Die erste Stahlbrücke aus dem 3-D-Drucker

Amsterdam Bridge,

Der Große Preis in der Kategorie „Innovative Collaboration“ des STARTS Prize 2018 der Europäischen Kommission geht diesmal an das niederländische Technologie-Startup MX3D und Joris Laarman Lab. Das Kooperationsprojekt „Amsterdam’s 3D Printed Steel Bridge“ hat eine Tür geöffnet, für alle 3-D-PrinterInnen, ForscherInnen, IngenieurInnen, ArchitektInnen und StädteplanerInnen, die sich mit der zukünftigen Gestaltung des urbanen Raums befassen. Die organisch geformte Brücke aus rostfreiem Stahl ist 12,5 Meter lang und 6,3 Meter breit und wird künftig den Oudezijds Achterburgwal, Amsterdams ältesten und berühmtesten Kanal, überspannen. Wir haben uns mit Gijs van der Velden vom MX3D-Team getroffen und dabei mehr über das Projekt erfahren.

Großformatiger 3D-Metalldruck – wie kame s zu dieser Vision?

Gijs van der Velden: Das Team hat in den letzten 15 Jahren mit allen möglichen digitalen Konstruktions- und Fertigungsmethoden experimentiert. Ziel ist es, herauszufinden, wie diese Technologien unsere Zukunft beeinflussen, wie sie zukünftige Objekte und Gebäude schöner und interessanter machen können. Der 3-D-Druck war schon immer ein wichtiger Bestandteil dieser Forschung. Wir haben bemerkt, dass alle Entwicklungen in diesem Bereich stark auf den kleinen und präzisen Druck innerhalb einer kleinen Box fokussiert waren. Als Designer hatten wir jedoch ein viel stäkeres Interesse daran, größere Objekte wie Möbel oder gar kleine architektonische Konstruktionen zu drucken.

Im Jahr 2012 haben wir uns deshalb entschlossen, einen eigenen Drucker zu entwickeln. Einer, der es uns ermöglichte, in nahezu unbegrenztem Umfang zu drucken, ohne an eine klassische Box gebunden zu sein. Nach ersten Versuchen mit Zweikomponenten-Harz haben wir uns schnell auf Metalle konzentriert. Wir schlossen eine Schweißmaschine an unseren Roboter an und begannen damit zu experimentieren. Wir mussten unsere eigene Software entwickeln und von Grund auf lernen, wie man mit Robotern schweißt. Und obwohl die Fachleute der Schweißtechnik immer wieder versuchten, uns zu entmutigen, stellten uns die Ergebnisse schnell zufrieden und so konnten wir schließlich Stahl in der Luft ziehen. Um das Potential dieser neuen Technik zu beweisen, haben wir mehrere Kunstwerke und ein Fahrrad ausgedruckt. Diese Projekte führten schließlich zu der mutigen Idee, eine Brücke zu drucken.

Amsterdam Bridge

Credit: Adriaan de Groot

Welche großen Herausforderungen gab es seit der Vorstellung des Konzepts im Jahr 2015 und wie wurden sie bewältigt?

Gijs van der Velden: Welcher Herausforderung sind wir nicht begegnet? :) Wir haben natürlich mit einer radikalen Vision begonnen. Und es war von Anfang an klar, dass wir das Projekt nicht wie geplant abschließen werden können. Wenn wir das gekonnt hätten, wäre die Idee nicht anspruchsvoll genug gewesen! Der Aufbau eines Konsortiums und die Zusammenstellung des Budgets waren Herausforderungen, stellten sich aber als die geringsten unserer Probleme heraus. Viele Unternehmen und Institute liebten das Projekt genauso wie wir. Eine ganz zentrale Herausforderung war es, einen gemeinsamen Diskurs zwischen DesignerInnen, TechnikerInnen, IngenieurInnen und städtischen BeamtInnen aufzubauen. Wie könnten wir eine Brücke mit einer völlig neuen Technologie bauen und trotzdem diesen Prototyp für den Einsatz in der Stadt freigeben? Eine weitere Herausforderung war der Mangel an Engineering-Software, die die Berechnungen an unserem komplizierten 3D-Modell durchführen konnte.

