apertusĀ°: Eine offene und freie Filmkamera

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Das Konzept von Open Source ist vielen von uns vor allem bei Software bereits vertraut: Es schlieƟt nicht nur einen frei zugƤnglichen und fĆ¼r Menschen lesbaren Quellcode mit ein, der frei verƤndert und weiterverbreitet werden darf, sondern fƶrdert auch das Mitmachen, Weiterentwickeln und Verbessern der Software durch die Community. Das funktioniert auch im Zusammenspiel mit Hardware ganz gut: Ein 15-kƶpfiges Kernteam und mehrere Hundert Menschen eines Online-Forums rund um Sebastian Pichelhofer (AT) haben sich zusammengetan, um ein freies, offenes und modulares Kamerasystem zu entwickeln, das sich vor allem an professionelle FilmemacherInnen richtet. Das Projekt ā€žApertus Open Source Cinemaā€œ wurde bereits im Jahr 2012 mit einer Auszeichnung beim Prix Ars Electronica in der Kategorie ā€žDigital Communitiesā€œ gewĆ¼rdigt. Wir haben nachgefragt, wie es dem Projekt, zwei Jahre danach, nun geht und was seitdem geschehen ist.

Habt ihr die Auszeichnung des Prix Ars Electronica fĆ¼r euch nutzen kƶnnen?

Sebastian Pichelhofer: Mit dem Preisgeld vom Prix haben wir unseren Traum von einer freien und offenen Kinofilmproduktionskamera ein groƟes StĆ¼ck weiter gebracht. Das Geld haben wir in die Entwicklung unseres Kamera-Prototypen AXIOM Alpha gesteckt. Damit haben wir Videos gedreht, die wir wiederum in unserer mittlerweile sehr erfolgreich beendeten Crowdfunding-Kampagne ā€žAXIOM Beta: The first open digital cinema cameraā€œ hergezeigt haben. Dadurch haben wir nicht nur einige Hollywood-GrĆ¶ĆŸen sondern auch eine viel grĆ¶ĆŸere Anzahl an Early-Adoptern Ć¼berzeugen konnten, das Projekt zu unterstĆ¼tzen. Um die 500 Kameras haben wir in dieser Kampagne vorverkauft ā€“ geplant hatten wir 250 und da waren wir uns im Vorhinein noch nicht sicher, ob wir uns mit dieser Zahl nicht Ć¼berschƤtzt haben.

Welche Schwierigkeiten musstet ihr in den vergangen zwei Jahren Ć¼berwinden?

Sebastian Pichelhofer: Das grĆ¶ĆŸte Problem war fast durchgƤngig Geldnot. Wir finanzieren uns aus Spenden, Sponsoring, Preisgelder und Fƶrderungen und das war die letzten Jahre nicht annƤhernd genug, um auch nur die Hardware zu kaufen, die wir fĆ¼r die Produktion unserer Prototypen gebraucht haben. Einige Teammitglieder haben also ihr persƶnliches Erspartes ins Projekt gesteckt. Durch das erfolgreiche Crowd-Funding und einer EU-Fƶrderung kƶnnen wir in dieser Hinsicht fĆ¼r eine gewisse Zeit jetzt um einiges entspannter arbeiten.

Eine Kamera fĆ¼r Kinofilmformate ā€“ ein ganz schƶn ehrgeiziges Projektā€¦

Sebastian Pichelhofer: Wir waren uns immer schon bewusst, dass unser Projekt das Potential haben kƶnnte, die gesamte Kreativindustrie und die Art, wie Filme produziert werden, auf den Kopf zu stellen. Ob die Leute aber wirklich bereit sind, Geld auf den Tisch zu legen, um ihre kreative Freiheit zurĆ¼ckzuerobern, oder doch lieber im Goldenen KƤfig anderer Kamerahersteller sitzen bleiben mƶchten, hat uns in der Crowd-Funding-Vorbereitung am meisten Kopfzerbrechen bereitet. Auch haben wir in unserer Crowd-Funding-Kampagne explizit ein ā€žDeveloper Kitā€œ angeboten – eine unfertige Kamera, die UnterstĆ¼tzerInnen einlƤdt, die restliche Entwicklung gemeinsam zu beschreiten. Das hat sicher viele reinen AnwenderInnen ausgeklammert.

