Ein Designkonzept, das Spaß macht: FUNGUAGE

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Stell dir das vor: Es ist die nahe Zukunft, du möchtest bei der Selbstbedienungskasse im Supermarkt bezahlen und anstatt von dem komplizierten System oder dem ineffizienten Interaktionsdesign frustriert zu sein, hast du – Spaß. Großen Spaß sogar! Warum? Weil das Interface so designt wurde, dass es Freude bereitet.

Wie dieses Szenario, und spielerische Mensch-zu-Objekt-Interaktion generell, erreicht werden kann, ist das Ziel einer gemeinsamen Forschungsinitiative von BANDAI NAMCO Research Inc., Hakuhodo und dem Ars Electronica Futurelab. Mit FUNGUAGE, einer Mischung von Fun (Spaß) und Language (Sprache), versuchen die drei Partner, eine neue Designstrategie für Interaktion zu finden, die etwas tief in der menschlichen Natur Vergrabenes anspricht: Unser Bedürfnis nach Spiel.

Die aktuellsten Forschungsergebnisse und vergangene Projekte, die bereits ähnliche Designprozesse verwendeten, werden beim Ars Electronica Festival 2019 (5. – 9. September) bei FUNGUAGE ROOM im Open Futurelab in der POSTCITY Linz gezeigt. Zusätzlich wird es eine Panel Diskussion am Samstag, 7. September, von 14:00 bis 16:30 Uhr im Open Futurelab geben, die sich demselben Thema widmet. Wir haben mit Koichi Araake, Head Researcher im FUNGUAGE Projekt bei BANDAI NAMCO Research Inc., und Kyoko Kunoh, Künstlerin und Researcher am Ars Electronica Futurelab, gesprochen und mehr erfahren.

Credit: Magdalena Sick-Leitner

FUNGUAGE ist ein Designkonzept, das Spaß – FUN – in Kommunikation und Interaktion einbinden möchte. Wie entstand es?

Koichi Araake: Hier in der BANDAI NAMCO Group setzen wir uns, gemeinsam mit dem Ars Electronica Futurelab und Hakuhodo, schon seit einigen Jahren mit den Möglichkeiten oder dem Potential des Spielerischen auseinander. 2019 gründeten wir nicht nur BANDAI NAMCO Research Inc., sondern definierten auch FUNGUAGE als ein neues Designkonzept für unsere gesamte Firma. FUNGUAGE möchte Spaß vermitteln und die Kraft des Spielerischen in die Beziehungen zwischen Menschen oder zwischen Menschen und unbelebten Objekten bringen. Das basiert natürlich auf unserer Geschichte und Erfahrung mit Interaktionsdesign, mit dem wir uns durch unsere Videospiel-Entwicklungsgeschichte bis hin zu den Zeiten von Spielautomaten beschäftigt haben.

Kyoko Kunoh: Als wir vor zwei Jahren begonnen haben, mit der BANDAI NAMCO Group zu arbeiten, haben wir ihr sehr berühmtes Spiel PACMAN dazu verwendet, zukünftige Designstrategien und Innovation zu erforschen. Damals entstanden vier Projekte, die auf dieser Idee aufbauten – eine davon war FUNGUAGE.

Das ursprüngliche Projekt hat sich nun zu einem weitaus größeren Forschungsfeld ausgedehnt. FUNGUAGE ist vor allem eine Designstrategie – es gibt allerdings auch Prototypen, die das Konzept verwirklichen.

Koichi Araake: Ja. Wir haben uns drei Forschungsfragen im Rahmen von FUNGUAGE gestellt, denen wir nachgehen wollten. Die erste dreht sich darum, wie man FUNGUAGE auf Interfaces anwenden kann. Hier dachten wir vor allem an User Experience Design und Interaktion. Das zweite Thema konzentriert sich darauf, wie FUNGUAGE persönliche Emotionen und Gefühle nutzen kann. Weil es um einen Sinn für Spaß und Spiel geht, arbeiten wir hier natürlich mit sehr starken Emotionen! Schließlich denken wir drittens auch darüber nach, wie man FUNGUAGE im Bereich der Kommunikationsmedien verwenden kann. Mit dieser Forschungsrichtung möchten wir eine Kettenreaktion auslösen – Spaß generiert mehr Spaß.

