Das fünfköpfige indonesische Forschungskollektiv XXlab besteht ausschließlich aus Frauen, die Designerinnen, Künstlerinnen und Programmiererinnen sind. Mit SOYA C(O)U(L)TURE wollen die Gewinnerinnen des [the next idea] Art and Technology Grant voestalpine 2015 die Wasserverschmutzung und Armut auf Indonesien bekämpfen, indem sie mit einem innovativen Verfahren die giftigen Rückstände und Abwässer der in Indonesien intensiv betriebenen Soya-Produktion nutzen, um damit essbare Zellulose, Biospirt und Bioleder herzustellen. Alles, was zur Herstellung benötigt wird, ist günstig im Handel erhältlich und das Verfahren kann in Do-it-Yourself-Manier von jeder und jedem selbst in der Küche zuhause nachgemacht werden.
Im Ars Electronica Futurelab hatte das Team nun eine Residency, um das Forschungsprojekt weiter zu voranzutreiben. Wir haben die fünf Teammitglieder, Irene Agrivina, Eka Jayani Ayuningtyas, Atinna Rizqiana, Asa Rahmana und Ratna Djuwita, Anfang September beim Ars Electronica Festival 2015 getroffen, und mit ihnen über ihr ehrgeiziges Projekt gesprochen.
Credit: Yudhistira Purwa Anugerah
Ihr habt alle unterschiedliche Expertisen. Woher kennt ihr euch und wie hat eure Zusammenarbeit begonnen?
Irene Agrivina: Wir haben uns zum ersten Mal bei einem Workshop getroffen, bei dem es um Open-Source-Software gegangen ist. Zwei von uns haben sich aber schon vorher gekannt und haben auch schon mehrere Jahre zusammengearbeitet. Wir haben uns dann zusammengetan, weil wir neugierig waren, was wir als Frauengruppe in der Kunst, der Wissenschaft und der Technologie erreichen können.
Euer ehrgeiziges Ziel ist es, die Wasserverschmutzung und Armut auf Indonesien zu bekämpfen. Warum ist die Soya-Produktion so umweltschädlich?
Eka Jayani Ayuningtyas: Das Produktionsabwasser von Tofu erhöht die Menge an organischen Verbindungen im Wasser, was dem natürlichen Biosystem im Wasser schadet. Aufgrund des hohen Werts an chemischen Sauerstoffbedarf (COD) beginnt die anaerobe Zersetzung von Ammoniak, Kohlendioxid, Essigsäure, Hydrogen Sulfid und Methan und das ist sehr giftig. Das Wasser wird dunkelbraun und es entwickelt sich ein scheußlicher Geruch im Laufe der Zeit. Das heißt die Lebensqualität der Menschen vor Ort sinkt enorm.
Atinna Rizqiana: Die Tofuproduktion ist ein sehr großer Teil unserer heimischen Wirtschaft in Yogyakarta und in ganz Indonesien. Die Fabriken sind in der ganzen Region verteilt. Hier nutzen aber auch heute noch sehr viele Indonesier die Flüsse zum Baden, Waschen und Angeln. Bei Kindern ist es auch sehr beliebt, in den Flüssen schwimmen zu gehen. Wenn aber das Abwasser der Tofuproduktion in die Flüsse geleitet wird, verursacht das verschmutzte Wasser Durchfall, Cholera, Haut- und Darmerkrankungen und viele anderen Krankheiten.
Credit: XXLab
Wie funktioniert SOYA C(O)U(L)TURE?
Asa Rahmana: Wir nehmen das Abwasser aus den Tofu Fabriken und verbinden es mit einem selbst angebauten Nähbodenträger. Innerhalb zehn bis zwölf Tagen wandelt das Acetobacter xylinum Bakterium Glukose in Zellstofffasern um und bildet mikrobielle Cellulose Blätter, die bei uns zu Hause als nata de soya bekannt sind.
