanten Arbeiten, Workshops und Events kann es schnell schwierig sein, sich einen Überblick zu verschaffen – besonders, wenn man weder Deutsch noch Englisch spricht. Auch für Menschen mit Beeinträchtigung kann das Festival-Programm überfordernd wirken.

Deshalb gibt es mit dem WE GUIDE YOU Programm ein umfassendes Angebot an verschiedenen Touren, die den BesucherInnen des Ars Electronica Festivals 2016 die verschiedenen Ausstellungen und Werke näher bringen. ExpertInnen erklären in den Expert Tours, welche Stücke sie besonders spannend finden, mit den Highlight Tours wird man mit den Höhepunkten des Festivals vertraut gemacht und bei den Community Parcours führen MuttersprachlerInnen Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen auf ihrer Sprache durch das Festival. Zusätzlich zu den Touren in der POSTCITY, dem ehemaligen Postverteilzentrum neben dem Linzer Hauptbahnhof, werden auch Führungen durch andere Locations, wie zum Beispiel das Ars Electronica Center oder die CyberArts Ausstellung, angeboten.

Rosi Grillmair, verantwortlich für das Vermittlungsprogramm des Ars Electronica Festivals, hat sich mit uns über die unterschiedlichen Führungen unterhalten und erklärt, warum besonders die Community Parcours ein so wichtiger Bestandteil des WE GUIDE YOU Programms sind.

We Guide You COmmunity Parcours Festival 2016 Rosi Grillmair

Rosi Grillmair, Vermittlungsprogramm. Credit: Vanessa Graf

Das WE GUIDE YOU Programm ist umfassend – welche Führungen werden angeboten?

Rosi Grillmair: Die Basis des WE GUIDE YOU Programms sind die Highlight-Führungen, die bis zu zwölfmal am Tag auf Deutsch und auf Englisch stattfinden. Dafür haben wir sieben Vermittler und Vermittlerinnen, die teilweise auch schon letztes Jahr hier waren. Bevor sie ihre Arbeit beginnen, gibt es eine Einführung mit Gerfried Stocker, dem künstlerischen Leiter der Ars Electronica, der mit uns durch das Festival geht und seine Highlights erklärt. Wir geben den Gästen dann im eineinhalbstündigen Format einen Einblick darauf.

Zusätzlich gibt es Führungen durch die CyberArts Ausstellung, durch das Ars Electronica Center, und laufende Vermittlung durch die ProfessorInnen und StudentInnen der Campus-Ausstellung. Wir haben zeitlich alles so gelegt, dass Besucher und Besucherinnen die Highlight-Führung hier in der POSTCITY besuchen können und danach noch rechtzeitig zur CyberArts oder ins Museum kommen. Außerdem gibt es auch Kinderführungen, die vorwiegend bei der u19-Ausstellung stattfinden, aber auch darüber hinaus.

Unabhängig von den Highlight-Führungen gibt es noch zwei andere Programme, das sind die Community Parcours und die Experts Tours.

We Guide You Festival 2016 Community Parcours

Credit: Tom Mesic

Worum geht es bei den Experts Tours?

Rosi Grillmair: Bei den Experts Tours geht es darum, dass verschiedene Experten und Expertinnen einen Einblick auf das Festivalthema geben. Hier kann man sehen, welche interessanten Fragen sich die Künstler und Künstlerinnen bei der Ars Electronica gerade stellen. Was ist relevant in diesem Jahr?

Insgesamt gibt es zehn verschiedene Experts Tours und einen Workshop. Sie sind alle sehr verschieden – es gibt zum Besipiel die Tour „Fremde Freunde – Global Village“ mit dem Thema Flucht, die sich auch mit Projekten von und für Refugees beschäftigt. Die Tangible Media Group von MIT Media Lab wird auch eine Führung machen, rund um das Thema „Radical Atoms“ – jedoch nicht im Museum, wo ihre eigene Ausstellung ist, sondern hier in der POSTCITY. Sie stellen die Künstler und Künstlerinnen vor, die das Thema schon aufgreifen. Dr. Schwarz vom botanischen Garten wiederum wird mit einer Gruppe aufs Dach gehen und dort die Pflanzenwelt erklären. Am Dach der POSTCITY wuchsen nämlich 25 Jahre lang Pflanzen – komplett unabhängig von menschlichem Einfluss. Dadurch, aber auch durch besondere Bedingungen wie der Abwärme der Gebäude oder der Winde durch die Häuserschluchten, entwickelten sich ganz neue Pflanzen.

Es gibt auch eine Führung im Postlogistikzentrum in Allhaming, für alle, die sich für die Location interessieren. Dort sieht man, was an der Location POSTCITY besonders, aber schließlich nicht mehr zeitgemäß ist und wie das neue Zentrum funktioniert.

