Solutions in Leoben: Zwischen Schaubergwerk, Drahtwalzwerk und Biermuseum

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In den vergangenen Jahren machte sich das Team der Ars Electronica Solutions immer öfter auf Richtung Süden, mitten hinein in die Berge, nach Leoben: Hier wurden nach und nach mehrere Projekte für die verschiedensten KundInnen umgesetzt. So ist der riesengroße LKW Hauly, der früher Gestein vom Abbau am Erzberg abtransportierte und jetzt BesucherInnen durch das Schaubergwerk Abenteuer Erzberg führt, nun mit informativen Screens ausgestattet, die Führungen visuell ergänzen; das Braumuseum Gössseum zeigt mit mehreren interaktiven und digitalen Installationen, wie aus Hopfen und Malz schließlich Bier wird; und im modernsten Drahtwalzwerk der Welt, der voestalpine Wire Rod in Donawitz, machen Transparentscreens und Slider ersichtlich, welche Prozesse passieren müssen, bis aus dickem Stahl feinster Draht wird.

Claus Zweythurm, Projektleiter, Stefan Dorn, Media Designer, und My Trinh Müller-Gardiner, Media Designerin, aus dem Ars Electronica Solutions Team verraten im Interview mehr über die unterschiedlichen Projekte in Leoben.

Credit: Vanessa Graf

In Leoben wurden gleich mehrere Projekte von Ars Electronica Solutions umgesetzt. Eines davon ist das Abenteuer Erzberg – um was geht es hier?

Claus Zweythurm: Das Team von Abenteuer Erzberg wollte etwas, das nicht jedes Schaubergwerk hat. Sie traten also an uns mit der Bitte heran, sich etwas für dieses Bergwerk zu überlegen. Wir entwickelten schließlich eine Digitalisierung dieses Schaubergwerks, angefangen bei der Talstation. Dort sind der Ticketschalter und auch der Sammelpunkt für die Besucherinnen und Besucher, die mit einer Tour am Hauly, einem umgebauten Schwerlastkraftwagen, in das Bergwerk geführt werden. Wir begannen also damit, die Talstation mit Infoscreens auszustatten, an denen man Informationen über Veranstaltungen oder das Restaurant ablesen kann. Interessant in der Talstation ist vor allem das Kernstück, ein großer Screen, wo gezeigt wird, wie der Erzberg sukzessive abgebaut wird. Man sieht, wie der Berg 1900 aussah, 1848, 1970, also an verschiedenen Zeitpunkten. Hier wartet man also auf den Hauly und sieht gleichzeitig den Erzberg im Zeitverlauf.

Was ist ein Hauly eigentlich genau?

Claus Zweythurm: Es ist ein riesengroßes Fahrzeug, das eigentlich für den Erzabbau verwendet wurde, damit konnte man den Tagabbau abtransportieren. Es gab Sprengungen, bei denen Erz aus dem Berg gesprengt wurde, beziehungsweise das Gestein-Gemisch. Dieses Gestein wurde in den Hauly gekippt und abtransportiert. Jetzt können Besucherinnen und Besucher auf dem Hauly das Gelände des Erzbergs erkunden. Wir haben vor jedem Sitz einen Screen montiert, durch den die Guides unterstützt werden in dem, was sie den Leuten erzählen. Zu den verschiedenen Themen, wie etwa Tagabbau oder Erzgewinnung, haben wir Videos gemacht. Die Herausforderung dabei war, dass diese Screens ziemlich viel aushalten müssen – der Hauly ist eben ein riesiger LKW, der ziemlich ruckelt. Es ist sehr schwer, dafür etwas zu bauen, das nicht ständig ausfällt! Normale elektrische Geräte sind hier zu wenig. Die Screens geben einen wirklich interessanten Mehrwerkt, diese visuelle Unterstützung ist wirklich ein großer Gewinn für das Abenteuer Erzberg.

Credit: Vanessa Graf

Auch für das Gösseum war Ars Electronica Solutions tätig…

Claus Zweythurm: Genau. Die Brauerei Gösser hat im Stadtteil Göss ein Braumuseum. Die Brauunion, zu der Gösser gehört, wollte das Museum modernisieren und kam daher zu uns. Das Gösser-Projekt war unser erstes Projekt in Leoben, es war eigentlich die Initialzündung für die anderen Projekte in Leoben. Wir bauten digitale Installationen in den ursprünglichen Ausstellungsbereich, wo der Brauprozess von der Zusammenführung von Malz und Hopfen bis hin zur Abfüllung in die Flaschen und zur Lieferung dargestellt wird. Die Installationen sollten die interessanten Informationen ans Tageslicht fördern und den Besucherinnen und Besuchern die Lockerheit des Brauprozesses vermitteln. Es gibt zum Beispiel einen alten Rippenkühler, an dem wir das Bier via Projektion hinabrinnen lassen, damit man sich das besser vorstellen kann. Auch einen alten Fasskeller stellten wir auf künstlerische Art und Weise dar, um zu zeigen, dass vorwiegend Frauen an dem Brauprozess beteiligt waren. Es gibt auch einige interaktive Elemente, wir konnten wirklich viele verschiedene Techniken verwenden.

Der zweite Schritt war die Ausstellung der Geschichte der Brauerei. Für das obere Stockwerk ließen wir uns eine klassische Ausstellung einfallen, zwar mit unterschiedlichen digitalen Elementen, aber zurückhaltende. Wir sind hier in einem klassischen Museum und wollten viel Analoges beibehalten. Andererseits gibt es auch große interaktive Installationen, wie zum Beispiel die Gösser-Wall, wo die Leute alle möglichen Informationen auf spielerische Art und Weise abrufen können. Das verlangt eine gewisse Geschicklichkeit, weil die Steuerung über Gesten funktioniert. Im oberen Stockwerk steht außerdem ein Quiz-Tisch, für den wir ein altes Fass in der Mitte auseinander geschnitten und damit einen wunderschönen Tisch gebaut haben.

