Als Teil der Vortragsreihe „Future in a Nutshell“ spricht Michael Haller, Professor am Fachbereich Interaktive Medien der Fachhochschule Oberösterreich und Gründer und Leiter des Media Interaction Lab, am Open Innovation Center der JKU über Imperceptible Textile Interfaces. Die von Ars Electronica bereits zum wiederholten Mal organisierten Talks werden exklusiv für MitarbeiterInnen des Unternehmens Greiner Technology & Innovation angeboten und setzen sich über mehrere Monate hinweg in Vorträgen verschiedener ExpertInnen, lokaler WissensträgerInnen aus Oberösterreich, mit den wichtigsten Entwicklungen und technologischen Trends der nächsten zehn Jahre auseinander. In vergangenen Veranstaltungen hielt etwa Computerwissenschaftler Sepp Hochreiter einen Vortrag zum Thema „Künstliche Intelligenz“, Alois Ferscha, Professor an der Johannes Kepler Universität Linz, sprach über das „Internet der Dinge“, Claudia Novak, Kommunikationsexpertin und Kuratorin von TEDxLinz, gab Inputs zu Fehlern und Johannes Braumann sprach zum Thema Kreative Robotik. Michael Haller setzt jetzt diese Serie fort und hat uns vorab erzählt, welche Möglichkeiten in Textilien stecken und wie diese zukünftig zum Einsatz kommen können.
Sie haben 2004 das Media Interaction Lab an der Fachhochschule Hagenberg gegründet. Können Sie uns kurz die Gründungsgedanken, die beteiligten Personen und die Forschungsrichtung erläutern?
Michael Haller: Das Media Interaction Lab (MIL) ist eines der führenden österreichischen Forschungslabors im Bereich Human Computer Interaction. Das Labor ist Teil des Departments für Digitale Medien der FH Oberösterreich, Campus Hagenberg, und kombiniert technisches Know-how mit gestalterischer Expertise, ausgehend von einem grundlegenden Verständnis der BenutzerInnen und deren Bedürfnisse. Schwerpunkte sind dabei die Erforschung und Entwicklung von Computerschnittstellen von morgen. Das Lab wurde 2004 gegründet und zählt somit zu einem der ersten Labs der FH OÖ. Im COMET Projekt „TextileUX“ wird derzeit gemeinsam mit der Johannes Kepler Universität und der Kunstuniversität Linz wie auch weiteren ForschungspartnerInnen an smarten drucksensitiven Textilien (Gewebe, Gestricke etc.) geforscht, welche derzeit vor allem in der Automobilindustrie Anwendung findet.
Wie Sie gerade auch schon erwähnt haben, forschen Sie momentan hauptsächlich zu „Imperceptible Textile Interfaces“, also zu kaum wahrnehmbaren textilen Schnittstellen. Könnten Sie bitte kurz erklären, worum es in dieser Forschung geht?
Michael Haller: Das primäre Ziel von TextileUX – Imperceptible Textile Interfaces, ist die Entwicklung drucksensitiver Textil-Sensoren, mit denen Kleidungsstücke oder Alltagsgegenstände zu smarten Interfaces transformiert werden können. Da sie sich unaufdringlich in die Umgebung einbinden lassen, bieten Textilien eine optimale Lösung, um solche Schnittstellen von morgen zu entwickeln.
Wie werden diese („Imperceptible Textile Interfaces“) Technologien die Arbeitswelt in Zukunft beeinflussen und verändern, worin liegen die Potenziale aber auch die Schwierigkeiten?
Michael Haller: Textilien haben mit Informatik mehr zu tun, als man gemeinhin glauben würde. Im ersten Moment denkt man an die Skihaube oder die Socken, die man zu Weihnachten eigentlich nicht mehr haben möchte. In dem von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG geförderten Projekt TextileUX will das Media Interaction Lab in den kommenden vier Jahren das Wissen aus der Textilkunst wieder zurück an die Informatik binden. Reizvoll mache dieses Vorhaben die Tatsache, dass Hardware immer kleiner gebaut werden kann: Noch nie war es so gut möglich, damit an Textilien anzudocken. Ziel ist es, ein drucksensitives Garn zu entwickeln, welches dann verwoben und verstrickt werden kann. Es handelt sich dabei um einen hauchdünnen beschichteten Faden in der Dicke von 80 bis 120 µm, also in etwa in der Dicke eines Haars. Solche Garne können aufgrund ihrer Feinheit unproblematisch in Textilien eingenäht werden sowie zum Stricken und Weben verwendet werden. Das Gestrick und die Gewebe können nicht nur den Druck messen, sondern in Kombination mit anderen Garnen auch zum Leuchten gebracht werden, Feuchtigkeit messen oder erhitzt werden. In TextileUX konzentriert sich das Media Interaction Lab derzeit auf den Automobilsektor und kooperiert dazu unter anderem mit BMW, Volkswagen und KTM.
Die Arbeit des Kunststoffherstellers Greiner und Ihre – sehen Sie da Parallelen beziehungsweise inwieweit könnten Unternehmen von ihrer Arbeit profitieren?
Michael Haller: Es wird in Zukunft auch smarte Kunststoffoberflächen geben, die mehrere Funktionen übernehmen. Analog zur Textil-Welt werden hier sicherlich neue Interfaces entstehen mit dem gleichen Ziel: Gewicht zu reduzieren um gleichzeitig die User Experience zu erhöhen.
Können Sie zum Schluss noch auf ein Interface, an dem Sie aktuell arbeiten, näher eingehen?
Michael Haller: Ein Beispiel ist der Einsatz im Fahrzeug, z.B. iNEXT von BMW: Dabei erwacht der Jacquard Stoff auf Berührung zum Leben und erlaubt die Steuerung der Musikwiedergabe. So werden aus unscheinbaren Oberflächen im Handumdrehen Bedienelemente von morgen.
Michael Haller ist Professor am Fachbereich Interaktive Medien der Fachhochschule Oberösterreich (Hagenberg, Österreich), wo er Gründer und Leiter des Media Interaction Lab (www.mi-lab.org) ist, verantwortlich für Computergrafik und Mensch-Computer-Interaktion. Seine Kernkompetenzen sind Smart Graphics und die Entwicklung von Benutzeroberflächen der nächsten Generation. Er hat einen Dipl.-Ing. (1997), Dr. techn. (2001) und promovierte an der Johannes Kepler Universität Linz, Österreich. Sein aktueller Schwerpunkt liegt auf innovativen Interaktionstechniken und intelligenten Schnittstellen für Arbeitsumgebungen der nächsten Generation. Derzeit leitet er ein Team von über 10 ForscherInnen und Studierenden. Er wurde mit dem Erwin Schrödinger Fellowship Award, Google Research Award, Europrix Top Talent Award, Best ACM SIGGRAPH Emerging Technologies Award und Microsoft Imagine Cup ausgezeichnet. Sechs seiner Veröffentlichungen wurden als beste Arbeit oder lobende Erwähnung an führenden HCI-Standorten wie ACM CHI und ACM UIST ausgezeichnet.
Im Rahmen der Vortragsreihe „Future in a Nutshell“ spricht Michael Haller auf Einladung des Kunststoffherstellers Greiner am Open Innovation Center der JKU über Imperceptible Textile Interfaces. Die Vortragsreihe wurde von Ars Electronica Export organisiert. Mehr über Ars Electronica Export erfahren Sie hier.
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