Mit dem Ergebnis der Crowd-Funding-Kampagne ā€žAXIOM Betaā€œ haben wir Ć¼brigens den Rekord fĆ¼r die erfolgreichste ƶsterreichische Indiegogo-Kampagne bis dato bei weitem Ć¼berboten. Wir haben damit aber nicht nur unsere Geldprobleme gelƶst, sondern auch eine groƟe interessierte Community gefunden, die uns mit Feedback, Ideen und Geschichten aus dem tƤglichen Leben der Filmproduktion hilft, die bereit ist, die Richtung der Entwicklung langfristig zu definieren, und die an der Entwicklung aktiv teilnimmt.

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Warum habt ihr euch vor sieben Jahren dazu entschlossen, dieses Feld der professionellen Filmproduktion zu betreten?

Sebastian Pichelhofer: Die GrĆ¼ndungsvƤter des Projekts kommen alle aus der Filmproduktion. Wir waren mit den Werkzeugen, die wir damals benutzen mussten, in hƶchstem MaƟe unzufrieden. Die Kamerahersteller schienen kein Interesse daran zu haben auf unsere WĆ¼nsche einzugehen. Und da war fĆ¼r uns der einzig logische Schritt, dass wir unsere Werkzeuge eben selbst bauen mĆ¼ssen. Begonnen hat es vor sieben Jahren damit, dass wir bestehende Hardware modifiziert haben, um sie fĆ¼rs Filmemachen tauglich zu machen. Das heiƟt, wir haben uns grĆ¶ĆŸtenteils auf Peripherie und Software fokussiert. 2011 waren die Limitierungen der Hardware, die uns zur VerfĆ¼gung stand, aber nicht mehr mit Workarounds zu beheben. Ab diesem Zeitpunkt haben wir mit dem Schritt begonnen, eigene Kamerahardware zu bauen. 2012 am ā€žLibre Software Meetingā€œ in Genf haben wir dieses Open-Hardware-Projekt mit dem Namen AXIOM zum ersten Mal ƶffentlich angekĆ¼ndigt.

Wie sieht die Online-Community heute aus, die euch unterstĆ¼tzt? Woher kommen die Menschen und war es rĆ¼ckblickend eher ein Kommen und Gehen oder gibt es Leute, die schon von Beginn an mit dabei sind?

Sebastian Pichelhofer: Es gibt sowohl langjƤhrige Mitstreiter wie auch Menschen, die mit langen Pausen der Absenz plƶtzlich wieder auftauchen und sich beteiligen. Und natĆ¼rlich gibt es eine groƟe Menge an Leuten, die aus vielen verschiedenen GrĆ¼nden nur kurz etwas zum Projekt beitragen. Generell wƤchst die Community langsam und stetig. Das grĆ¶ĆŸte Problem ist die Eintrittsbarriere der Kamerahardware. Im Moment haben wir nur einen einzigen voll funktionsfƤhigen AXIOM Alpha Prototypen. Der hat schon einige Reisen um die Welt hinter sich, um bei verschiedenen PrƤsentationen und Workshops hergezeigt zu werden. Dieses Wachstum sollte einen groƟen Sprung nehmen, sobald wir beginnen, die AXIOM Beta Hardware an die Crowd-Funding UnterstĆ¼tzerInnen auszuliefern. Dann wird es etwa 500 Leute auf der Welt geben, die mit ihren Kamera-Prototypen zu experimentieren beginnen.

Wo seid ihr heute mit eurem Projekt angelangt ā€“ kann man die Kamera AXIOM Beta schon kaufen und welche PlƤne habt Ihr fĆ¼r die darauf folgende Gamma-Version?

Sebastian Pichelhofer: Die AXIOM Beta wird zuerst exklusiv an die ca. 500 Crowd-Funding-UnterstĆ¼tzerInnen versandt. Die letzten UnterstĆ¼tzerInnen sollten ihre Kamera im August 2015 erhalten. Ab dann nehmen wir regulƤre AXIOM-Beta-Bestellungen entgegen. Die Entwicklung der AXIOM Gamma wird parallel im FrĆ¼hling 2015 beginnen und bis etwa Mitte 2016 dauern.

Sebastian Pichelhofer (29 Jahre) lebt in Wien und arbeitet seit sechs Jahren an der Entwicklung von apertusĀ°. FĆ¼r sein maƟgebliches Engagement hat ihn das Team zum Verbandsvorsitzenden gewƤhlt, zusƤtzlich zu seiner Funktion als Projektleiter von apertus. Er studierte Elektrotechnik und Software-Entwicklung und arbeitete in der Post-Produktion einer Dokumentarfilmfirma bevor er seinen aktuellen Job in der Multimedia-Abteilung einer UniversitƤt annahm.

Hinweis: Die Einreichphase zum Prix Ars Electronica 2015 startet in KĆ¼rze! Infos dazu auf ars.electronica.art/prix.