Scalar Fields – Jeder Schritt hat eine Bedeutung

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„Der Schuh ist nicht nur ein Gerät um den Fuß zu unterstützen; Es ist auch ein Medium, das die Identität und Existenz des Trägers in Form von leichtem Druck verbreitert. Ein kleiner Sturm tobt im Mikroraum um die Schuhsohle. Durch den Winddruck, der beim Gehen entsteht, wird die Milbe aus dem Teppich geblasen. Versetzen wir uns in die Mikroebene, ähnelt es einem Luftangriff bei dem man zu Boden gedrückt wird.” Mikro- und Makrokosmos wird dadurch auf ungewöhnliche Weise miteinander verbunden. Während des Ars Electronica Festival 2016 präsentiert der Künstler Akira Wakita mehrmals persönlich sein Kunstwerk „Scalar Fields“ im Deep Space 8K.

Im Interview hat er uns erzählt, was es mit den Schuhen auf sich hat, warum er von Luftströmungen so fasziniert ist und was ihn zu dieser Arbeit inspiriert hat.

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Akira, bei deiner letzten Arbeit „Furnished Fluid“, die bei uns im Ars Electronica Center ausgestellt war, hast du die Luftströmungen rund um Möbel sichtbar gemacht. Nun  visualisierst du mit „Scalar Fields“ das Druckfeld um Schuhsohlen. Was ist für dich das spannende an der Bewegung von Luft?

Akira Wakita: Schon seit ich ein Kind bin, habe ich das Gefühl, dass Objekte ein Wesen haben, das man mit bloßem Auge nicht sehen kann. Intuitiv denke ich mir, dass eine unsichtbare Macht die Dinge umgibt, die unsere Welt erfüllt. Im japanischen Zen gibt es das Wort „shin-kuu-myouu“. Das bedeutet, dass der „leere Zustand“ voller Energie ist. Ein weiteres bekanntes Konzept ist das japanische „Ma“. Es drückt den Reichtum in den Räumen zwischen den Stoffen aus. Diese Idee ist schwer zu begreifen, aber man kann es tatsächlich spüren und eben durch Luftströmungen visualisieren.

„Furnish Fluid“ ist eine Visualisierung der Luftgeschwindigkeit und es macht uns klar, dass durch Wirbel und Turbulenzen etliche Mikroorganismen existieren. Auf der anderen Seite ist „Scalar Fields“ eine Visualisierung von Druck. Dieses Kunstwerk zeigt dass, egal wie klein der Druck ist, Wirkungsketten entstehen und das auch zu größeren Phänomenen führen kann. Jeder kleine Schritt, den man macht, erzeugt Druck auf den Boden. Das heißt, man erzeugt durch mehrere Schritte ein ganzes Ausbreitungsmuster. Das menschliche Auge kann das nicht erkennen, aber man kann diese Muster in gewisser Weise fühlen. Eine Visualisierung davon kann unsere Perspektive verändern. Jeder Schritt hat eine Bedeutung und deshalb finde ich dieses Projekt so interessant.

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Ist die Ausbreitung des Drucks in der Luft durch den Schritt mit einem Schuh eine Metapher für irgendetwas? Was hat dich zu dieser Arbeit inspiriert?

Akira Wakita: Der Spruch „Ein kleiner Schritt für einen Mann, ein großer Schritt für die Menschheit.“ von Astronaut Neil Armstrong ist sehr berühmt. Dieser Schritt symbolisiert eine historische Leistung in der Geschichte der Raumfahrt. Jeder kann so einen „ersten Schritt“ machen, durch den sich die ganze Welt verändert. Bei diesem Kunstwerk geht es darum, dass jede Druckausübung eine Veränderung bedeuten kann. Ich visualisiere das, damit es den Menschen bewusst wird. Solche physikalischen Simulationen können oft sehr gefühllos wirken. Wenn man sie aber von einem anderen Blickwinkel aus betrachtet und den Hintergrund dazu kennt, können die Visualisierungen zum Denken anregen.

In deiner Arbeit verwendest du elegante italienische Schuhe. War es wichtig welche Schuhe den Luftdruck erzeugen?

