Organ Of Radical Care: Una Matriz Colaborativa / Charlotte Jarvis (GB), Dr. Patricia Saragüeta (AR), photo: vog.photo

Organ Of Radical Care: Una Matriz Colaborativa

Charlotte Jarvis (GB), Dr. Patricia Saragüeta (AR)

Organ of Radical Care: Una Matriz Colaborativa ist ein fortlaufendes Projekt an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft. Es wendet neueste wissenschaftliche Erkenntnisse an, um aus Zellen, die aus dem Menstruationsblut verschiedener Personen stammt (Frauen, trans* und nicht-binäre Menschen) eine kollaborative Gebärmutter zu schaffen, in der eine befruchtete Eizelle heranwachsen kann.

In der künstlerischen Ausführung des Projekts beherbergt ein Glaskelch eine Zellkolonie, die aus Endometriumzellen besteht, die von anonymen Spendern*innen stammen. In einem täglichen Ritual der Pflege werden die Zellen in der Ausstellung am Leben erhalten, indem der Glaskelch und ihre Umgebung  abends gereinigt werden, mit Nährstoffen versorgt und über Nacht in der sterilen Umgebung eines Inkubators gelagert werden, um am nächsten Tag wieder in die Installation gebracht zu werden. 

Organ Of Radical Care: Una Matriz Colaborativa / Charlotte Jarvis (GB), Dr. Patricia Saragüeta (AR); Photo: Charlotte Jarvis
Organ Of Radical Care: Una Matriz Colaborativa / Charlotte Jarvis (GB), Dr. Patricia Saragüeta (AR); Photo: Charlotte Jarvis

Da das Projekt ein fortlaufendes Forschungsprojekt ist, besteht aus mehreren Teilschritten, an denen Charlotte Jarvis (Künstlerin) und Patricia Saragüeta (Wissenschaftlerin und Schriftstellerin) aktuell arbeiten:

Der Erste bestand darin, aus den Zellen der anonymen Spender*innen im Labor endometriale Organoide, sogenannte Mini-Uteri, wachsen zu lassen. Dies ist in der Zwischenzeit gelungen. 

Das nächste Ziel des Projekts ist es, die ethische Genehmigung für die Verwendung von Zellen aus Menstruationsblut einer bestimmten Gruppe von 13 argentinischen Aktivist*innen verwenden zu dürfen, um die Forschung damit in Argentinien weiterführen zu können. Dieser Akt ist nicht nur im wissenschaftlichen Sinne relevant, sondern enthält ebenfalls eine aktivistische Komponente, da er Einfluss auf argentinische Richtlinien und Regularien im Bereich der Forschung ausübt, besonders in der Auseinandersetzung mit dem weiblichen Körper.

Organ of Radical Care / Charlotte Jarvis, Dr. Patricia Saragueta, Prof. Susana Chuva de Sousa Lopes; Foto: Ars Electronica / Magdalena Sick-Leitner

Sobald dies gelungen ist, wird der finale Schritt des Projekts darin bestehen, auch männliche Zellen in die Kolonie einzubringen und somit die Fähigkeit Leben in die Welt zu bringen von Geschlechter-Regularien zu lösen, um patriarchale Strukturen zu hinterfragen und Familien- und Gesellschaftsstrukturen neu zu denken.  

Dieses theoretische Gerüst des Projekts wird in der Ausstellung durch eine Mindmap auf einer vorgelagerten Wand wiedergegeben. Zusätzlich rezitieren die potentiellen argentinischen Aktivist*innen gemeinsam ein Gedicht, das Patricia Saragüeta, die nicht nur Wissenschaftlerin, sondern auch veröffentlichte Schriftstellerin für Poesie ist, für das Projekt verfasst hat. Das Video ist in der Installation zu sehen und zu hören und kann auch in schriftlicher Form nachgelesen werden. Die zusätzliche Videodokumentation zeigt neben Aufnahmen der Zellen und dem Labor in Argentinien, auch wie Charlotte Jarvis und Patricia Saragüeta  einige der biologischen Proben nach Feuerland in Patagonien bringen – dem buchstäblichen Ende der Welt – das hier als symbolisches „Portal“ in die ersehnte Zukunft steht. 

Colaborativa, handwritten poem / Patricia Saragüeta (AR)

Organ of Radical Care ist inspiriert von, was Donna Haraway (feministische Wissenschaftlerin und Kulturkritikerin, die für ihre Beiträge zu den Bereichen Wissenschafts- und Technologiestudien, feministische Theorie und Tierstudien bekannt ist) als „gespalten und widersprüchlich“ beschreibt. Das Projekt will tradierte Denk- und Gesellschaftsstrukturen hinterfragen und dazu anregen, „rationale Gespräche mit phantastischer Imagination zu verbinden, um die Geschichte zu verändern“.

Kisma Queer 

Allowing life to grow 
Or allowing it to leave 
Is to pass a thread 
through the body
 
when the belly grows 
and the babbling surprises
you 
it is always upward 
that the salmons gallop

It is like dying on the other
side 
But the earthquake 
Unfading 
Is sad 
a tissue that fades
On a spell’s current 
The murmur is also soft
and it slides away from you

there are no blinding lights, no
bells 
that opens 
into the inevitable
nothingness 

and there is a uterus 
in the darkness 
tucked away 
where the calm calls 
galatonous clot or nothing  



wawa sullu wachoy 
kikuy wachakuy 

beginning or end 
of a genderless other 

to complete the flesh 
that comes from the blood 

where it is smooth and strong  
we redeem 

wanki pechi jip jip 
ll’ qua lape miujalal 

It says in secret code: 
life or death 
of a collective  
shadow 

jip tij laje 
ar la q’ 
ir pi j 
n’ ;; t 
nu
j 
/  

Credits

Wissenschaftliche Beratung: Prof. Susana Chuva de Sousa Lopes, Dr. Anastasia Bragina, Prof. Manuel Selg 
Poem: Dr. Patricia Saragueta; Übersetzung: Mariel Chio
Klangkomposition: Oliverio Duhalde
Übersetzung: Sarahi Valeria Fuster Cortés, Diego Trujillo Pîsanty, Amber Scott, Fiona Athie
Glas: Atelier NL
Film: Charlotte Jarvis, Wo Portillo del Rayo, James Read

Laborkolleg*innen Argentinien: Luciana Ant and Clara Campos, Saragüeta Lab
Kuratorinnen: Manuela Hillmann, Daniela Duca
Laborkolleg*innen Linz: Anastasia Bragina, Ars Electronica Labs
Laborassistentinnen: Andrea Oberfichtner, Svetlana Petrovic, Rowan (Petra) Papanekova, Ceyda Temiz, Jingjing Cao, Sandra Kiendler, Sabrine Kaselitz

Sponsoren: Uyi Achaerandio, Anna Ferrer, Valeria Mussio, Ania Manjón, Ana Soares, Luciana Ant, Clara Campos, Nisi Fernandez, Paye Nally, Sofía del Valle, Tam Echandi, Analía Ricci

Die Arbeit wird im Rahmen des European Media Art Platforms Residency Programms bei Ars Electronica mit Unterstützung des Creative Europe Culture Programms der Europäischen Union realisiert. Zusätzliche Unterstützung von MU Hybrid Arthouse, dem Royal College of Art, CONICET und FCEN-UBA.

Dieses Projekt wird im Rahmen des vom Programm Kreatives Europa der Europäischen Union kofinanzierten EMAP-Projekts finanziert und präsentiert.