BR41N.IO Hackathon: Auf die Plätze, Fertig, Hacken!

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Um 11 Uhr vormittags fällt der Startschuss, dann wird programmiert, getippt, designt und 3D-gedruckt, was das Zeug hält. Genau 24 Stunden später sollen die 30 Projekte des BR41N.IO Hackathons bereits einer Jury präsentiert werden, die die jeweils besten drei Projekte aus dem Bereich Hacking und dem Bereich Design auswählt. Obwohl die Projekte unterschiedlich sind, befassen sie sich doch alle mit demselben Thema: Brain Computer Interfaces (BCI). Die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine ermöglicht das Steuern von Maschinen mit reiner Gedankenkraft.

Organisiert wird der BR41N.IO Hackathon von der Firma g.tec medical engineering GmbH. Bis zum 27. August 2017 kann man sich hier noch zum Hackathon anmelden. Alle TeilnehmerInnen erhalten einen gratis Festivalpass für das Ars Electronica Festival 2017.

Wir haben uns mit Christoph Guger, Gründer und Geschäftsführer der Firma g.tec, und Sarah Breinbauer, Marketing- und Eventmanagerin bei g.tec, unterhalten und mehr über das Programm und die Herausforderungen erfahren.

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Sarah Breinbauer und Christoph Guger. Credit: Martin Hieslmair

Beim Hackathon am Ars Electronica Festival 2017 dreht sich alles um Brain Computer Interfaces (BCI). Was ist das und was kann man damit machen?

Christoph Guger: Brain Computer Interfaces sind Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine. Sie messen Gehirnströme des Menschen mit kleinen Elektroden, die am Kopf angebracht sind. Wenn sich eine Person etwas vorstellt, übersetzt das BCI diese Kontrollsignale, wodurch man verschiedene Maschinen ansteuern kann, von Robotern bis zu Baggern. Man kann zum Beispiel mit BCI einen Text am Computer schreiben, was vor allem für vollständig gelähmte Patienten und Patientinnen sehr wertvoll ist. Wir verwenden es bei g.tec in Schiedlberg zum Beispiel für die Schlaganfall-Rehabilitation. Wir können dem Gehirn mit BCI beibringen, Motorik wiederzuerlangen.

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Credit: Florian Voggeneder

Wie weit fortgeschritten ist diese Technologie jetzt schon?

Christoph Guger: Die Technologie gibt es mittlerweile schon seit ungefähr 20 Jahren. Drei Institute haben damit begonnen, jetzt arbeiten viele hunderte an dieser Technologie. Daher gibt es heute auch schon viele Applikationen, die verfügbar sind. Das ist vor allem sinnvoll für medizinische Anwendungen, Rehabilitation oder Diagnosen.

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen nicht-invasiven und invasiven Brain Interfaces. Die Elektroden werden also entweder außen am Kopf angebracht, das ist nicht-invasiv, oder unter die Schädeldecke implantiert, das ist invasiv. Das System befindet sich bei dieser Methode direkt am Cortex, wodurch man wesentlich bessere Kontrollsignale bekommt. Je nach Applikation wird die eine oder die andere Methode benötigt. Für die Schlaganfall-Rehabilitation reichen Elektroden an der Kopfoberfläche zum Beispiel vollkommen aus. Damit können wir zum Beispiel feststellen, wenn ein Schlaganfall-Patient oder eine Patientin sich auf die rechte Hand fokussiert. Der Muskel der rechten Hand kann daraufhin stimuliert werden, sodass die Hand eine Bewegung ausführt. Dadurch erlernt das Gehirn wieder die motorische Kontrolle der rechten Hand. Will man aber zum Beispiel einen menschlichen Avatar oder einen Roboter ansteuern, dann brauche ich wesentlich bessere Kontrollsignale. Hier macht es Sinn, die Elektroden direkt in den Motor-Cortex zu implantieren. Hier kann man die Gendanken besser dekodieren und anschließend auf den Avatar übertragen.

An welchen BCI-Projekten wird man beim Hackathon am Ars Electronica Festival 2017 basteln können?

Sarah Breinbauer: Am Hackathon kann man an dieser Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine arbeiten. Die Hacker und Hackerinnen bekommen in verschiedenen Projekten die Aufgabe, ein Brain Computer Interface so zu programmieren, damit man damit auch wirklich Roboter steuern, mit Maschinen zeichnen oder Facebookstatus-Updates verfassen kann.

Christoph Guger: Unter den Maschinen, die man ansteuern können soll, ist zum Beispiel eine Drohne oder auch Sphero, ein Roboter in einer Kugel. Diese Art von Projekten sind für Hacker und Hackerinnen gedacht, also Menschen, die Programmieren können. Es ist hilfreich, sich mit Unity auszukennen, vielleicht auch mit Signal Processing, ganz nach dem, für welches Projekt man sich entscheidet. Wir haben aber auch Projekte für Künstler und Künstlerinnen, die Headsets für die BCI-Geräte designen. Für diese Projekte brauchen wir Leute, die wirklich kreativ sind.

Sarah Breinbauer: Das ist auch der Grund, warum uns die Künstlerin Anouk Wipprecht so inspiriert, die den Hackathon unter anderem als Mentorin begleitet. In ihrem Projekt „Agent Unicorn“ verwendet sie ein Design, das nicht nach einem klassischen BCI-Headset aussieht. Es ist eine Art Einhorn, das Daten misst.

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„Agent Unicorn“ von Anouk Wipprecht. Credit: Marije Dijkema

Anouk Wipprecht wird vor dem eigentlichen Hackathon einen Vortrag halten und „Agent Unicorn“ etwas näher erklären. Um was geht es bei ihrem Projekt?