Credit: rubra

Einige der Ergebnisse werden nun am diesjährigen Ars Electronica Festival präsentiert. Wie werden FestivalbesucherInnen sehen können, woran gerade gearbeitet wird?

Kyoko Kunoh: Dieses Jahr zeigen wir den FUNGUAGE ROOM innerhalb des Open Futurelabs im ersten Stock der POSTCITY Linz. Wir zeigen nicht nur neuentwickelte Prototypen, sondern auch frühere Arbeiten des Ars Electronica Futurelabs, in denen wir Elemente identifiziert haben, die unter FUNGUAGE fallen könnten. Ein Beispiel ist das Klangwolke ABC, bei dem Besucher und Besucherinnen vor ein paar Jahren Buchstaben designen konnten, um damit in einer Performance beim Open-Air-Spektakel Klangwolke mitzumachen. Ein anderes Beispiel sind unsere Spaxels – Drohnen, die wir dazu entwickelt haben, den Himmel als Leinwand zu benützen, indem sie Bilder über unseren Köpfen formen. Wir zeigen auch eine meiner Arbeiten von vor fast 20 Jahren, von einer Zeit, in der die Idee des Internets der Dinge noch gar nicht existierte – „Tool’s Life“. Besucher und Besucherinnen konnten Objekte auf einem Tisch angreifen und zusehen, wie sie zum Leben erwachten.

Wie sieht es mit den Projekten aus, die jetzt für FUNGUAGE neu entwickelt wurden?

Koichi Araake: Wir zeigen drei Prototypen, jeder hängt mit einem der drei Forschungsbereiche zusammen, die ich zuvor erwähnt habe. Der erste heißt „Animation of Things“ und ist von Michinari Kono.

Kyoko Kunoh: Der Künstler benützt kleine Servomotoren, um alltägliche Objekte oder Produkte zu bewegen. Das Projekt stellt die Frage nach dem Verhalten von Objekten und wie man es nachbilden kann. Manche Bewegungen scheinen sehr schüchtern zu sein, oder sehr aktiv, oder sogar verärgert oder traurig – der Künstler hat versucht, genau diese Eindrücke nachzustellen. Es ist außerdem sehr interessant zu sehen, was passiert, wenn man verschiedene Objekte mit unterschiedlichen Motor-Einstellungen miteinander interagieren lässt.

Koichi Araake: Der zweite Prototyp heißt „Leaking out Feelings from our Bodies“ von Eiji Iwata. Die Bewegung der Besucher und Besucherinnen werden mit einem Sensor getrackt und dann in Geräusche übersetzt. Man kann also Melodien oder sogar kleine Jam Sessions mit dem eigenen Körper schaffen! Wir hoffen, dass dieser spielerische Zugang Menschen dazu motivieren wird, einzutreten und gemeinsam Musik zu machen.

Kyoko Kunoh: Menschen tauschen Emotionen über Sound aus.

Koichi Araake: Das dritte Projekt heißt „Emotional Connect“. Wir haben versucht, zu visualisieren, wie sich Menschen fühlen. Das passiert, indem Hängematten auf der Ausstellungsfläche aufgehängt werden, die mit einem Display verbunden sind. Je nachdem, wie viel sich die Menschen in der Hängematte bewegen, interpretieren Sensoren die Stimmung der Besucher und Besucherinnen und zeigen die Ergebnisse farbcodiert am Display an. Blau steht für entspannt, rot zeigt aktiviere Emotionen. Blaue oder rote Punkten werden das Display anfüllen, je nach den Bewegungen der Besucher und Besucherinnen.

