von Martin Honzik
Das Wortspiel im Ausstellungstitel beschreibt nicht die zynische Sicht auf menschliches Handeln, sondern verweist auf die menschliche Evolution, um sie der technischen Entwicklung direkt gegenüberzustellen. Die in der Ausstellung präsentierten künstlerischen Projekte verweisen auf die zahllosen Entwicklungsschritte der Menschheit selbst, die uns in unserer Selbsteinschätzung zur dominierenden und einzigen Kraft auf diesem Planeten gemacht haben. Die Ausstellung stellt diese Entwicklung und die daraus resultierenden Auswirkungen einander direkt gegenüber, um sich mit dem Schatten unseres Ruhms und nicht mit unseren Errungenschaften an sich zu beschäftigen. Gezeigt werden künstlerische Positionen, die sich mit dem menschlichen Handeln auseinandersetzen und allem voran die daraus resultierenden dramatischen Folgen untersuchen. Konsequenzen, die in ihrer Dimension und Dramatik unübertroffen sind, doch direkt und indirekt mit dem menschlichen Handeln und Gestalten zusammenhängen. Wir sprechen von Folgen, deren Auswirkungen unseren Planeten tiefgreifend verändert haben; von einer „neuen Welt“, die einen Aufbruch zu neuen Ufern nicht mehr zulässt, deren Ressourcen nicht mehr unendlich erscheinen, sondern zunehmend erschöpft sind. Kunstgetriebene Zusammenarbeit hat die Kraft, echtes Bewusstsein zu schaffen, dass nur die radikale Veränderung unseres Selbst und unseres Handelns zur Erhaltung unseres Planeten führen kann.
„Welcome to Planet B“ beschreibt die Notwendigkeit eines Plan B – um die Veränderungen, welche in unserer Umwelt verstärkt auftreten, zu erkennen und darauf zu reagieren. Wie können wir angemessen reagieren, uns entsprechend anpassen und auf die bestmögliche Weise koexistieren? Der Zusatz „Aber wie?“ ist nicht als zynische Frage in einer insgesamt ausweglosen Gesamtsituation gemeint, sondern als konkrete Aufforderung zu verantwortungsbewusstem Handeln.
Es ist die entscheidende Frage nach den Fundamenten, auf denen wir unser zukünftiges Handeln aufbauen, nach den ökonomischen und ökologischen Werten, die wir dabei verfolgen wollen, und nach den Instrumentarien, die sicherstellen, dass diese Werte ein integraler Bestandteil unseres kulturellen Selbstverständnisses, unserer kulturellen Identität bilden.
Die Ausstellung erforscht mögliche Entwicklungen, die entstehen können, sobald wir uns in einem kollaborativen Prozess der Neukalibrierung zwischen Kunst und Wissenschaft dem Wesen unserer Herausforderungen annähern, mit denen wir konfrontiert sind, indem wir unser eigenes Wesen, unsere Existenz und unsere Handlungen erkennen, um sie handhabbar zu machen. Die ausgewählten Arbeiten konzentrieren sich auf die Realität des Wandels und die ihm innewohnenden Widersprüche, wobei das Aufeinandertreffen zweier Disziplinen – Kunst und Wissenschaft – hervorgehoben wird, deren Charakter darin besteht, widersprüchlich zu sein, um zu möglichen Antworten und Lösungen zu gelangen. „STUDIO(dys)TOPIA“ bietet einen Raum, in dem Widerspruch erlebt, erprobt und als Tugend und Chance erkannt werden kann, und stellt die Frage, welche Rolle die Kunst bei diesem entscheidenden Unterfangen einnehmen soll.
Diese Ausstellung ist Teil des STUDIOTOPIA-Projekts und with durch das Creative Europe Culture programme der Europäischen Union mitfinanziert.
Mehr Infos zum Ars Electronica Festival 2022 findest du auf unserer Festival Website.
Martin Honzik ist Künstler, CCO und Leiter des Bereichs Festival/Prix/Exhibitions bei Ars Electronica Linz. Er absolvierte das Studium für visuelle, experimentelle Gestaltung an der Kunstuniversität Linz (Abschluss 2001) wie auch den Master Lehrgang für Kultur- und Medienmanagement der Johannes Kepler Universität Linz und ICCM Salzburg (Abschluss 2003). Neben der Realisierung zahlreicher Kunstprojekte als freischaufelnder Künstler war er von 1998 bis 2001 Teil des Produktionsteams im OK Offenes Kulturhaus im OÖ Kulturquartier und wechselte 2001 zum Ars Electronica Future Lab, wo er bis 2005 in den Bereichen Ausstellungsdesign, Kunst am Bau, Interfacedesign, Eventdesign und Projektmanagement tätig war. Seit 2006 ist Martin Honzik Managing Direktor des Ars Electronica Festivals, des Prix Ars Electronica wie auch der Ars Electronica Center Ausstellungen und der internationalen Ausstellugsprojekte der Ars Electronica. Dazu repräsentiert er seit 2021 als Chief Curatorial Officer das Unternehmen.