Quantum Logos – Ein künstlerischer Zugang zur Quantenphysik

QuantumLogosVS.14,

Es gilt die meist verbreitete Meinung, Quantentheorie sei unverständlich und unlogisch. Damit soll jetzt Schluss sein! Die Quantum Travelers, bestehend aus dem Medienkünstlerduo Mark Chavez und Ina Conradi, der Sci-Art-Produzentin und Entwicklerin Bianka Hofmann und dem Wissenschaftskommunikator Bob Kastner, haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Quantenforschung durch künstlerische Zugänge fassbarer zu machen. Das kunstwissenschaftliche Kollektiv zielt darauf ab, mit Hilfe kultureller Metaphern anspruchsvolle und entscheidende wissenschaftliche Konzepte künstlerisch zu beschreiben.

Im Deep Space 8K feiert ihr erstes gemeinsames Projekt „Quantum Logos“ Premiere während des Ars Electronica Festival 2019. „Quantum Logos“ ist eine immersive, reaktive audiovisuelle Erfahrung, die die Grundlagen der Quantentheorie erforscht, ausgedrückt in kulturellen Archetypen. Mit modernsten Echtzeit-Animationstechniken versuchen sie, neue Einblicke in grundlegende Naturphänomene zu gewinnen und Fragen zu bestätigen, die wissenschaftliche Beobachtungen hinsichtlich der Natur des Daseins erzwingen.

Wir haben mit den Quantum Travelers gesprochen und erfahren, was uns beim Ars Electronica Festival erwartet.

Credits: Mark Chavez

Bob Kastner, Sie haben sich mit Mark Chavez, Ina Conradi und Bianka Hofmann zum ArtSci-Kollektiv „Quantum Travelers“ zusammengeschlossen. Was ist das Ziel?

Bob Kastner: Im Team experimentieren wir mit neuen Formaten der Wissenschafts- und Kunstvermittlung. Dazu haben wir die Quantenforschung aus mehreren Gründen gewählt: Sie ist nicht direkt verständlich also unserer menschlichen Logik unzugänglich. Zudem werden die Anwendungen der Quantentechnologie unsere Gesellschaft früher verändern als wir denken. Die Performance „Quantum Logos“ ist unsere erste gemeinsame Arbeit und ein programmatisches Signal für die künftigen Vorhaben der Quantum Travelers. Parallel verfolgen wir zwei Narrative: Das eine sind die Anwendungen wie Quanten Computer, Quanten Simulatoren, Kryptographie und das Quanten Internet. Diese revolutionären Technologien werden definitiv unsere Gesellschaft wesentlich mitgestalten.

Einen zweiten Erzählstrang bieten wir mit den wissenschaftlichen Grundlagen der Quantenmechanik. Wir erfassen ihre paradoxe Logik, die sich dem direkten Zugang über unsere Sinne verschließt. Künstler eröffnen jedoch neue Wege zum Verständnis. Unser künstlerischer Zugang ist keineswegs reduziert auf die alleinige Kommunikation der wissenschaftlichen Ergebnisse. Wissenschaft und Kunst arbeiten auf dem gemeinsamen Terrain: Logische Begründung, Intuition und Neugier. Dabei führen wir die wissenschaftlichen und künstlerischen Eingebungen an intellektuelles Wissen heran und machen damit Quantenphänomene dem menschlichen Verstand zugänglich. Wir kreieren neue visuelle, verbale und akustische Metaphern – ein neues „Quanten Alphabet“ – um das Quanten Universum besser „fassbar“ darzustellen. Wir verstehen uns als Reisende um Architekturen – sprachliche Architekturen – zu erkunden um Hochschulen und Unternehmen bei der Entwicklung der Kommunikationsmöglichkeiten der Quantentechnologie zu unterstützen.

Das erste Ergebnis, das Kunstwerk „Quantum Logos“ von den Künstlern Mark Chavez und Ina Conradi, feiert Prämiere im Deep Space 8K des Ars Electronica Center, während des Ars Electronica Festival 2019. Worum geht es dabei?

Mark Chavez: Quantum Logos ist unser Versuch kulturelle Archetypen oder Metaphern heranzuziehen um sich an die Quantenphysik anzunähern. Wir entwickeln eine poetische Bildwelt um das Quanten Universum zu repräsentieren. Wir haben die Visualisierung der existentiellen Natur bei den Frühkulturen betrachtet. Viele davon haben Merkmale im Design, wie sie auch mathematische Formeln und Diagramme in der heutigen Quantenphysik zeigen. Das hat uns begeistert und wir waren ermutigt eine Designsprache zu verwendet, die auch vergangene Kulturen als Archetypen und Metaphern ähnlich entwickelt haben. Zum Beispiel finden sich die spiralartigen Galaxien in ähnlichen Darstellungen der Urvölker auf Felsformationen wider. Wenn wir die Quantenphysik mit kulturellen Metaphern erkunden, schaffen wir beides: Wir repräsentieren die paradoxe „spooky“ Logik der Quantenmechanik und integrieren die Bilderwelt mit vergleichbarer Inspiration, die Urvölker nutzten um ihre Existenz zu erahnen. Wir nutzen mit heutigem Verständnis die Existenzfindung in verschiedenen Kulturen und reflektieren aus moderner Sichtweise die Naturphänomene in unserem mythischen Gedächtnis. So begannen wir die Quantenphysik auf dem Hintergrund kultureller Archetypen zu erforschen und holten unsere Inspiration aus den Weltbildern der kulturellen Frühzeit. Die Sonne war beispielsweise immer schon bedeutend für zahlreiche alte Hochkulturen. In der Quantenphysik wird die Sonneneffekte als Energiequelle beschrieben, deren Gravitationskräfte sich um ihre Raumfelder wölben. Diese Quanteneffekte werden in der Quantenbiologie in der Photosynthese der Bäume evident. Wir verwenden eine vergleichbare Bildwelt um diese Sonneneffekte in einer modernen visuellen Sprache darzustellen. Ebenso ziehen wir auch Wellenformen heran und zwingen sie in Interferenzen. So entstehen inspirierte Bilder vergleichbar mit den interferierenden Wellenmustern des Doppelspalt Experiments.