Ratna Djuwita: Diese Cellulose Blätter können entweder für den Verzehr verwendet werden – nata de coco, ist eine Variante, die aus Kokoswasser gemacht wird und ein beliebter Snack ist – oder man verarbeitet die Blätter weiter zu Kleidung oder Bastelmaterialien. Zusätzlich kann das Restwasser aus dem bakteriellen Prozess eine geringe Menge von mikrobiellen Kraftstoff enthalten.
Credit: Tommy Surya Rahadyanto
Das klingt ja toll! Wie weit seid ihr mit der Umsetzung?
Irene Agrivina: Wir haben den gesamten Prozess dokumentiert – das Ausprobieren alternativer Materialien, wie Kokos- oder Algenwasser und verschiedener Methoden für die verschiedenen Phasen des Prozesses, um herauszufinden, welche Methoden zum besten Ergebnis führen.
Asa Rahmana: Während des gesamten Prozesses haben wir mit Hausfrauen aus dem Dorf Srandakan in Yogyakarta und mit einem Professor für Mikrobiologie von der Universität Gadjah Mada zusammengearbeitet.
Atinna Rizqiana: Für die Residency im Ars Electronica Futurelab und für die Ausstellung beim Ars Electronica Festival 2015, haben wir mit Arduino einen kleinen Inkubator gebaut, der mit einfachen Sensoren und Schaltern und vor allem mit regulären Haushaltsgegenständen funktioniert. So soll die Temperatur stabil bleiben, während darin die Cellulosebildung stattfindet.
Credit: Florian Voggeneder
Im Ars Electronica Futurelab habt ihr die Möglichkeit mit einem erfahrenen Team euer Projekt weiter zu entwickeln. Wie und wobei können euch die Mitglieder des Futurelabs unterstützen?
Eka Jayani Ayuningtyas: Die moderne Ausrüstung des Ars Electronica Futurelabs macht es möglich, verschiedene Variablen während des gesamten Zellbildungsprozesses zu messen und zu steuern, wie den Säuregehalt oder die Zufuhr organischer Inhaltsstoffe. So kann die Produktionseffizienz verbessert werden und Abfall reduziert werden.
Ratna Djuwita: Noch wichtiger ist aber, dass wir Feedback für unser Projekt bekommen und wir es so weiter verbessern können. Die Mitglieder des Ars Electronica Futurelab haben ein extrem vielfältiges Know-how und so können wir weitere Erkenntnisse für dieses Projekt gewinnen.
Irene Agrivina: Zusätzlich haben wir im Ars Electronica Futurelab viele andere Projekte entdeckt, die uns zu neuen Ideen bei unserem Projekt inspiriert haben.
Credit: Florian Voggeneder
Am Ars Electronica Festival 2015 seid ihr mehrfach vertreten. Natürlich bei der Ars Electronica Gala, bei dem ihr euren Grant entgegennehmt, bei Talks und bei Workshops. Worum wird es in den Talks gehen und welche Workshops bietet ihr an?
Irene Agrivina: Wir werden über den Prozess hinter der Arbeit von XXLab sprechen, über den Produktionsprozess von Biomaterialien und seine Umweltauswirkungen auf die Stadt Yogyakarta und wie es Arbeitsplätze vor allem für Frauen aus Haushalten mit niedrigem Einkommen schafft.
Atinna Rizqiana:Die Workshops sind eine Einführung in die Bakterienkultur, bei der nur Geräte und Zutaten verwendet werden, die in jeder gewöhnlichen Küche zu finden sind. Wir werden unterschiedliche biologische Experimente durchführen. Dabei lernt man in den Workshops die Herstellung von Biomaterialien mit Küchenabfällen.
About XXLab
XXLab ist ein rein weibliches Kollektiv aus Yogyakarta, Indonesien mit Mitgliedern aus interdisziplinären Hintergründen. Sie konzentrieren sich auf die Erforschung von Kunst, Wissenschaft und Technologie mit kostenloser Open-Source-Software, Hardware, und Materialien. Sie leiten auch eine Reihe von DIY (Do It Yourself) und DIWO (Do It With Others) Workshops.