Akira Wakita: Viele Menschen kennen das, wenn ein Stein in einen Teich fällt und im Wasser Wellen entstehen. Dieses Phänomen zeigt, wie Druck durch Wasser weitergegeben wird. Ich habe mir gedacht, dass es interessant sein könnte, wenn so ein einfaches bekanntes Phänomen mit der komplizierten Sohle eines teuren Schuhs verbunden wird. Dadurch entstehen interessante Simulationen. Ich habe viele Schuhe recherchiert. Dabei habe ich festgestellt, dass die Schuhe der italienischen Marke TOD’S ein unverwechselbares Muster erzeugen. In der Simulation sehen die Muster zunächst wie Wellen aus, danach verlaufen sie immer weiter ineinander – wie wenn mehrere Kieselsteine in einen See geworfen werden. Das sieht toll aus und soll aufzeigen, wie kompliziert die Welt ist – genau wie die komplizierten Muster.

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Die Visualisierung ist während des Ars Electronica Festival im Deep Space 8K als Wand und Boden Projektion zu sehen. Wie würdest du diese ästhetische Darstellung der Druckausbreitung beschreiben?

Akira Wakita: Es entstehen viele kleine Stürme im Mikrokosmos rund um die Sohlen. Jeder unserer Schritte bläst jede noch so kleine Milbe auf einem Teppich weg. Wir können den Schalldruck eines Basses oder die gewaltigen Töne eines Orchesters spüren. Es gibt aber das sogenannte „Blowing-off-Phänomen“, das besagt, dass die Druckwelle eines menschlichen Schrittes für einen Menschen kaum merkbar ist, für Milben aber wie ein Taifun oder eine Explosion ist. Bei meiner Visualisierung erleben die Zuseher und Zuseherinnen die Welt aus Sicht solcher winzigen Tierchen. Ihnen soll bewusst werden, dass diese Druckfelder immer und überall entstehen. Der Deep Space 8K ist perfekt dazu geeignet, dass der Mikro- und Makrokosmos miteinander verbunden wird.

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Die Visualisierung ist auch mit einem einzigartigen Klangerlebnis hinterlegt. Die Musik stammt von Tetsuya Komuro…

Akira Wakita: Genau, Tetsuya Komuro hat die Musik extra für dieses Kunstwerk komponiert und die Musik hat mich so sehr beeinflusst, dass ich die Simulation und die Visualisierungen danach nochmal neu gemacht habe. Darauf hin hat er die Musik wiederum etwas umgeändert. Es war also eine Art Kooperation und Zusammenarbeit. Tetsuya Komuro ist ein unverwechselbarer Klangkünstler und ich bin ein großer Fan von ihm.

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Das Thema des diesjährigen Ars Electronica Festival lautet „RADICAL ATOMS and the alchemists of our time”. Würdest du dich auch als modernen Alchemisten bezeichnen? Was macht einen Alchemisten in der heutigen Zeit aus?

Akira Wakita: Meiner Meinung nach, ist ein moderner Alchemist eine Person, die durch ihr Wissen  über Physik, Chemie, Elektronik oder Biologie Erstaunen bei anderen hervorrufen kann. Ich denke, bei so einer Definition, würde ich mich dann selbst auch als modernen Alchemisten beschreiben. Seit dem 17. Jahrhundert wurden Alchemie und Wissenschaft voneinander getrennt. Das hat die Kreativität der Menschen enorm eingeschränkt. Heute versucht man vermehrt wieder die Kunst und die Wissenschaft miteinander zu verbinden und so die Grenzen ineinander verschwimmen zu lassen. Nur so ist es möglich, Leute wieder zum Staunen zu bringen.

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Akira Wakita conducts studies regarding the theme of “physicality,” focusing on real time images produced by physical simulation on one hand and materials that can control colors on the other hand. In recent years, he developed original software based on fluid-dynamic and thermodynamic models, striving for visualization across science and art.

Während des Ars Electronica Festival 2016 präsentiert der Künstler Akira Wakita mehrmals persönlich sein Kunstwerk „Scalar Fields“ im Deep Space 8K. Hier finden Sie nähere Infos: http://ars.electronica.art/radicalatoms/de/deep-space-8k-scalar-fields/

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