Santiago, die Hauptstadt Chiles, und das Ars Electronica Festival in Linz, Österreich, sind über 12.000 Kilometer Luftlinie voneinander entfernt – diesen weiten Weg nehmen auch heuer wieder einige chilenische KünstlerInnen auf sich, um ihre Medienkunstprojekte in der POSTCITY von 5. bis 9. September 2019 einem breiten Publikum zu präsentieren. Der Besuch dieser KünstlerInnen, WissenschaftlerInnen, DesignerInnen, ForscherInnen, UnternehmerInnen und SozialaktivistInnenen aus Chile wird in Zusammenarbeit mit dem Ministerio de las Culturas, las Artes y el Patrimonio, dem Ministerio de Relaciones Exteriores | Gobierno de Chile und Ars Electronica realisiert. Wir stellen euch die chilenischen Projekte vor, die nach einem Open Call ausgewählt wurden und beim Ars Electronica Festival 2019 „Out of the Box – The Midlife Crisis of the Digital Revolution“ zu sehen sind.
Beim ersten Projekt, KHIPU – Electrotextile prehispanic computer von Constanza Piña, dreht sich alles um Datenspeicherung und die Vorfahren der heutigen Zivilisation. Hier werden Informationen nicht auf gewöhnlichen Datenträgern unserer Zeit abgelegt, sondern mittels Knoten auf handgesponnenen Schnüren aus Alpakawolle und Kupferdraht festgehalten. Diese Tradition der Datenspeicherung geht auf die Zeit der Inka zurück, die mit der Knotenschrift „Khipu“ nicht nur Zahlen „notierten“, sondern damit auch untereinander kommunizierten. KHPIU macht die Stimme der Stille hörbar, indem es Daten aus dem unhörbaren Universum um uns wiedergibt – Daten wie die spektrale Klassifizierung der Sterne im Sternenbild des Bärenhüters, aus einem Mondkalender oder aber auch aus Erdbebenmessungen.
Meditative Symbiosis von Jean Danton Laffert, Karin Astudillo und Camilo Gouet ist ein transdisziplinäres Projekt das die gegenseitige Abhängigkeit eines lebenden Organismus und eines elektronischen Systems untersucht. In einem kleinen Gewächshäuschen wachsen Pflanzen der Gattung Soleirolia soleirolii heran. Sensoren messen ihre photosynthetische Aktivität über einen Kohlendioxid-Sensor. Aus diesen Daten entstehen grafische Lichtmuster, die auf die Pflanzen projiziert werden und sie damit je nach Lichtintensität schneller oder langsamer wachsen lassen.
The Life of Crystals von Mónica Bate wendet sich in ihrem Projekt den piezoelektrischen Kristallen zu, wie sie in Sensoren oder anderen elektrischen Bauteilen unserer Technologie vorkommen. Die Kristalle wachsen zunächst für das Projekt heran und werden dann nach ihren besten strukturellen Eigenschaften ausgewählt. In der Ausstellung selbst wird das physische Objekt, der Kristall, ausgestellt und dessen Vibrationen hörbar gemacht.
In ihrer Performance “Vocals” möchten Carla Bolgeri und Francisco Marín die klangliche Kraft der Sprache untersuchen – sowohl als Körpersprache als auch mit der Sprache selbst. Reale und erfundene Sprachen begegnen sich bei diesem Projekt und überschneiden sich hier in Bedeutungen, Klängen, Gesang und Konsonanten mit verschiedenen Stimmformen, produziert von einem Mikrofon, das die Stimme im Raum live verstärkt. Vocals ist eine Einladung, die Bewegungen der Sprache als Fluss von Klangprozessen im Raum und im Körper zu erleben.
Ein weiteres Projekt aus Chile wird „Mezza: Archivo Liberado“ von Sebastian Vidal Valenzuela sein. Seit den 1960er Jahren widmet sich der chilenische Künstler Gonzalo Mezza der Medienkunst und ist in seinem Land Pionier auf diesem Gebiet. Seine poetische Annäherung an die Landschaft, seine reformistische Interpretation der Kunstgeschichte, seine fotografische Erforschung und seine multimediale Installation führten unter anderem dazu, ein Werk zu schaffen, das komplexe Lesarten über Ökologie, Geopolitik, Spiritualität und Medienkultur aufzeigt. Eine Auswahl von Dokumenten und Werken von 1969 bis 1990 – von Videokunst, über Performances bis hin zu Polaroidfotografien – werden bei diesem Projekt präsentiert.
Zu finden sind all die aufgezählten chilenischen Medienkunstwerke von 5. bis 9. September 2019 beim Ars Electronica Festival in Linz, Österreich. Wir freuen uns über euren Besuch!