Credit: Vanessa Graf

Was war die größte Herausforderung an diesem Projekt?

Claus Zweythurm: Die größte Herausforderung war sicher, ein modernes, digitales Konzept in ein eher verstaubtes Museum zu bringen, dass sich das im Gesamten trotzdem als Einheit anfühlt. Es war auch interessant, unsere vorausdenkenden Ideen mit der Tradition von Gösser zu verbinden, sodass es gut harmoniert. Aber ich glaube, das ist uns gelungen!

Credit: Vanessa Graf

Das Projekt ging schließlich auch noch in eine dritte Phase…

Claus Zweythurm: Richtig. In dieser Phase gestalteten wir einen ganzen Raum um, wir widmeten ihn dem Sponsoring von Gösser, vor allem dem Skisponsoring. Es gibt auch ein digitales Gästebuch dort, wo sich die Besucherinnen und Besucher verewigen können. Man kann ein Foto von sich machen, in dem man in die Umgebung von Gösser oder das Braumuseum eingefügt wird und das einem per E-Mail zugeschickt wird. Es war nicht so leicht, das ohne Green Screen oder Ähnliches zu schaffen, aber am Ende haben wir es hinbekommen.

Credit: Vanessa Graf

Schließlich arbeitete Ars Electronica Solutions auch mit der voestalpine Wire Rod in Leoben zusammen. Was ist hier genau passiert?

Stefan Dorn: Die voestalpine Wire Rod hat das modernste Drahtwalzwerk der Welt in Donawitz gebaut. Wir haben gemeinsam ein Konzept für die Besucherführung erarbeitet und umgesetzt.

My Trinh Müller-Gardiner: Wir haben ein Leitsystem erstellt, das durch das Walzwerk durchgeht, und verschiedene Infocontainer, in denen Installationen wie zum Beispiel ein Werksplan mit Slider, eine Produktwaage oder ein Holo-Screen stehen.

Stefan Dorn: Wir wollten Prozesse visualisieren, die für den Besucher oder die Besucherin nicht ersichtlich sind. Wenn man in diesem Infocontainer steht und auf die eigentlichen Anlagen sieht, ist es doch sehr abstrakt. Das Gelände ist sehr groß und es ist schwer, einen Überblick zu bekommen oder irgendetwas zu erkennen. Wir haben also die Fenster teilweise als Transparentscreen genutzt, um Points of Interest darzustellen, zu erklären und mit Daten zu visualisieren. Man sieht ein 3D-Modell von dem Werk und kann besser verstehen, was man eigentlich sieht.

Credit: Vanessa Graf

Dahinter steht die Produktwaage…

My Trinh Müller-Gardiner: Hier kann man diverse Drahtmuster drauflegen, auf einem dazugehörigen Screen erfährt man dann, wie schwer sie sind und für was sie eingesetzt werden.

Stefan Dorn: In Wirklichkeit ist die Waage nur ein kleiner Teil dieser Installation. Wir wollten greifbar machen, was dort produziert wird, weil das Werk riesengroß ist und schwer vorstellbar. An der Waage sieht man gleich, für was ein bestimmter Draht eingesetzt wird, wie für die Automobilindustrie zum Beispiel.

My Trinh Müller-Gardiner: Zusätzlich haben wir einen Slider gestaltet, vor einem wandfüllenden Walzwerkplan. Er dient der Übersicht über das gesamte Werk. Davor steht eine Schiebevorrichtung mit einem Touchscreen, und wenn man damit auf eine bestimmte Position fährt, bekommt man Informationen über diesen Produktionsprozess im Walzwerk.

Credit: Vanessa Graf

Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit?

My Trinh Müller-Gardiner: Sehr inspirierend war die Werkführung, die uns zu dem Konzept geführt hat, weil die Technologien und das ganze Werk sehr eindrucksvoll waren! Daraus ergab sich für uns, dass wir auf jeden Fall mit diesem Drahtmaterial und der diesen Drahtwalzen im Design arbeiten wollen. Die Wellen im Leitsystem kommen von den Drähten, sie waren die Inspiration für die Signaletik und die Besucherführung.

Stefan Dorn: Herausforderungen waren auf jeden Fall die Sicherheitsbestimmungen und die Lautstärke. Das war auch der Grund, warum wir in vielen Installationen versucht haben, Dinge zu visualisieren, die man aus Sicherheitsgründen oder teilweise nur wegen der Temperatur nicht physisch anschauen kann. Diese Prozesse dauern teilweise auch sehr lange in der Produktion. Während der Besuchszeit ist man nur einen Bruchteil davon im Werk. Beim Holoscreen zum Beispiel zeigen wir die 12 verschiedenen Walzwege, die gesamte Bandbreite des Prozesses. Es ist das erste und einzige Werk der Welt, das auf diese Art und Weise produzieren kann. Wir wollten die technischen Möglichkeiten zeigen, die man nicht selbst wahrnehmen kann.

Ist das für euch inspirierend oder eher einengend, wenn so viele Sicherheitsauflagen zu beachten sind?

My Trinh Müller-Gardiner: Eigentlich ist keine Aufgabe einschränkend. Weil man eigentlich immer nach Lösungen sucht! Nach kreativen Lösungen.

Stefan Dorn: Natürlich ist das immer so eine Balance. Ganz ohne Einschränkungen ist es einfach sehr schwierig, weil man zu offen denkt und nie zu etwas kommt. Es macht halt Spaß, weil die Herausforderungen immer andere sind.

Mehr über die Projekte von Ars Electronica Solutions finden Sie auf unserer Webseite.

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