Gemeinsam heißen die beiden any:time Architekten, sie kennen die POSTCITY wie ihre Westentasche, und sind seit über zehn Jahren Teil des Ars Electronica Festivals. Jürgen Haller und Christoph Weidinger sprechen mit uns im Interview darüber, welche Neuerungen es 2019 anlässlich der Dernière, des letzten Mals POSTCITY, geben wird, welche besonderen Bauelemente heuer erstmals zum Einsatz kommen und warum sie sich wünschen, dass es diese Objekte an der neuen Location auch wieder geben wird.
Ein letztes Mal POSTCITY – was bedeutet das für euch als Architekten? Blickt ihr mit einem lachenden oder einem weinenden Auge dem Ende entgegen?
Jürgen: Ich glaube gar nicht, dass es das letzte Mal ist (lacht).
Christoph: Eigentlich mit beiden Augen, also einerseits lachend, andererseits weinend. Weinend dahingehend, dass dieser Ort, der ja sehr spannend zu bespielen ist, vor allem für temporäre Sachen für die Stadt verloren geht. Und das lachende Auge, weil man solch‘ einen Ort wieder neu entwickeln kann und als zukünftigen Stadtteil gewinnen kann, um vielleicht einen Impuls für diesen Bereich zu geben, der ja verkehrstechnisch sehr umspült ist.
Jürgen: Lachend sicher auch – man spürt es im Team – weil man sich auf etwas Neues freut, einen anderen Standort. So gut wir das Haus kennen und so sehr wir es schätzen – aber irgendwie wäre etwas Neues auch wieder einmal spannend.
Wie werdet ihr dieses letzte Mal in der einzigartigen Umgebung der POSTCITY architektonisch umsetzen? Wie lässt sich das Festivalthema „Out of the Box“ in die Architektur integrieren?
Christoph: Mit zwei Materialien werden wir heuer versuchen, die Gestaltung umzusetzen. Einerseits mit PERI-Schalungselementen. Mit diesen versuchen wir das Raster, den das Element vorgibt, in ein paar Ecken aufzubrechen und mit den unterschiedlichsten Kunstwerken zu füllen. Das zweite Material sind die IBC-Container, das sind boxartige Wasserbehälter, die wir auch wieder versuchen, raumbildend einzusetzen.
Jürgen: Sehr spannend finde ich heuer, mit PERI, wenn man die Geschichte der Ars Electronica in der POSTCITY betrachtet, dass wir angefangen haben mit zu Ballen gepresstem Altpapier, mit Regalen, Baugerüsten,… PERI jetzt ist perfekt für den Zweck! Es macht total Spaß und das Material, das die Kunst beherbergt, hält, einhaust, kann so viel, dass ich es mir auch an einem anderen Standort wünschen würde. Sozusagen Out of the Box, das gleiche Material, das passt woanders auch hin.
Welche Eigenschaften haben diese zwei Materialien – die Container und die PERI-Elemente?
Jürgen: Die PERI-Elemente sind wie Lego. Man kann damit alles bauen, mit einer gewissen Auflösung. Also wir stoßen schon an Grenzen – manche Leute wünschen sich runde Sachen, das geht damit natürlich nicht. Aber so kann man fast alles sehr schnell bauen, es ist nicht so schwer. Letztes Jahr haben wir ja mit normalen Stahlschalungselementen gearbeitet, die jeweils 90 Kilogramm hatten. Hier hat das schwerste, das allergrößte Teil, 25 Kilogramm – das ist natürlich ein Riesenunterschied, auch vom Handling her, Aufbauzeiten,… Und wir sind bei PERI mal offen, mal geschlossen, das brauchen wir auch immer wieder. Und wenn es mal einen chirurgischen Eingriff braucht, ist man flexibel, weil man einfach etwas draufschrauben kann, es sind überall Schraublöcher. Für unseren Zweck ist es wirklich sehr gut!
Werdet ihr die PERI-Elemente auf allen Ebenen anwenden oder nur in der großen Halle im ersten Stock der POSTCITY?
Jürgen: Hauptsächlich in dieser Ebene, im Hauptgeschoß, und in den unteren Bereichen eher weniger. Das hat sich klassisch eingebürgert in den unteren Räumen, die so stark sind von ihrer Charakteristik, dass man dort keine fremden Architekturelemente hineinbringt – außer ein paar Sitzbänke, ein paar Trennungselemente,.. Dabei bleibt’s auch, wir wollen dem Bunker nicht seinen Charakter nehmen, indem wir ihn mit anderen Dingen zustellen.
In den letzten Jahren waren Pflanzen immer sehr präsent beim Festival. Können wir uns wieder auf viel Grün freuen?
Christoph: Die sind nach wie vor dabei, ja, weil es für uns ein wesentliches Instrument, Element ist, mit dem wir dem Raum eine andere Atmosphäre geben können. Diesem schlichten Funktionsbau etwas Warmes, Grünes geben können. Wir werden wieder mit denselben oder ähnlichen Pflanzen arbeiten wie letztes Jahr. Die gedeihen momentan bei den Linzer Stadtgärten. Und wir werden ein paar neue Dinge ausprobieren, es sind ein paar Experimente gestartet worden, die in die Höhe wachsen.
Könnt ihr uns zum Schluss noch ein paar kleine Geheimnisse verraten, was ist neu, was ist bereits geplant, welche Highlights wird es geben?
Jürgen (zu Christoph): Da tun wir uns ein bisschen schwer. Weil es noch so im Fluss ist. Unsere Highlights sind jedenfalls, abseits der Architektur, die ja unser Tagesgeschäft ist, Installationen, die uns besonders freuen. Einfach weil sie uns persönlich ansprechen. Im Bereich der kinetischen Großskulpturen wird es ein paar sehr schöne Dinge geben.
Christoph: Ich denke man sollte die Neugier nicht jetzt schon befriedigen, sondern das Festival besuchen und sich überraschen lassen!
Jürgen Haller, geboren 1973 in Linz, studierte Architektur an der Kunstuniversität Linz. Er ist Mitgründer von pixelhotel von der E-Mobility-Firma b turtle, außerdem Mitinhaber von gentletent gmbh. Christoph Weidinger, geboren in Linz, absolvierte eine Zimmererlehre, bevor er an der Kunstuniversität Linz Architektur studierte. Er ist Initiator von zeroLab, Mitgründer von pixelhotel und Vorsitzender im Architekturforum OÖ (afo). Gemeinsam bilden sie das Team von ANY:TIME ARCHITECTS.
Wie die Ausstellungsarchitektur letzten Endes wirklich aussehen wird, können Sie beim Ars Electronica Festival von 5. bis 9. September 2019 in der POSTCITY in Linz erleben. Um mehr über das Festival zu erfahren, folgen Sie uns auf Facebook, Twitter, Instagram und Co., abonnieren Sie unseren Newsletter und informieren Sie sich auf https://ars.electronica.art/outofthebox/.