Seit 2016 kooperiert der internationale Kunststoffhersteller Greiner mit Ars Electronica, um durch einen interdisziplinären Austausch mit Kunstschaffenden über den Tellerrand der eigenen Organisation zu blicken und den Fokus auf neue Ideen und Lösungen zu richten. Am Festival stellen sie das Ergebnis dieser zukunftsorientierten Forschung in Form von fünf Mockups, Produkt-Prototypen, vor. Wir haben mit Vorstandsvorsitzendem Axel Kühner gesprochen, der uns mehr zu dieser Kooperation und den Projekten erzählt hat.
Welche Motivation hat der internationale Kunststoffhersteller Greiner, sich bei einem Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft, der Ars Electronica 2019, einzubringen?
Axel Kühner: Einerseits sehen wir die Unterstützung des Ars Electronica Festivals als Teil unserer gesellschaftlichen Verantwortung an. Andererseits hat die bereits seit 2016 bestehende Kooperation zwischen Ars Electronica und Greiner auch einen ganz eigennützigen Hintergrund. Digitalisierung, Globalisierung, wachsende Kundenansprüche und intensiver Wettbewerb zwingen Unternehmen dazu, Innovationen mit immer größerer Geschwindigkeit auf den Markt zu bringen. Nur wer mutig ist, riskiert und auch neue, manchmal ungewöhnliche Wege geht, bleibt konkurrenzfähig. Und hier kommt die Zusammenarbeit mit der Ars Electronica ins Spiel: diese ist für uns insbesondere im Zuge der technologischen Frühaufklärung wertvoll. Der interdisziplinäre Austausch mit Kunstschaffenden ermöglicht uns über den Tellerrand der eigenen Organisation zu blicken und den Fokus auf neue Ideen und Lösungen zu richten.
Heuer steht das Festival unter dem Thema „Out of the Box: The Midlife Crisis of the Digital Revolution”, die Ars Electronica blickt selbst auf eine 40-jährige Geschichte zurück. Wie hat sich die Digitale Revolution auf die Greiner AG ausgewirkt und wohin wird die Reise gehen?
Axel Kühner: Die digitale Revolution ist eine große Herausforderung und führt zu strukturellen Veränderungen in Gesellschaft und Wirtschaft. Zwischenmenschliche Beziehungen – seien es jene zu Kunden oder private – verändern sich genauso wie Produktionsprozesse und Märkte. Digitalisierung bedeutet vernetzte Produktion, also Industrie 4.0 und neue Geschäftsmodelle wie das Internet of Things. In hochautomatisierten Fabriken wie etwa bei Greiner Packaging, Greiner Bio-One oder Greiner Extrusion steht Industrie 4.0 im Vordergrund, bei Greiner Foam eher das Internet der Dinge. Alle Unternehmensteile der Greiner AG müssen aber an allen Themen gleichzeitig arbeiten, denn Digitalisierung lässt derzeit keinen kalt.
Sie werden heuer fünf verschiedene Mockups, Produkt-Prototypen, vorstellen. Was können wir uns darunter vorstellen und welche Modelle erwartet das Publikum genau?
Axel Kühner: Printed Electronics als Baustein des Internet of Things ist auch im Kunststoffbereich ein Thema. Mittels herkömmlicher Druckverfahren werden elektrische Schaltkreise und Sensorelemente auf unterschiedlichsten Oberflächen angebracht und die Produkte dadurch mit einem Zusatznutzen aufgeladen. Greiner präsentiert am Ars Electronica Festival fünf potenzielle Anwendungen: Das intelligente Fenster analysiert beispielsweise Sonneneinstrahlung und Wetter und passt die Helligkeit des Fensterglases entsprechend an, um Energie zu sparen.
Im Bereich der Mobilität kann ein Akustiksensor für Motorhauben-Ummantelungen Motorstörungen frühzeitig entdecken und Ingenieure bei der Entwicklung neuer Fahrzeuge unterstützen.
Ein weiteres Anwendungsfeld sind Lebensmittelverpackungen. Hier kann gedruckte Elektronik die Zusammensetzung des Verpackungsmaterials nachvollziehbar machen und damit den Recyclingprozess vereinfachen.
Die letzten beiden Prototypen sind aus dem Bereich Medizintechnik und Diagnostik: So werden wir einerseits den intelligenten Urinsammelbecher ausstellen, der Urin fälschungssicher auf Drogen untersucht.
Andererseits zeigen wir ein System zur kontinuierlichen Überwachung von Blutanalysen, das Patientendaten, Untersuchungszeitpunkt und weitere Details festhält und so Verwechslungen bei der Blutentnahme verhindert.
Können Sie uns kurz etwas über den Entwicklungsprozess dieser Mockups erzählen, wie sind die Prototypen entstanden, wer war an der Entwicklung beteiligt und wo könnten Sie in Zukunft zum Einsatz kommen?
Axel Kühner: So ein Entwicklungsprozess besteht immer aus mehreren Schritten und ist sehr komplex. Vereinfacht dargestellt, spürt unsere Gesellschaft für Innovation Management und Technologiefrühaufklärung – die Greiner Technology & Innovation – in einem ersten Schritt Trends und Chancen auf, die neue Erfolgspotenziale, bei uns Opportunities genannt, bergen. Danach folgt ein mehrstufiger Auswahlprozess, bei dem interne und externe Experten diese Opportunites bewerten. Am Ende steht die Entwicklung von Prototypen und die Übergabe skalierbarer Geschäftsmodelle mit neuen Produkten und Dienstleistungen.
Die gedruckte Elektronik ermöglicht eine Vielzahl von Anwendungen, die hauptsächlich in den Bereichen Energie, Elektronik, Medizintechnik, Automobil, sowie Luft- und Raumfahrt liegen und mit konventioneller Elektronik nicht umsetzbar wären.
Axel Kühner ist Vorstandsvorsitzender der Greiner AG.
Credit: Greiner AG
Die Projekte der Firma Greiner werden am Ars Electronica Festival 2019 im The Practice of Art and Science Bereich in der POSTCITY zu sehen sein. Nähere Informationen finden Sie hier.
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