Smart Home – Sweet Home?

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„Smart Home – Sweet Home?“ ist der Titel der Ausstellung, die Ars Electronica Solutions für die Arbeiterkammer Salzburg umgesetzt hat. Es ist dies nicht die erste Ausstellung, die gemeinsam mit der Arbeiterkammer realisiert wurden – so war in Wien bereits „Out of Control“ zu Gast – auch dort steht der Spannungsbogen zwischen gesteigerter Lebensqualität und dem Verlust der Privatsphäre im Mittelpunkt. In Salzburg nun die Konzentration auf das intelligente Zuhause.

Beginnend mit Oktober 2019 werden in Salzburg und den Arbeiterkammer-Bezirksstellen in Zell am See, Bischofshofen, Tamsweg und Hallein für ein Jahr lang die Auswirkungen der immer weiter fortschreitenden Digitalisierung auf unseren Alltag betrachtet. Wir haben mit Thomas Viehböck, Projektleiter bei Ars Electronica Solutions, gesprochen, um mehr zu erfahren.

Welche Smart Devices hast du selbst zu Hause? Und welche würdest du niemals bei dir einziehen lassen?

Thomas Viehböck: Bei mir zu Hause hat ein kleines Tablet die meisten Printmedien abgelöst und mein Smart-TV hat Internetzugang, um Videos abzuspielen. Ein Sprachassistenz-System wie Alexa kommt mir aber in nächster Zeit nicht ins Haus.

Credit: My Trinh Müller-Gardiner

Worin liegt das größte Potential smarter Technologien?

Thomas Viehböck: Wir Menschen nutzen Technologie, um unser Leben zu vereinfachen und unsere Möglichkeiten zu erweitern. Durch Vernetzung und Automatisierung nimmt uns ein smartes Zuhause Arbeit ab, hilft wertvolle Energie zu sparen und erhöht Sicherheit und Bequemlichkeit.

Welche smart Devices bekommen deiner Meinung nach zu wenig Aufmerksamkeit und warum?

Thomas Viehböck: Die meisten derartigen Produkte am Markt versprechen unser Leben zu vereinfachen, aber manche smarten Technologien können Menschen mit Krankheiten oder Beeinträchtigungen das Leben retten! Gerade in den Bereichen der Alten- und Krankenpflege werden smarte Systeme entwickelt, die älteren und pflegebedürftigen Menschen erlauben, länger selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden zu wohnen. Möglicherweise ist aber diese Zielgruppe für die Produzenten von Smart Home Produkten nicht – oder noch nicht – interessant genug, um entsprechend beworben zu werden.

Credit: My Trinh Müller-Gardiner

Wie seid ihr an die Ausstellung „Smart Home – Sweet Home?“ rangegangen? Was sollte unbedingt thematisiert werden?

Thomas Viehböck: In mehreren Gesprächen und Abstimmungen mit dem Kunden hat sich schnell herauskristallisiert, dass die Technologie im smarten Zuhause eine der Spitzen des riesengroßen Eisbergs „Digitalisierung“ darstellt. Wir wollen damit auch ein Bewusstsein dafür schaffen, dass sich praktisch jeder Aspekt des täglichen Lebens in Form von Daten erfassen und verarbeiten lässt. Die Ausstellung wurde derart angelegt, dass sich für die speziell geschulten Arbeiterkammer-MitarbeiterInnen – die „Guides“ – überall Einstiegspunkte zum Dialog mit BesucherInnen bieten, um gemeinsam die Auswirkungen des technischen Fortschrittes und die Sammlung und Nutzung dieser Daten zu thematisieren und zu diskutieren.

Welche Zusammenhänge bestehen mit der Ausstellung „Out of Control“?

Thomas Viehböck: Hier wie dort ist die Sammlung und Nutzung von Daten und Informationen über die Menschen ein zentrales Thema. Beide Ausstellungen vermitteln Einsichten darüber, wie sich der Fortschritt vernetzter, digitaler Technologie auf das Leben jedes Einzelnen auswirkt und sich vielleicht in der Zukunft weiter auswirken wird.

Welches ist deine Lieblingsinstallation?

Thomas Viehböck: Ich persönlich mag die 3D-Folienbrillen. Die sind so herrlich old-school und geben der Ausstellung (und ihren BesucherInnen) einen ganz besonderen Charme.

Credit: My Trinh Müller-Gardiner

Kriegt man wirklich seine Wunschpizza beim gedankenlesenden Pizzaofen?

Thomas Viehböck: Das ist eine gute Frage! Unsere Installation nutzt ja einen sehr einfachen Algorithmus um festzustellen, welchen Pizzabelag man mag. Richtig spannend wird es, wenn zukünftig tatsächlich selbstlernende KI-Systeme genutzt werden, um unsere Entscheidungen vorherzusehen bevor wir sie überhaupt bewusst getroffen haben!

Zu guter Letzt: Wie gefährlich schätzt du die totale Vernetzung ein?

Thomas Viehböck: Nun, meiner persönlichen Empfindung nach ist Vernetzung an sich – möge sie nun total sein oder nicht – prinzipiell neutral zu sehen. Allerdings stärken die überall ersichtlichen Auswirkungen eines immer rücksichtsloseren Kapitalismus, die offenkundige Gier und der unstillbare Machthunger, mit dem globale Firmen agieren nicht unbedingt mein Vertrauen in einen ethischen Umgang mit der damit verbundenen Verantwortung.

Credit: My Trinh Müller-Gardiner

Thomas Viehböck ist Künstler und Projektleiter bei Ars Electronica Solutions. Geboren 1975 in Linz machte er sich nach der Matura am Kollegium Petrinum selbstständig und eröffnete mit einem Freund das „Starmill Studio“ in der Sternmühle in Marchtrenk. Parallel zu seiner Tätigkeit als Musiker und Musikproduzent baute er seine Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich der Ton- und Computertechnik aus, darunter eine abgeschlossene Lehre in IT-Technologie und die Tätigkeit als Systemadmistrator im Internetcafé „Café Online“ in Wels. Ab 2011 arbeitete er als Infotrainer und Arealsverantwortlicher für das RoboLab und das VRLab im Ars Electronica Center und wechselte 2019 zu Ars Electronica Solutions, wo er seitdem als Projektleiter tätig ist.

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