Ein früheres Projekt, das bereits mit FUNGUAGE arbeitete: Spaxels.

Die Forschung dreht sich um Interaktion und Kommunikation mit Dingen – eigentlich sehr ernste Forschungsthemen, aber eben mit einer sehr spielerischen Herangehensweise. Wie wird Spaß auch in die Forschung eingebracht?

Koichi Araake: Für uns ist FUNGUAGE eine Philosophie. Wir möchten diese Philosophie oder dieses Designkonzept in einem Buch oder einer Guideline verfestigen, eine Anleitung dafür, wie man Spaß in unsere Kommunikation und Interaktion einbringen kann. Momentan können wir noch nicht ganz definieren, wie genau das aussehen wird, aber das ist eben das, was wir mit unseren Prototypen erforschen. FUNGUAGE sollte ein Guidebook werden, oder eine neue Art von Sprache.

Kyoko Kunoh: Du weißt wahrscheinlich bereits, dass BANDAI NAMCO Spaß und Freude für Menschen bereitet, mit ihren Entertainmentprodukten. Aber wie wird die Firma und wie werden auch wir in der Lage dazu sein, das auch in der Zukunft zu machen? Das ist eine große Frage für eine Firma in der Entertainmentindustrie – aber es ist nicht nur relevant für Entertainment. Wir möchten gute Kommunikation zwischen Menschen und auch zwischen Menschen und Objekten ermöglichen. Die Forschung, die wir mit BANDAI NAMCO Research Inc. betreiben, hat ein viel größeres Ausmaß. Wie können Menschen ihre Gefühle ohne Sprache ausdrücken? Auf eine neue Art und Weise? Unsere gemeinsame Forschung geht sehr tief – wir sprechen hier nicht nur von Spaß, sondern darüber, Emotionen in einer neuen Art von Kommunikation auszudrücken.

Kyoko Kunoh ist Künstlerin und Wissenschaftlerin am Ars Electronica Futurelab. Sie beschäftigt sich extensiv mit Kunstwerken im Bereich der interaktiven Kunst und war in einer breiten Auswahl von Feldern aktiv, wie zum Beispiel als Leiterin im öffentlichen und kommerziellen Raum, Designerin von Ausstellungsprodukten, und in gemeinsamer Arbeit und Projekten mit Firmen und Universitäten. Ihre Projekte wurden an verschiedenen nationalen und internationalen Orten ausgestellt, unter anderem bei Ars Electronica (Österreich), SIGGRAPH (USA), Centre Pompidou (Frankreich) und dem Japan Media Arts Festival (Japan).

Koichi Araake verfügt über vielfältige Erfahrungen in der Entwicklung von Videospielen, einschließlich Produktion, Projektmanagement, Spieleleitung, Design, Lokalisierung und Internationalisierung. Als er zur BANDAI NAMCO Group kam, war er Gamedesigner und Projektleiter für TEKKEN 6 PS3, Xbox360 und Arcade-Versionen sowie Game Director für die Version für TEKKEN 6 PSP. Vor kurzem hat er sein Arbeitsfeld auf die Forschung und Entwicklung verlagert und die Zusammenarbeit mit dem Ars Electronica Futurelab und Hakuhodo aufgenommen. Seitdem hat er in drei aufeinanderfolgenden Jahren FUNGUAGE beim Ars Electronica Festival ausgestellt.

Der FUNGUAGE ROOM, aktuelle Prototypen zu einer neuen Art von Sprache und vergangene Projekte des Ars Electronica Futurelab, die FUN als Designstrategie einsetzen, sind beim Ars Electronica Festival 2019 (5. bis 9. September) im Open Futurelab im POSTCITY Linz (1. Stock) zu sehen. Am Samstag, den 7. September, findet im Open Futurelab von 14 bis 16:30 Uhr eine Podiumsdiskussion zum gleichen Thema statt. 

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