Um für das Ars Electronica Festival seine raumhohen „Real Imaginary Objects“ aus Sperrholz zu produzieren, kam Daniel Crooks nach seinem Residency-Aufenthalt im Frühjahr dieses Jahres noch einmal ins Ars Electronica Futurelab. Wie bei seinem ersten Aufenthalt wurde er auch bei seinem zweiten Besuch vom Australian Council for the Arts unterstützt. In der Zwischenzeit arbeitete er weiter am Tracking-System und der 3D-Modellierung seiner „Real Imaginary Objects“ und verfeinerte diese Techniken, um die ersten Objekte für eine Ausstellung in einer Galerie in Melbourne zu kreieren. Das raumhohe Kunstwerk, das er für das Ars Electronica Festival schuf, war das erste aus Sperrholz. Bei dieser Technik werden Sperrholzscheiben übereinander geschichteten. Diese Aufnahmen einzelner Ausschnitte eines Gegenstandes repräsentieren dadurch den Zeitablauf noch deutlicher, als die ursprünglich geplanten 3D-Drucke. Die Idee dahinter ist, dass sich Zeit im Raum manifestiert.
Im Interview spricht Daniel über seine Idee ein dreidimensionales Objekt aus Ausschnitten einer zeitlichen Abfolge anzufertigen, über die Entwicklung der ersten Prototypen dieser Idee während seiner Residency im Ars Electronica Futurelab und über die Präsentation des fertigen „Real Imaginary Objects“ während des Ars Electronica Festival.
Kannst du kurz zusammenfassen, worum es bei deiner Residency im Ars Electronica Futurelab im Frühling ging?
Daniel Crooks: Bei meiner Residency im Futurelab ging es darum, eine neue Art von Kamera, eine 3D-Slicing-Kamera, zu entwickeln. Die Idee dabei war, eine Sequenz von Querschnitten eines Raumes oder 2D-„Frames“ zu erfassen, die dann zu einem 3D-Modell zusammengefügt werden können, einer Art Zeit-Block, dessen dritte Dimension die Zeit ist.
Bei deiner Präsentation im Deep Space hast du über die Behandlung von Zeit als Medium gesprochen…
Daniel Crooks: Ja, das ist eine der zentralen Strategien in meiner Praxis. Ich versuche wirklich, Zeit in physischen Begriffen zu denken, sie als greifbar und dehnbar wahrzunehmen. Was das Bewegtbild anbelangt, so ist es vielleicht hilfreich, sich ein Video als einen Stapel von Einzelbildern vorzustellen, die übereinandergeschichtet sind. Dieser Stapel gewinnt durch Zeit an Volumen, für den man sich dann alternative Möglichkeiten der Steuerung überlegen kann.
Claudia Schnugg: Die Idee ein dreidimensionales Objekt aus Ausschnitten einer zeitlichen Abfolge, die in einem dreidimensionalen Raum passiert, zu fertigen, ist besonders spannend, wenn man sich die Entwicklung von Daniels Arbeiten zum Thema Zeit in ihrer Gesamtheit ansieht. Ausgehend von dieser Idee der Zerstückelung und neuerlichen Aneinanderreihung der Zeitabschnitte hat er zuerst Bilder und dann Videos generiert, die sich aus verändernden Ausschnitten zusammenfügen und somit Zeit darstellen. Mit den Real Imaginary Objects verwirklicht Daniel nun seine Idee, Zeitabläufe aus dem dreidimensionalen Raum festzuhalten, um sie so greifbarer zu machen und sie von allen Seiten betrachten zu können.
Wie hast du die „Real Imaginary Objects“ hergestellt?
Daniel Crooks: Der Prozess bestand im Wesentlichen darin, dass Otto Naderer, Mitglied des Ars Electronica Futurelabs, und ich eine Reihe verschiedener Tiefenmesstechniken getestet und dann eine Software entwickelt haben, um die einzelnen Aufnahmen zu kombinieren. Otto hatte bereits viel Erfahrung mit Arbeiten in diesem Bereich, daher konnten wir relativ rasch einige Prototypen entwickeln, bei denen wir Lasermessgeräte und Kinect-Kameras verwendeten. Schwierig dabei war, die rohen Tiefenmessdaten in saubere 3D-Modellen zu überführen. Diese Phase des Prozesses war alles andere als einfach.
Wie hat sich dein Projekt nach der Residency weiterentwickelt?
Daniel Crooks: Im Grunde genommen habe ich Linz im Frühjahr mit vielen Daten verlassen. Ich hatte damals aber noch nicht die Möglichkeit, die Daten in materielle Objekte zu verwandeln. Als ich wieder in Melbourne war, verbrachte ich viel Zeit damit, Softwareoptionen zu sondieren, um den Punktwolken, die wir erfasst hatten, Sinn zu verleihen. Otto und ich haben die Scanner-Array so gut wie möglich ausgerichtet, aber es war noch längst nicht perfekt. Was letztlich bedeutete, dass es noch jede Menge manuelle Arbeit war, aus den aufgezeichneten Daten etwas Brauchbares zu erstellen. Von diesem Punkt an war die Ausgabe der Objekte etwas einfacher, obwohl die große Version aus Sperrholz eine Reihe neuer Fragen aufwarf.
Wie war es, als du nach Linz zurückgekommen bist und die „Real Imaginary Objects“ beim Festival präsentieren konntest?
Daniel Crooks: Es war großartig, nach Linz zurückzukommen und greifbare Ergebnisse meiner Residency zu präsentieren. Ich konnte es kaum erwarten, die große Holzskulptur aufzubauen, und war auch gespannt zu sehen, wie sich die kleineren Objekte außerhalb des White Cube des Galerieraums machen würden.
Wie zufrieden bist du mit dem Ergebnis?
Daniel Crooks: Die Zweckräume der Schulkorridore waren zwar wirklich interessant und in ästhetischer Hinsicht durchaus ansprechend, aber ich glaube, dass der Kontext für diese Objekte nicht wirklich funktioniert hat. Das Feedback, das ich erhalten habe, war überwältigend positiv und die erweiterte Installation der großen Sperrholzarbeit im Ars Electronica Center ist fantastisch.
Was sind deine nächsten Schritte?
Daniel Crooks: Es liegt noch ein weiter Weg vor mir. Der nächste Schritt besteht darin, die Kalibrierung des Scan-Systems und die Anordnung der Komponenten zu verfeinern, damit die Zusammenfügung der einzelnen Aufnahmen stärker automatisiert werden kann. Sobald das getan ist, muss ich den vom System erfassten Bereich erweitern, um größere Bewegungen und Menschengruppen erfassen zu können. Letztlich möchte ich raumfüllende Installationen mit organisch geschwungenen Objekten machen, aber es ist noch ein weiter Weg bis zur Realisierung. Wer weiß, vielleicht finde ich dazwischen sogar Zeit für eine weitere Residency am Futurelab.
Talk von Daniel Crooks beim Ars Electronica Residency Network Panel, am Ars Electronica Festival 2014: http://talksandlectures.aec.at/?id=348