Das Wesen einer Brücke ist ihre Stabilität – wie wird dies beim Drucken sichergestellt?

Gijs van der Velden: Vor dem Beginn des Projekts erforschten wir das Material und aktualisierten immer wieder unsere Finite-Elemente-Analyse, um Stabilität gewährleisten zu können. Wir wählten schließlich eine Struktur, die ausreichend stabil war. Wir haben uns auch für einige zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen entschieden, wie z.B. eine erhöhte Wandstärke und eine standardisierte Stahlfahrbahn.

STARTS steht für Wissenschaft, Technik und Kunst. Welche Erfahrungen haben Sie mit den verschiedenen Akteuren aus den verschiedenen Disziplinen gemacht? Wie hat diese Zusammenarbeit in Ihrem Team funktioniert?

„Die Kunst sorgte dafür, dass unser Projekt relevant, attraktiv und interessant war, die Technologie ermöglichte es uns, den Traum des Künstlers zu verwirklichen und die Wissenschaft sorgte dafür, dass das, was wir taten, sicher war.“

Gijs van der Velden: In unserem Projekt waren die Schlüsselfaktoren die Kunst und die Technologie. Sie haben gemeinsam das festgelegt, was das Beste ist – unter Berücksichtigung des ewigen Mangels an Zeit, Budget und Personal. Weil der kreative Ansporn so stark war, bekamen alle TeilnehmerInnen von Anfang an eine klare Anweisung. Auf diese Weise wurden sie genau für das eingeteilt, was exakt wann geprüft werden musste. Für die Wissenschaft ist dieser Druck vielleicht nicht immer erwünscht, aber er hat sich als sehr effektiv erwiesen.

Wie geht es nun weiter mit dem Projekt?

Gijs van der Velden: Die Brücke wird im Oktober fertiggestellt. Wir werden das Sensorsystem live testen, wahrscheinlich auf einem niederländischen Festival, bei dem die BesucherInnen zum ersten Mal die Brücke passieren können. Sobald alles getestet und genehmigt ist, wird die Brücke im nächsten Jahr im Stadtzentrum von Amsterdam stehen, und hoffentlich wird sie dort auch weiterhin verweilen. Die Daten, die wir sammeln, sobald die Brücke steht, werden für den Bau eines digitalen Zwillings verwendet. Dieser Zwilling dient als Werkzeug, um unsere Entwürfe exponentiell schneller weiterentwickeln zu können als wenn wir unsere Annahmen einfach „ausprobieren“ würden. Schon eine zweite Brücke wird viel leichter und strukturell radikaler sein als die erste. Wir haben bereits einige große neue Projekte in der Pipeline, die es uns ermöglichen werden, das Potenzial dieser neuen kreativen Technologie zu verbessern.

Wo sehen Sie Verbesserungsmöglichkeiten beim 3D-Druck?

Gijs van der Velden:  Sobald wir wirklich eine vollständige Automatisierung erreicht haben und die Materialeigenschaften vollständig verstanden haben, werden die Algorithmen die Möglichkeiten dieser Technologie aufdecken. Ich bin sehr gespannt, welche neue Ästhetik sich bilden wird, wenn diese Wirklichkeit wird.

Gijs Van der Velden

MX3D wird von CEO Gijs van der Velden und CTO Tim Geurtjens geleitet. Das Unternehmen entwickelte sich aus dem renommierten Joris Laarman Lab und entwickelt (mobile) 3-D-Großformatdrucklösungen. Seine robotergestützte Metalldrucktechnik ermöglichte die Einführung vieler kreativen und praktischen Vorteile des 3-D-Drucks in völlig neue Branchen wie Architektur und Maschinenbau. Joris Laarman Lab ist ein experimenteller Ort, um die Zukunft zu studieren und zu gestalten. Hier arbeiten HandwerkerInnen, WissenschaftlerInnen und IngenieurInnen gemeinsam und beschäftigen sich mit neuer Technologie und deren Ästhetik.

This project has received funding from the European Union’s Horizon 2020 research and innovation programme under grant agreement No 732019. This publication (communication) reflects the views only of the author, and the European Commission cannot be held responsible for any use which may be made of the information contained therein

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