Home Delivery Konferenz: Von Minecraft Universitäten und digitalen Museen

cyberballet_2000x1000, CyberBallet by CyberRäuber (DE)

In diesem Jahr finden die Konferenzen, Vorträge und das Workshop-Programm weitgehend über unsere Online-Kanäle statt. Am Samstag werden Renata Schmidtkunz und Walter Ötsch einige Panels mit hochkarätigen Gästen kuratieren und moderieren. Die Night Keynotes sind mit den renommierten Referent*innen Neri Oxman, Lynn Hershman Leeson und Joanna Bryson besetzt. Das Art Thinking Forum ist eine neue Plattform zur Erörterung der künftigen Rolle der Kunst in Hinblick auf Spitzenprojekte in diesem Bereich. Auch das AI Lab bietet rund um das Kernthema ebendieses European ARTificial Intelligence Lab eine Reihe an Konferenzen und Workshops an.

Ein bereits bekanntes Format, der STARTS Day, bietet Online-Vorträge, Podiumsdiskussionen und Networking-Sitzungen über das Potenzial sich entwickelnder zukünftiger Innovationsträger sowie eine vorab aufgezeichnete Tour. Weitere Fixpunkte sind das Prix-Forum, in dem die preisgekrönten Künstler*innen des Prix Ars Electronica ihre Arbeiten erläutern, und das diesjährige Expanded Animation Symposium Appeal of the Analog. Last but not least beschäftigt sich die Home Delivery Konferenz mit dem Status quo und der Zukunft kultureller Online-Inhalte.  

Genau an dieser Stelle möchten wir einhaken. Was trocken und theoretisch klingen mag, dahinter verbergen sich nämlich zahlreiche spannende Ansätze, weil man nicht nur wegen Covid-19 das kulturelle Leben in den digitalen Raum verlegen kann. Einige dieser tollen Ansätze, die im Zentrum der Home Delivery Konferenz stehen werden, stellen wir euch hier vor: 

Blockeley: Die erste Minecraft Universität

Blockeley ist eine virtuelle Abbildung des Universitätscampus Berkeley in dem Videospiel Minecraft. In Minecraft können die Spieler*innen Konstruktionen aus zumeist würfelförmigen Blöcken in einer 3D-Welt bauen. Diese Welt kann man erkunden, man kann Ressourcen sammeln, gegen Monster kämpfen und die Blöcke zu anderen Gegenständen weiterverarbeiten. 

Diese digitale Repräsentanz ihres Campus, der durch Covid-19 von einem Moment auf den anderen zum Geisterort wurde, haben Alumni und STudierende der Universität Berkeley erschaffen, um sich nicht ganz aus den Augen zu verlieren, um die Gemeinschaft aufrecht zu erhalten, um dem Lockdown einen Sinn zu geben: 

„Willkommen an der Blockeley-Universität, einer von Studierenden und Alumni betriebenen Non-Profit-Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, Solidarität und Sinnstiftung unter Hochschulstudierenden und jungen Erwachsenen in Folge von COVID-19 zu schaffen.”

Das Interesse nahm stetig zu, so die Initiator*innen, und in Kürze konnten mit immer mehr und mehr Baumeister*innen über 30 Gebäude gestaltet werden.  

CyberBallet: Theater braucht VR und VR braucht Theater 

„Wir lieben Theater und glauben an die narrative Kraft von VR: Wenn VR funktionieren will, braucht es Interaktivität, ein Gefühl für die Allgegenwart des Publikums, Konzentration auf Darsteller*innen und Handlung. Und es braucht kraftvolle Geschichten. Theater braucht VR. VR braucht Theater.”  

CyberBallet von den Cyberräuber ist ebenfalls ein Projekt, das durch Covid-19 in seiner jetzigen Form entstanden ist. Ursprünglich als Live-VR-Installation geplant, wurde der Veranstaltungsort ins Virtuelle verlegt. Es entstand eine Performance vor einem Live-Publikum, das den virtuellen Raum mit seinen Avataren und den Performern auf einer sozialen VR-Plattform teilt.   