Christoph Guger: „Agent Unicorn“ ist ein BCI-Headset, das Videosequenzen aufnimmt, wenn es von EEG getriggert wird. Wenn für ein autistisches Kind „Agent Unicorn“ trägt und etwas Spezielles auftritt, erkennt das Headset das im EEG. Daraufhin wird ein Video aufgezeichnet, um dem Kind näher zu bringen, wie es auf solche Ereignisse reagieren soll. Anouk Wipprecht stellt die 3D-Druckdaten von ihrem Headset für den Hackathon zur Verfügung. Die Designer und Designerinnen können die Daten modifizieren und daraus etwas Neues bauen. Zusätzlich kommt auch eine Gruppe von der Kunstuniversität Linz mit sechs Nähmaschinen, mit denen man ebenfalls Headsets designen kann. Diese Headsets können anschließend auch von den Hackern und Hackerinnen verwendet und aufgesetzt werden.

Es wird auch ein eigenes Programm für Kinder geben…

Sarah Breinbauer: Bei der Kinderstation können Kinder ein eigenes Headset bauen. Kinder haben einen ganz anderen Zugang zur Steuerung und zu Spiel, das wird bestimmt interessant.

Christoph Guger: Das wird vor allem mit Karton, Papier und viel Kleber über die Bühne gehen. Die Headsets können die Kinder danach auch mit nach Hause nehmen.

Welche Vorkenntnisse braucht man konkret, damit man beim Hackathon mitmachen kann?

Christoph Guger: Will man bei den technischen Projekten mitarbeiten, sollte man programmieren können, entweder mit Unity, Matlab, Simulink, C# oder Python. Wir haben auch gut vorbereitete Templates, die man modifizieren kann. Bei dem 3D-Druckprogramm macht es natürlich Sinn, Erfahrung mit 3D-Programmen mitzubringen.

Für alle, die nicht programmieren können, haben wir auch ein paar Stationen. Es gibt zum Beispiel eine Station für Journalisten und Journalistinnen, die können sich einfach zu einem BCI setzen und damit einen Text twittern. Wir werden dazu einen eigenen Twitter-Channel eröffnen, auf dem nur über das BCI-System Nachrichten kommuniziert werden. Wenn man möchte, kann man aber auch seinen eigenen Account benutzen, oder auch Facebook. Eine andere Station lädt dazu ein, mit dem BCI ein Bild zu malen.

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Anouk Wipprecht am Ars Electronica Festival 2016. Credit: Florian Voggeneder

Das Hacken beginnt am Freitag um 11 Uhr vormittags und endet genau um 11 Uhr am nächsten Tag. Was passiert in diesen 24 Stunden?  

Sarah Breinbauer: Nach den Einführungspräsentationen, die noch vor 11 Uhr stattfinden, werden Gruppen formiert und die Mentoren und Mentorinnen vorgestellt. Danach bekommt jede Gruppe von dem jeweiligen Mentor oder der jeweiligen Mentorin eine Kick-Off-Session. Hier werden noch einmal die Grundlagen erklärt. Danach können die Hacker und Hackerinnen frei arbeiten. Wenn sie Ideen haben, bei denen sie sich nicht sicher sind, wie sie umgesetzt werden könnten, können die Mentoren und Mentorinnen jederzeit gefragt werden.

Christoph Guger: Wir zeigen am Anfang auch, wie man EEG misst, damit man diese Gehirnströme eben sehen kann. Wir erklären auch, wie man ein BCI startet und wie die Applikation grundsätzlich funktioniert. Wenn sie das System komplett verstanden haben, machen sich die Hacker und Hackerinnen kreative Gedanken darüber, was sie realisieren möchten. Dafür haben sie bis 11 Uhr am nächsten Tag Zeit. In diesen 24 Stunden muss auch ein Video über das Endresultat gedreht werden, das zusammen mit einer kurzen Präsentation die Grundlage für die Hackathon-Jury ist. Die Jury kürt die jeweils drei besten Arbeiten aus dem Hacking- und dem Design-Bereich.

Christoph Guger

Christoph Guger ist Gründer und Geschäftsführer der Firma g.tec medical engineering GmbH. Er studierte Bio-/Medizintechnik an der Technischen Universität in Graz und der Johns Hopkins University in Baltimore, USA, wo er das erste Brain-Computer Interface entwickelte, das in Echtzeit Gehirnsignale aufnimmt und verarbeitet. Christoph genießt die ländliche Ruhe und die Berge, weswegen g.tec heute seinen Firmensitz in Schiedlberg hat. Daher freut es ihn umso mehr, dass der BR41N.IO Hackathon in der POSTCITY einen Alpenblick hat.

Sarah Breinbauer

Sarah Breinbauer ist ein echtes Stahlstadtkind. Sie studierte berufsbegleitend Gesundheits-, Sozial- und Public Management an der Fachhochschule Linz und ist heute für Marketing und Events der Firma g.tec zuständig. Ihre berufliche Vergangenheit lässt sich von Argentinien bis ins Ars Electronica Center zurückverfolgen, wo sie erstmals mit den kreativen Aufgaben des Marketings und den unzähligen Anwendungsmöglichkeiten von Brain-Computer Interfaces in Berührung kam.

Der BR41N.IO Hackathon findet von Freitag bis Samstag, 8. und 9. September 2017, am diesjährigen Ars Electronica Festival in der POSTCITY Linz statt. Das Rahmenprogramm des Hackathons startet am Freitag um 08:00 Uhr, ab 11 Uhr darf gehackt werden. Das gesamte Programm finden Sie auf der BR41N.IO Website. Bis 27. August 2017 kann man sich noch hier für den Hackathon anmelden. Hackathon-TeilnehmerInnen erhalten einen gratis Festivalpass für alle Ausstellungen und Events des Ars Electronica Festivals 2017.

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