Tour Postcity Festival 2016

Credit: Magdalena Leitner

Die sogenannten Community Parcours machen das dritte Standbein des WE GUIDE YOU Programms aus. Was ist ein Community Parcours und wie viele verschiedene werden angeboten?

Rosi Grillmair: Community Parcours sind kostenlose Führungen für Minderheiten in Linz und Österreich. Sie sind vor allem für Leute, die sonst nicht zum Festival gekommen wären, weil sie sich vielleicht nicht eingeladen fühlten oder noch keinen Bezug zu Kunst und Technologie hatten. Die Community Parcours gibt es heuer zum dritten Mal, die Idee dafür stammt von Susi Windischbauer. Sie leitete vor mir das Vermittlungsprogramm und setzte die Idee mit dem Ars Electronica Center gemeinsam schon um. Bei den Community Tours gibt es Touren für Blinde und Sehbeeinträchtigte, sowie acht Sprachführungen, darunter auch eine in österreichischer Gebärdensprache.

We Guide You Visually Impaired Tour Festival 2016

Credit: Florian Voggeneder

Nach welchen Kriterien werden die Sprachen ausgewählt?

Rosi Grillmair: Vor drei Jahren begannen wir mit elf Sprachen insgesamt, dieses Jahr sind es acht. Wir haben beim Integrationsbüro der Stadt Linz angefragt, welche die wichtigsten Sprachen von Minderheiten in Österreich sind, von den elf Sprachen sind dieses Jahr noch die acht übrig, die sich bewährt haben. Das Integrationsbüro übernahm auch die Bewerbungen als Vermittler und Vermittlerinnen für uns und plant teilweise Tagesausflüge für Gruppen, die nicht so leicht nach Linz kommen. Letztes Jahr zum Beispiel kamen sehr viele Bewohner und Bewohnerinnen von Flüchtlingsheimen zu uns. Wir führten die Flüchtlinge durch das Ars Electronica Center und danach durch die POSTCITY, dazwischen war ein Essen organisiert. Auch die Bustickets waren inkludiert. All das war dank privater Sponsoren möglich.

Neben dem Integrationsbüro gibt es auch viele Vereine in Linz, die uns da helfen. Der Verein Ibuk zum Beispiel hat ein Programm mit KulturlotsInnen, bei dem Vermittler und Vermittlerinnen aus unterschiedlichen Kulturen einen Einblick in die Stadt geben. Es wurde 2009 entwickelt, aber es gibt auch heute noch viele Kulturlotsen und Kulturlotsinnen. Eine davon führt dieses Jahr als Guide durch das Festival, auf Russisch. Auch andere Vereine wie zum Beispiel Pangea, SOS, oder das unabängige Landesfrewilligenzentrum (ULF) helfen uns sehr. SOS würde dieses Jahr zum Beispiel gerne eine Führung für unbegleitete Minderjährige machen. Pangea möchte ihr Sprachcafé auf das Festival verlagern, das heißt, es wird eine Führung auf Deutsch geben, für Menschen, die Deutsch lernen. Das ist Deutsch-Lernen und Festival-Kennenlernen in einem.

We Guide You Festival Tour 2016

Credit: Florian Voggeneder

Warum sind diese Community Parcours so wichtig für Linz oder die Ars Electronica?

Rosi Grillmair: Es ist einer der Gesellschaftsaspekte der Ars Electronica. Es geht darum, dieses Festival nicht nur an einem internationalen Standort zu organisieren, sondern es auch relevant für die Menschen zu machen, die hier leben. Es gibt beim Festival zum Beispiel viele Projekte über Flüchtlinge und Flüchtlingsintegration – einerseits ist es sehr wichtig, dass diese beim Festival ausgestellt werden, weil hier innovative Leute sind, die etwas bewegen können. Wenn man es aber andererseits nicht schafft, die Flüchtlinge selbst auch zum Festival zu bringen, dann ist das sehr schade. Die Community Parcours sind genau deshalb kostenlos: Es soll ein erster Zugang ermöglicht werden.

Tour We Guide You Festival 2016

Credit: Florian Voggeneder

Die Führungen finden in acht verschiedenen Sprachen statt, die von den Vermittlern und Vermittlerinnen natürlich selbst gesprochen werden. Wer sind die Guides für die Community Parcours?