Logistisch gesehen hat sich viel verändert: Wir mussten nicht nur eine ganz neue Bühne bauen und eine Mechanik entwickeln, um die Aufführung vor einer lebenden Menge zu dirigieren. Wir mussten auch darüber nachdenken, wie eine Bühne funktioniert, wenn die üblichen Theaterkonventionen und erlernten modi operandi einfach nicht anwendbar sind.   

Nach Abschluss öffentlicher Proben, in denen beide Seiten den neuen Modus erlernt haben, wird das Werk jetzt beim Ars Electronica Festival erstmals vor Publikum uraufgeführt  

Cultural Places: Der digitale Reiseführer

Cultural Places bezeichnet sich selbst als „All-In-One-Plattform“ für Kultur und Tourismus. Mittels moderner Technologie kann man mit dem Programm digital statt mit dem Tourguide durch die Altstadt von Wien, durch berühmte Museen und an Sehenswürdigkeiten vorbei spazieren. Zielgruppe sind die Kulturtourist*innen des 21. Jahrhunderts, das Mittel dafür ist eine Community-basierte Plattform und potenzielle Partner sind alle Kultur- und Tourismusbetriebe und -einrichtungen, die ebenjene Zielgruppe ansprechen wollen.

„Cultural Places vereint alles, was für Kulturreisende vor und während ihres Trips interessant ist: kuratierte Online-Guides, standortbezogene Informationen, Reiseplanung und Navigation. Gleichzeitig bietet unsere innovative Plattform die Möglichkeit für Kulturinstitutionen und Tourismusregionen, tausende Reisende und BesucherInnen via Smartphone zu erreichen.“

Benutzer*innen können sich einzelne Touren kaufen, die per App oder online verfügbar sind. Mit der Tour bekommt man einen Audioguide, der einen mitnimmt auf eine Reise an reale Orte und deren Geheimnisse dabei offenbart – wie es ein guter Reiseführer*in eben vermag. Nicht nur in COVID-19 Zeiten ist es ein interessantes Konzept, Kultur und damit verbundene unbekannte Plätze vom Sofa aus zu erleben.

Networked Archives: Das digitale Archiv

Im Networked Archives Panel stellen renommierte Medienkünstler*innen ebenso wie Organisationen und Wissenschaftler*innen ihre Ansätze zur digitalen Archivierung von Medienkunst aus. 

In einer Welt, in der wir mehr und mehr auf Online-Inhalte angewiesen sind, bilden Medienkunstarchive und -plattformen keine Ausnahme. Das Panel Networked Archives befasst sich mit ihrer Rolle bei der Online-Bereitstellung von Medienkunst und beleuchtet verschiedene Ansätze in diesem Bereich. 

Über ihre aktuellen Projekte sprechen Oliver Grau (DE), Dagmar Schink (AT), Christiane Paul (DE/US), Mariano Sardón (AR) und Rafael Lozano-Hemmer (MX/CA) unter der Moderation von Manuela Naveau (AT). Unterstützt wird dieses Panel vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, Öffentlichen Dienst und Sport.  

Vor der Podiumsdiskussion wird Medienkünstler Rafael Lozano-Hemmer ein Impulsreferat halten. Er beschäftigt sich bereits seit fünf Jahren mit der Entwicklung eines Verfahrens, das seinem Atelier bei der Wartung von Hunderten von digitalen Kunstwerken helfen soll, die sich in Sammlungen auf der ganzen Welt befinden.  

Spätestens nach diesem Panel, wird uns allen die Bedeutung von Onlinearchiven und Medienkunstplattformen und deren Zugänglichkeit in der Zukunft bewusst. Wer sich bereits während des Festivals näher mit Archiven beschäftigen möchte, dem sei das Online Archiv des VALIE EXPORT Centers sowie der STWST ans Herz gelegt.  