Open systems advocate, technologist, artist and educator Irene Agrivina is a graduate of the Graphic Design Faculty at the Indonesia Institute of Art (ISI), Yogyakarta and Culture and Religion Master Program at Sanata Dharma University, Yogyakarta. She is one of the founding members and current directors of the House of Natural Fiber (HONF), a Yogyakarta-based new media and technology laboratory. Created in 1998 as a place of open expression, art and cultural technologies in the wake of the Indonesian „revolution“, HONF was born out of the social and political turmoil against the Suharto regime, its nepotism and governmental corruption. Agrivina runs HONF’s ‚Education Focus Programme‘ (EFP) which focuses on the application and practical use in daily life of collaborative, cross-disciplinary and technological actions responding to social, cultural and environmental challenges. In response to the needs of societies in development and transition, HONF and EFP apply open, collaborative and sustainable actions that systematically expand or convert accessible technologies to be used as multifunctional tools and methodologies. In 2011, Agrivina established Fablab Yogyakarta as the first Fablab in South East Asia, and in 2013 Agrivina co-founded XXLab, a female collective focusing in art, science and free technology. Agrivina is also a co-founder of Transformaking, an annual International Summit in Transformative and Critical Making. Currently she is initiating OSHW (Open Source Hardware for Citizen Science) projects in Asia.
Eka Jayani Ayuningtyas has a Bachelor’s Degree in English Literature but spends more time as a self-taught front-end developer and musician than as a translator. She is interested in media studies, the web and the open culture, co-founding one of the first Indonesian language music podcasts DeadmediaFM in 2007. Her activities in the local music scene brought her into contact with the new media art laboratory House of Natural Fiber in early 2010s. She has been involved in some of their projects since, and she joined the all-female collective XXLab in 2014. She writes and performs music with her bands, Nervous and Brilliant at Breakfast.
Atinna Rizqiana is a researcher and a costume designer. She graduated from University of Indonesia on 2008, and work as a part time researcher for corporate and NGO ever since. After her moving to Jogjakarta, she decided to run her own eco-conscious fashion label called Draoupads, along her activity as a costume designer for theaters and movies. She is also an active member of xxlab, an open female collective who explores art, science and technology in their own kitchen.
Asa Rahmana is a singer-songwriter, maker, and multi-discipline artist. She is founding member and singer-songwriter of Belkastrelka, an experimental-digital based music group. They currently initiated a long term collaborative project called “Jalan Emas” with Garasi Performance Institute, an experimental contemporary theater performance which use collective artist approach. Beside her musical activities, she belongs to an interdisciplinary female collective on art, science, and technology called XXLab. Following her passion, she runs a homemade and natural personal care brand called Kitchen Table Science Club where she busy experimenting with butter and oils, while trying to grow awareness and sharing knowledge about natural and healthy product.
From 2003 to 2008 Ratna Djuwita work and managed Ripple Magazine, one of Youth media who represent youth generation’s criticism towards movements, culture and lifestyle. along with her career in media, she developed Open Labs, a community for electronic music and media art under common room network foundation. She was be director of marketing communication for EAT, one of street wear brand that recognize as pioneered the Indonesian board riding and street wear industry. she was actively involved in House of Natural Fiber ( HONF). She start initiative project with HONF called Open Apparel, a platform that tries to open new opportunities fir fashion industry in Indonesia, developing secondary industries, increase employment opportunities and new possibilities. supported by HONF she and another 4 girls from Yogyakarta collected an open group called XXLab, it’s a collective for art, science and free technologies. their last project is SOYA C(O)U(L)TURE a research project to develop producst from soya waste water. In this ambitious research program XXLAB use bacteria and tissue culture to generate bio fuel, food and leather like fabrics from soya liquid waste. The aim is to create a sustainalbe and cheap production process for such products and to reduce water pollution. she also developing her fashion line called PARD and BEHAVIOR Yogyakarta fashion brand who present selected works by international and regional commission artist.