Rosi Grillmair: Die Guides kommen meistens selbst aus der Community und haben einen Hintergrund in Kunst oder Technologie. Alle Guides sind eigentlich komplett unterschiedlich. Tina Nnwakama, die die Führung in Igbo für die nigerianische Minderheit macht, studiert Biochemie auf der JKU und ist in dem Linzer Verein Black Community aktiv. Pooneh Yekta macht für uns die Führungen auf Farsi und studiert zeitbasierte Medien auf der Kunstuniversität, Onur Olgac, der türkische Führungen sowie englische Highlight Tours übernimmt, studiert Interface Cultures. Es sind entweder Leute, die sich auf dem Gebiet sehr gut auskennen und die Sprache als Native Speaker sprechen, oder Leute, die schon länger in Linz sind und sich hier gut auskennen. Tatyana Schörghuber, die Führungen in Russisch anbietet, ist zum Beispiel eine der Kulturlotsinnen von Ibuk. Jerneja Zavec macht unsere Führungen auf Serbokroatisch und ist in Linz sehr aktiv bei vielen Kulturnetzwerkvereinen. Die meisten haben als Anliegen, die Kunst zu vermitteln, aber sie andererseits auch gerne ihrer Community zu zeigen.

We Guide You Tour Festival 2016

Credit: Florian Voggeneder

Diese Führungen existieren in dieser Form schon seit 2014. Wie waren die Erfahrungen in den letzten Jahren?

Rosi Grillmair: Jede Führung läuft komplett anders ab, je nachdem, welche Sprache oder welcher Kulturkreis das ist. Die Igbo-Führung letztes Jahr startete zum Beispiel an keinem bestimmten Punkt, es war sehr locker und frei. In den letzten Jahren waren die Führungen auf Arabisch und Farsi die größten, wir hatten die meisten Extrabuchungen. Letztes Jahr gab es eine Ausstellung zum Thema Lebensräume. Dort stand auch ein UNHC Flüchtlingszelt. Auf einmal bekam man diese Ausstellung aus einem anderen Blickwinkel vermittelt – es gab dort zum Beispiel Landkarten, auf denen Krisengebiete eingezeichnet waren. Die meisten Leute aus der Führung kamen genau aus diesen Krisengebieten. Es gab auch eine interaktive Weltkarte, in die man Informationen einspeisen konnte: Wo bin ich her? Welcher Ort sollte verändert werden? Mit welchem Ort verbinde ich gute Gefühle, mit welchem Ort verbinde ich schlechte Gefühle? Viele sahen das als Möglichkeit, etwas zu hinterlassen, was vielleicht auch Auswirkung haben wird in der Zukunft.

Dieses Jahr tritt dieses Thema noch verstärkt auf, weil es auch eine Experts-Tour dazu geben wird. Der Vermittler ist Joan Bairam aus Aleppo: Er ist bei sehr vielen Kulturinitiativen in Linz, macht die arabischen Führungen für die Community Parcours und zusätzlich noch eine Führung zum Thema „Fremde Freunde – Global Village“. Es wird mehr als eine Führung sein – er wird sich in das EduLab setzen und mit den Leuten über das Thema Flucht diskutieren, darüber, wie es ist, ein Flüchtling zu sein und wie das hier im Ars Electronica Kontext aufgegriffen wird.

Wie kann man an so einer Tour teilnehmen?

Rosi Grillmair: Für die Community Parcours würden wir uns über eine Anmeldung freuen. Wir haben auf der Website Anmeldeformulare in jeder Sprache, das heißt, man muss weder Deutsch noch Englisch können, um an einer Tour teilnehmen zu können. Für die anderen kann man sich direkt vor Ort ein Ticket kaufen, jeweils eine Tour ist auch beim Festivalpass und beim Tagespass inbegriffen. Wir hoffen, dass dadurch die Leute einen ersten Einblick in das Festival bekommen.

Die verschiedenen Touren des WE GUIDE YOU Programms werden während des Ars Electronica Festivals 2016 in der POSTCITY von 8. bis 12. September 2016 stattfinden. Ein Ticket für die Highlight und Expert Touren ist im Tages- oder Festivalpass inbegriffen, weitere Tickets können direkt vor Ort gekauft werden. Die Community Parcours sind gratis, die Anmeldungen dafür finden auf unserer Website statt. Für mehr Informationen über die Führungen und für Anmeldungen zu den Community Parcours besuchen Sie bitte unsere Website:  https://ars.electronica.art/radicalatoms/de/program/weguideyou/

WE GUIDE YOU Community Parcours

Rosi Grillmair ist Medienkünstlerin und Vermittlerin im Kunst- und Kulturbereich. Sie hat bereits bei der Organisation und Programmierung mehrerer Festivals wie der Ars Electronica, dem NODE Forum for Digital Arts, der UNPAINTED media art fair und der Tehran Annual Digital Arts Exhibition mitgearbeitet. Ihre künstlerischen Arbeiten bewegen sich im Bereich der Datenvisualisierung in Echtzeit und generativen Grafiken. Als Programmiererin arbeitet sie mit Community-basierten Tools wie Processing und vvvv. Ihre Arbeiten waren beim Ars Electronica Festival, im Ars Electronica Musuem, im Medialab Prado (Spanien), bei der TADAEX (Iran), am amberfestival (Türkei) und im MKH Wels sowie der Kunstuniversität Linz ausgestellt.

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