Und warum findet die Premiere hier statt?

Ina Conradi: Seit 40 Jahren hat die Ars Electronica eine einzigartige kreative Plattform geschaffen, um zukunftsinspirierter Kunst eine Bühne zu bieten und erlaubt den Künstlerinnen unbekannte Wege zu erkunden. Diesmal bin ich mit Mark zum fünften Mal mit einer Performance im Deep Space vertreten. Immer wurde ein neues Forschungsfeld eröffnet und hat dazu beigetragen unseren Kunstprozess besser zu verstehen. Jedes Mal konnten wir unsere ureigenen künstlerischen Realitäten im Deep Space rekonstruieren und gemeinsam mit den Teinehmerinnen mit neuen Bedeutungen ausstatten. Mit „Out of the Box – the Midlife Crisis of the Digital Revolution“ geht die Ars Electronica im Deep Space mit räumlichen und ästhetischen Kategorien einen bedeutenden Schritt weiter. Mit der Integration von Theater, Film und in der Interaktion mit der Wissenschaft, eröffnen wir ein neues kommunikatives Potential. „Quantum Logos“ – so hoffen wir – wird die Teilnehmerinnen dazu bewegen das Quanten Universum auf einer unbewussten Ebene zu erfassen.

Bianka Hofmann: Der Deep Space 8K bietet uns in der Tat immer wieder einen erweiterten Blick auf die Welt und bestärkt sowohl Wissenschaftler als auch Künstler in der Fähigkeit, neue Realitäten und auch neue Kommunikationsformen zu konstruieren, um sich der Realität zu nähern. Ich hatte die Möglichkeit mehrere Kurzfilme für die Wissenschaftskommunikation für den Deep Space zu produzieren. Im Kern bietet er nicht nur die Vorteile moderner audiovisueller Technologien um aktuelle komplexe Entdeckungen zu vermitteln sondern er unterstützt auch neue Wege wissenschaftliche Ideen und Konzepte dem Publikum erlebniszentriert zugänglich zu machen. Das wird im Deep Space nicht nur durch großartige visuelle Eindrücke erzielt. Die Teilnehmerinnen werden selbst in Bewegung gesetzt, können umhergehen und bauen eine sinnlich physische Beziehung zur immersiven Bilderwelt auf. Die Infotrainerinnen und Infotrainer involvieren das Publikum, interagieren mit ihm, beantworten Fragen – das macht den Deep Space zu einem einzigartigen Ort, um Wissenschaft und Kunst zu erkunden und zu kommunizieren.

Das Kunstwerk ist „reaktiv“. Wie reagiert es auf die Besucherinnen und Besucher im Deep Space?

Mark Chávez: Wir benutzen das Pharus-Tracking-System im Deep Space. In unserem Werk nimmt das Publikum bereits am Anfang, während der narrative Teil abgespielt wird, teil, als Bestandteil der Projektionsfläche auf den Boden. Sie betreten den Deep Space und ihre Anwesenheit ist bereits Teil des Films. Nachdem die primäre Erzählung gespielt wurde, laden wir eine ausgewählte Anzahl von Zuschauern dazu ein, selbst im repräsentierten Quantenfeld zu spielen, das im Deep Space visualisiert wird.

Am Festival-Samstag findet auch das Networking-Event „Entanglement Ongoing“ statt…

Bianka Hofmann: Ja, die Networking-Veranstaltung findet unmittelbar nach der Vorführung von Quantum Logos statt, bei der die Besucherinnen und Besucher eine immersive, interaktive, visuelle und akustische Annäherung an Quanteneffekten erlebt haben. Wir werden kurze, vertiefende Statements vorlegen, die alle unsere Erfahrungshintergründe einschließen: Ich werde mit dem Thema beginnen, warum wir neue Wege in der Kommunikation von Quantentechnologie ausloten. Danach folgt Mark Chavez, der Details zur künstlerischen Arbeit Quantum Logos ausführen wird. Bob Kastner wird von zukünftigen Anwendungen der Quantentechnologie und ihre möglichen Einflüsse auf die Gesellschaft berichten. Professor Ursin vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) in Wien wird seine Sicht als Physiker beitragen. Wir werden mit den Besucherinnen und Besuchern darüber sprechen, wie wir gemeinsam – Wissenschaftlerinnen und Künstlerinnen – in der Wissenschaftskommunikation ein neues Vokabular schaffen.

Der Deep Space 8K im im Ars Electronica Center hat während des Ars Electronica Festival von 5. bis 9. September 2019 von Donnerstag bis Samstag von 10:00 bis 20:00, am Sonntag von 10:00 bis 24:00 und am Montag von 10:00 bis 18:00 geöffnet. Das gesamte Deep Space Programm zum Festival finden Sie auf unserer Webseite.

Um mehr über Ars Electronica zu erfahren, folgen Sie uns auf FacebookTwitterInstagram und Co., abonnieren Sie unseren Newsletter und informieren Sie sich auf https://ars.electronica.art/.

, , , ,