Wem gehört die Wahrheit? Wem gehört der Planet? Beim Ars Electronica Festival 2023 wird das übergeordnete Wahrheitsthema auch diesbezüglich erforscht, wie wir über den Eigentumsbegriff der Natur hinausdenken und eine nachhaltigere Beziehung zur Natur aufbauen können. Mit diesem Thema befasst sich auch das EU-Projekt More-than-planet, mitfinanziert durch das Programm Creative Europe der Europäischen Union, dessen Inhalte in verschiedenen Bereichen Teil des Festivals sind: Themenausstellung, More-than-Planet Lab, WE GUIDE YOU Expert Tours und nicht zuletzt die Themenkonferenz am Freitag – dem More-than-Planet Day – geben Impulse, unsere Wahrnehmung und unser Verständnis der Umwelt und des Ökosystems, von dessen Bestehen wir abhängig sind, zu überdenken. Werfen wir also einen Blick auf die Projekte und Inhalte, die More-than-planet zum Ars Electronica Festival bringt.
Ein wichtiger Part des Festivals ist wie jedes Jahr die Themenausstellung. Ausgewählte Kunstwerke regen dazu an, bestehende Weltbilder zu hinterfragen und kritische Überlegungen über unsere Beziehung zum Planeten anzustellen. Im Kontext des More-than-Planet Projekts der Europäischen Union wird beispielsweise Cartographies of the Unseen von Felipe Casteblanco und Lydia Zimmermann präsentiert. Diese Installation, das in Zusammenarbeit mit dem indigenen Medienkollektiv Ñambi Rimai entstanden ist, lädt zu einer Reise durch eine vertikale Landschaft im Südwesten Kolumbiens ein, die von territorialen Konflikten und Widerstand in der Region geprägt ist und dokumentiert gleichzeitig einen laufenden biokulturellen Friedensprozess, der von der Spiritualität und der Verwaltung der indigenen Bevölkerung getragen wird. Außerdem zeigt Adriana Knouf mit TX-2: MOONSHADOW, dass Weltraummissionen im Gegensatz zu zeitgenössischen kommerziellen, militärischen und expansionistischen Vorhaben für queere, postkoloniale Zukünfte konstruiert werden können. Ceux sans qui la terre ne serait pas la terre von David Shongo greift Malcolm Ferdinands Kritik am Umgang mit dem ökologischen Kollaps auf und betont die Trennung zwischen Umweltbewusstsein und gesellschaftlicher Dringlichkeit. Doch das ist nur ein kleiner Einblick in die Projekte der diesjährigen Themenausstellung, die während des Ars Electronica Festival in der POSTCITY entdeckt werden können.
Inmitten der Themenausstellung – im Bunker der POSTCITY – findet man außerdem das More-than-Planet Lab. Dieser Workshop Space lädt Besucher*innen ein, zu experimentieren und die Themen von More-than-Planet weiter zu erforschen. Lebendige Spuren, Erzählungen und Bilder sollen eine neue Perspektive für die Wahrnehmung unseres Planeten schaffen und auch helfen, etablierte Bildungspraktiken zu überdenken. Das Waag Futurelab stellt den Planetary Public Stack, ein Bündel von sozial inklusiven technologischen Komponenten, vor und veranstaltet einen Workshop, bei dem die Teilnehmer*innen an den Technologien und Fähigkeiten arbeiten, um kollaborative und kunstorientierte Ansätze zur Bewältigung der Umweltprobleme zu entwickeln. Bei Planetary Mattering, ebenfalls veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem Waag Futurelab, wird erforscht, wie die Darstellung des Planeten unsere Sichtweise formt und unser Handeln beeinflusst. Mattering betrifft dabei sowohl die Materie als auch seine Bedeutung und fördert ökologisches Bewusstsein sowie Gerechtigkeitsempfinden. Systemic change in the times of polycrisis bietet einen Raum, um in Diskussionen mit Künstler*innen und Wissenschaftler*innen zu führen – über die Herausforderungen, die mit der Umwelt- und Klimakrise, eng verbunden mit anderen Krisen, wie der wirtschaftlichen, sozialen und geopolitischen, einhergehen. Diese Konstellation haben Forscher nun als „Polykrise“ bezeichnet. Ziel der praxisorientierten Auseinandersetzung ist es, Lösungen für eine nachhaltige Transformation zu suchen und zu erörtern, wie diese auf eine Weise umgesetzt werden kann, die ökologischen Grenzen respektiert und neue postfossile Infrastrukturen sowie soziale und kulturelle Praktiken rekonstruiert.
Wer einen anderen Blick auf die Themenausstellung bekommen möchte und sich noch näher mit ausgewählten Projekten auseinandersetzen möchte, kann das mit einer der WE GUIDE YOU Expert Tours. Hier wird man mit Kurator*innen und Künstler*innen durch die Ausstellung geführt. Terraforming Earth – Decolonising Space mit Annick Bureaud betrachtet die Ausstellung vor allem mit Fokus auf den Begriffen der Terraformation, dem Prozess andere Planeten bewohnbar zu machen, und Kolonisation. Interessierte können an dieser Führung am Donnerstag, 7.9.2023 teilnehmen. Am Samstag, 9.9.2023, laden Marko Pelijhan und Uroš Veber mit ihrer Tour MIKRO MAKRO, from observation to orientation dazu ein, Werke, die als Systemobservatorien verstanden werden können, genauer zu untersuchen. Es wird außerdem versucht gemeinsame Themenbereiche und Ansätze herauszuarbeiten.
Nicht zuletzt steht ein ganzer Tag des Festivals – der Freitag – unter dem Motto More-than-Planet. Das zeigt sich besonders im Themensymposium. Dieses erstreckt sich grundsätzlich über drei Tage – von Donnerstag bis Samstag – und steht am More-than-Planet Day unter dem Titel (Un)Earthing the Truth. Ownership and Narratives about the Planet. In Zusammenarbeit mit dem More-than-Planet Projekt lädt diese Konferenz dazu ein, das Konzept der Wahrheit als wirtschaftliche Entität zu hinterfragen und die komplizierte Beziehung zwischen Eigentum und Natur zu analysieren. Visionär*innen aus verschiedenen Bereichen, darunter Künstler*innen, Wissenschaftler*innen, Forscher*innen und Ökonom*innen, werden zusammenkommen, um die Narrative, die unser Verständnis von Umweltfragen prägen, zu hinterfragen. Bestätigte Speaker*innen sind Sian Proctor, der die kollektive Wertschöpfung beim Eigentum am Weltraum und die Rolle des Staates bei der Bewältigung globaler Herausforderungen beleuchtet. Stefan Brunnhuber befasst sich mit dem gesellschaftlichen Eigentum an der Natur, regt zum Nachdenken über transformative Veränderungen an und zieht Erkenntnisse aus seinem Buch Financing our Future. Mordecai Ogada spricht über Naturschutz in Afrika im Kontext des Neokolonialismus und Aina Abiodun motiviert mit ihrem Beitrag über Eigentum am Planeten, Geld und Verantwortung dazu, aktiv zu werden.
Dieses Programm wird durch das Programm Creative Europe der Europäischen Union im Rahmen des Projekts More-than-Planet mitfinanziert.
Mehr Informationen zu den Highlights des Ars Electronica Festival 2023 findest Du hier. Details werden laufend online veröffentlicht.