Cuseum: Das digitale Museum 

Das Museum muss sich im digitalen Zeitalter neu erfinden, sind die Macher*innen der Plattform “Cuseum” überzeugt.  

Die Art und Weise, in der Besucher erleben und lernen, entwickelt sich schneller denn je. Sollte sich in diesen aufregenden Zeiten nicht auch die Art und Weise, wie Sie sich für sie engagieren, weiterentwickeln? Wir bei Cuseum haben es uns zur Aufgabe gemacht, Museen und Kultureinrichtungen dabei zu unterstützen, das Besucherengagement durch eine Vielzahl von digitalen Werkzeugen zu beschleunigen.“  

Cuseum ist ein amerikanisches Startup, das Produkte wie Apps, digitale Mitgliedskarten und eine Augmented-Reality-Plattform für Museen, öffentliche Attraktionen und kulturelle Non-Profit-Organisationen entwickelt. Im AR-Bereich haben sie zum Beispiel in Zusammenarbeit mit dem Museum für Angewandte Kunst (MAK) eine AR-Version des Lebensbaums von Gustav Klimt geschaffen.  

.Art: Die Domain der Kunstwelt

Habt ihr schon von DotArt (.Art) gehört? Wenn nicht bewusst, dann zumindest unbewusst, als ihr unsere Seite besucht habt, denn Ars Electronica benutzt bereits seit 2019 die Domain ars.electronica.ART.  

.art ist die digitale Domain der Kunstwelt, frei von industriellen und geografischen Zwängen. Es ist ein Ort, an dem Künstler, Institutionen, Fachleute und Kreative eine klare und prägnante Website-Adresse registrieren und so ihre Zugehörigkeit zur Kunstwelt markieren können.  

Weltweit gibt es bereits 75.000 vergebene Domains, so das unternehmen. Die Mitglieder von .art reichen von Peru bis Japan und decken sogar entlegene Winkel der Welt wie Aruba, Nepal und die Färöer-Inseln sowie über 150 weitere Länder ab. Besonders angesprochen werden sollen Museen, Galerien, Ausstellungsräume, Kunst-Institutionen, Kunstsammlungen von Unternehmen, Künstler*innen, Kunsthandwerker*innen und andere Kreative, Veranstaltungen in diesem Bereich sowie jegliche Leidenschaften und Interessen, die im weitesten Sinne mit Kunst zu tun haben.  

IZNEO: Online Comics on Demand 

Zeitungen verlegen sich ins Digitale, Bücher werden mittels E-Reader konsumiert und das Lesen generell verschiebt sich vom gedruckten Blatt auf dem Bildschirm. Aber was ist eigentlich mit Comics? Hier setzt IZNEO an, das sich selbst als ersten offiziellen und legalen Online-Comic-Leseservice begreift. 2010 von mehreren großen französischen Comic-Verlagen ins Leben gerufen. Der izneo-Katalog, der circa 55.000 Comics von 250 Verlagen und Zeichner*innen umfasst, ist für alle Comic-Genres offen und wird jeden Monat um weitere neue Alben erweitert. Verfügbar ist der Service nicht nur für mobile Geräte wie Smartphone und Tablet, sondern auch für Spielkonsolen wie Nintendo Switch. IZNEOs erklärtes Ziel:  

Der Auftrag des IZNEO: Erweitern der Leserschaft digitaler grafischer Geschichten und Ermöglichen des Zugriffs auf den größten Katalog zu jeder Zeit, an jedem Ort und mit jedem Gerät.” 

https://www.youtube.com/watch?v=n00eSLFl8sA

Mehr interessante Projekte könnt ihr bei der Home Delivery Konferenz am Ars Electronica Festival am Donnerstag, 10. September, entdecken. Unser ganzes Konferenz Programm findet ihr unter: https://ars.electronica.art/keplersgardens/conferences-lectures-talks/ 

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