von Katja Schechnter
Das Institut of Digital Sciences Österreich (IDSA) wurde im Juli 2022 von der österreichischen Regierung gegründet. Seine Forschung und Lehre widmet sich allen Dimensionen der Digitalisierung und ihren transformierenden Auswirkungen auf Wissenschaft, Kunst, Gesellschaft und Wirtschaft. Die Universität basiert auf Interdisziplinarität und interuniversitärer Zusammenarbeit und wird in Linz, Oberösterreich, angesiedelt sein. Sie zielt darauf ab, Lehrende und Studierende zusammenzubringen, die sich für die Wechselwirkungen zwischen technischen Studien, Naturwissenschaften, Wirtschaft, Recht, Sozialwissenschaften, Geisteswissenschaften, Kulturwissenschaften und künstlerischen Disziplinen interessieren.
Im Rahmen des GrĂĽndungsprozesses hat das GrĂĽndungskonvent, bestehend aus neun Mitgliedern, die vom österreichischen Bundesminister fĂĽr Bildung, Wissenschaft und Forschung ernannt wurden, das IDSA x Ars Electronica FOUNDING LAB ins Leben gerufen. Dies ist ein gemeinsames Projekt zwischen der neuen Universität und Ars Electronica. Es ist darauf ausgerichtet, neue Bereiche, Ansätze und Formate zu identifizieren, zu entwickeln und zu präsentieren, die sich mit den Herausforderungen der digitalen Transformation befassen. Das FOUNDING LAB orientiert sich an frĂĽheren Initiativen von Ars Electronica wie dem Future Innovators Summit, der Festival University, der Transformation Lounge und der Ars Electronica Futurelab Academy und wird von Anfang an das Konzept des „Art Thinking“ integrieren. Durch die Ăśberwindung traditioneller Fachgrenzen setzt sich das FOUNDING LAB mit den komplexen und widersprĂĽchlichen Realitäten unserer Zeit auseinander und fördert die erforderlichen Fähigkeiten, um sich in einer zunehmend digitalisierten Welt zurechtzufinden. Innovative Expert*innen, fĂĽhrende Denker*innen und Wissenschaftler*innen aus allen Disziplinen kommen zusammen, um neue Wege fĂĽr transformative digitale Veränderungen zu erforschen und zu definieren. Das Ars Electronica Festival dient als öffentliche Plattform, um erste Ideen und Ergebnisse der FOUNDING LAB Summer School und des Forums zu präsentieren. Diese Positionen werden dann im Rahmen einer 6-teiligen Seminarreihe während des FOUNDING LAB Fall Terms weiter erkundet. Dieses konzentriert sich auf Fakten, Zahlen und zukĂĽnftige Entwicklungen im Zusammenhang mit Infrastruktur, Code, Maschinen, virtuellen Welten sowie Medien- und Governance-Systemen, die die Grundbausteine der digitalen Transformation bilden.
78 Studierende, eine Fakultät von mehr als 30 Fellows, Expert*innen und Mentor*innen aus ĂĽber 50 Ländern mit Profilen als Wissenschaftler*innen und KĂĽnstler*innen, Ingenieur*innen und Designer*innen, Gelehrte und Praktiker*innen, Unternehmer*innen und Visionär*innen – und alles dazwischen und darĂĽber hinaus – werden ab Sommer 2023 gemeinsam in der POSTCITY, dem Ars Electronica Center und den IDSA-BĂĽros in Linz arbeiten, um neue Wege fĂĽr den Aufbau der Universität der Zukunft zu erforschen und zu gestalten. Wenn wir ĂĽber „Wem gehört die Wahrheit?“ nachdenken, dem diesjährigen Motto des Ars Electronica Festivals, taucht eine Frage auf: „In welchem Besitz ist eine Universität?“ Oder vielmehr: „Wem gehört eine Universität?“ Beim Aufbau einer neuen Universität – „unserer“ Universität – offenbaren unterschiedliche Konzepte von Zugehörigkeit, Besitz, Macht und Verantwortung, aber auch von Wissen, Urheberschaft, Fakten und Wahrheiten eine fesselnde Realität, die einfache Vorstellungen ĂĽbersteigt. Eine Universität ist weit entfernt von einem reinen Besitz einer einzelnen Entität; sie repräsentiert eine lebendige Verkörperung kollektiver Visionen, Bestrebungen und gemeinsamer Anstrengungen unzähliger Individuen. Während GrĂĽndungskonvente, Beiräte und Präsident*innen ihren Kurs steuern und vielfältige Finanzierungsquellen sie unterstĂĽtzen können, liegt die wahre Essenz von Universitäten in einem dynamischen Mosaik von Interessenvertreter*innen. Studierende, Lehrende, Alumni, Mitarbeiter*innen, Wohltäter*innen und die breitere Gemeinschaft beteiligen sich an einem ständigen Diskussionsprozess, um ihre jeweiligen Erzählungen miteinander zu verknĂĽpfen und einzigartige Beiträge zum lebendigen GefĂĽge der Universitätsidentität zu leisten. Dieses komplexe Netzwerk der Verbundenheit bildet diese Institutionen und geht ĂĽber herkömmliche Vorstellungen von Besitz – und Wahrheit – hinaus. Während wir uns den vielschichtigen Dimensionen des Aufbaus einer neuen Universität – „unserer neuen Universität“ – widmen, erkennen wir die gemeinsame Verantwortung und die eng verknĂĽpften Schicksale, die ihren Fortschritt antreiben.
Diese Herausforderungen erfordern einen neuen Ansatz – einen, der auf Kreativität und Mitgestaltung basiert. FĂĽr den Aufbau der Universität, die IDSA sein will, dient das FOUNDING LAB daher als erster Impuls. Es erprobt neue Strategien zur Wissensschaffung, die auf weitreichenden transdisziplinären Zusammenarbeiten beruhen, wie sie in den vielfältigen Bereichen und HintergrĂĽnden der ersten Studierenden und Fellows zum Ausdruck kommen. Letztendlich strebt das IDSA x Ars Electronica FOUNDING LAB danach, eine Universität zu hinterfragen, zu diskutieren und zu gestalten, die die Zukunft von Natur, Technologie und Menschen weltweit tiefgreifend beeinflussen wird. Und so wird es selbst Teil des GrĂĽndungsmythos des IDSA werden.
Katja Schechtner ist Mitglied des IDSA Gründungskonvents. Sie ist eine Stadtwissenschaftlerin, die globale Regierungen und Unternehmen berät, wie sie die Städte der Zukunft gestalten können. Zuvor entwickelte sie Technologie- und Innovationspolitik bei der OECD in Paris, leitete Infrastrukturprogramme bei der ADB in Manila und ein Forschungslabor am AIT in Wien.Als Mitglied des MIT Senseable City Lab in Boston veröffentlicht sie regelmäßig ihre Arbeiten, die unter anderem auf der Architekturbiennale in Venedig, der Ars Electronica in Linz und der Seoul Biennale for Urbanism gezeigt wurden.