Der LHC – ein Experiment der Superlative

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CERN und das Ars Electronica Futurelab bieten einer Künstlerin oder einem Künstler auch heuer wieder die einzigartige Möglichkeit, eine zweimonatige Residency in Genf und in Linz anzutreten und sich dort von der Wissenschaft inspirieren zu lassen. Der Open Call zum Collide@CERN Ars Electronica Award läuft noch bis 5. Juli 2015 (23:59 UTC+2) – auf ars.electronica.art/artandscience werden die Einreichungen entgegengenommen. In der Zwischenzeit werfen wir hier einen Blick in das internationale Kompetenzzentrum für Kernforschung.

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3-D-Ansicht cut des LHC. Foto: CERN / Daniel Dominguez

Etwas zu suchen, bei dem man nicht weiß, wie es aussieht, ist an sich schon nicht so leicht. Wie sieht sie also aus, die Dunkle Materie im Universum? Mit unserem bisherigen Standardmodell der Teilchenphysik können wir nicht alle Kräfte, die wir kennen, einheitlich beschreiben – eine große Theorie für alles ist es, was uns fehlt.

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Arbeiten am Kalorimeter des ATLAS-Experiments. Foto: CERN / Claudia Marcelloni

Wäre das nicht hilfreich für die Wissenschaft, Phänomene damit ableiten und erklären zu können? Warum sind nicht alle Elementarteilchen gleich schwer? Wo ist all die Antimaterie hin, die doch beim Urknall noch genau so viel vorhanden war wie die Materie? Und wie war das damals, als das Universum entstanden ist?

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Service beim LHC, Foto: CERN / Anna Pantelia

Gut abgeschirmt, 100 Meter unter der Erde in der Nähe von Genf in der Schweiz ist man auf der Suche nach all diesen Antworten, die um unser Verständnis der Welt, ja des gesamten Universums, kreisen. Hier hat CERN den LHC mit einem Umfang von beinahe 27 Kilometern in einem ringförmigen Tunnelsystem errichtet.

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CERN-Kontrollzentrum, Foto: CERN / Maximilien Brice

Dieser Large Hadron Collider ist in der Lage, sogenannte „schwere“ Teilchen, Hadronen, bis zu 99,9 Prozent der Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen. Bei Experimenten durchlaufen diese Teilchen über 11.000 Mal in einer Sekunde den LHC. Und 600 Millionen Mal treffen sie aufeinander, in einer Sekunde, und zerfallen in weitere Teilchen. Unvorstellbare Zahlen, die auch gemessen, gespeichert und verarbeitet werden müssen.

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Eine der ersten Kollisionen mit einem „stabilen Strahl“ bei 13 TeV, aufgezeichnet im CMS-Experiment. Foto: CERN / CMS Collaboration

Ein Megabyte an Rohdaten fällt an, wenn zwei Teilchen miteinander kollidieren – und das 600 Millionen Mal in der Sekunde. Die elektronischen Signale, die bei einem solchen Kollisionsereignis gemessen werden, müssen zunächst begutachtet werden, bevor man sie speichert. Von WissenschaftlerInnen generierte Algorithmen bestimmen, was eigentlich gespeichert werden soll. In solchen Dimensionen ist es enorm wichtig, die Spreu vom Weizen frühestmöglich zu trennen. Nur für die Forschung interessante Fälle werden registriert und gespeichert, alle anderen verworfen.

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CERN Computer Center, Foto: Maximillien Brice, Anna Pantelia

Von den 600 Millionen Ereignissen in der Sekunde werden demnach etwa 100.000 Fälle pro Sekunde dokumentiert. Detailliertere Algorithmen reduzieren dies schließlich auf etwa 100 bis 200 Kollisionsereignisse pro Sekunde. Diese werden schließlich im CERN Data Centre gespeichert, das sind dann aber immer noch 30 Petabytes an Daten, die jährlich generiert werden. CERN arbeitet bei diesen Vorgängen aber nicht allein – über das Worldwide LHC Computing Grid ist es weltweit mit anderen riesigen Rechenzentren vernetzt, die die Verarbeitung, die mehrfache Speicherung und auch die Analyse dieser Unmenge an Daten übernimmt.

Forschung im 21. Jahrhundert, das ist weltweite Zusammenarbeit. Fachartikel, die sich den Daten des LHC bedienen, haben dann schon mal 3.000 Autoren, wie es bei einem kürzlich veröffentlichten Artikel im Magazin „Nature“ der Fall war.

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Peter Higgs besucht das CMS-Experiment, Foto: Maximilien Brice

Auch wenn ein Experiment am LHC vielleicht nur wenige Minuten oder ein paar Stunden dauert, die Auswertung und Analyse der Daten verschlingt trotz der Tausenden WissenschaftlerInnen, die sich damit gleichzeitig auseinandersetzen, viele Jahre. Das Higgs-Teilchen konnte im Juli 2012 im LHC nachgewiesen werden, François Englert und Peter Higgs erhielten ein Jahr später auch den Nobelpreis für Physik, für ihre theoretische Entdeckung des Higgs-Bosons, doch noch heute laufen Auswertungen der Messdaten, um sich ein Gesamtbild der Theorie machen zu können.

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Gesamtansicht des LHC, inklusive den Detektoren ALICE, ATLAS, CMS und LHCb. Foto: CERN / Philippe Mouche

Der Teilchenbeschleuniger LHC ist aber mehr als nur eine Röhre. Riesige Detektoren sind daran angeschlossen, um bestimmten Phänomenen auf den Grund zu gehen. ATLAS, CMS, ALICE und LHCb nennen sich die großen vier Detektoren, die entlang des Rings verteilt sind. Schon ihr Äußeres ist beeindruckend und faszinierend zugleich. Hier in CERN wird Wissenschaftsgeschichte geschrieben. Es ist ein Ort, an dem Geschichten entstehen, die uns womöglich Antworten geben auf Fragen, die sich die Wissenschaft schon immer gestellt hat.

Die Residency am CERN sowie am Ars Electronica Futurelab soll es auch Künstlerinnen und Künstlern ermöglichen, sich mit diesen Geschichten und dieser Materie zu beschäftigen und sich davon inspirieren zu lassen. Noch läuft der Open Call, Mitte Juli entscheidet eine Fachjury darüber, wer die Residency antreten kann. Bereits zum Ars Electronica Festival, von 3. bis 7. September 2015 in Linz, wird die Künstlerin oder der Künstler präsentiert.

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