Der Pacher-Altar als Gigapixel im Deep Space 8K

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Knappe 10 Jahre fertigte der Maler und Bildschnitzer, Michael Pacher, den dreiseitigen Pacher-Flügelaltar an, bevor er 1479 in die Pfarrkirche von Sankt Wolfgang im Salzkammergut transportiert wurde. Heute ist der Pacher-Altar der einzig komplett erhaltene Altar Michael Pachers, einem der wichtigsten Meister der österreichischen Spätgotik. Der Flügelaltar ist ein Wandelaltar mit einem Hauptschrein, zwei beweglichen Außen- und zwei beweglichen Innenflügeln.

Der Linzer Fotograf Florian Voggeneder nutzte die neusten Techniken der automatisierten Kameranachführung und fertigte so ein hochauflösendes Gigapixel des Pacher-Altars an. Kein Präsentationsraum eignet sich besser als der Deep Space 8K, um dieses Gigapixel mit all seinen Details darzustellen. Deshalb stellten der Theologe Dr. Michael Zugmann von der Katholisch-Theologische Privatuniversität Linz, und der Kunsthistoriker Dr. Lothar Schultes, vom Oberösterreichischen Landesmuseum, diesen besonderen Altar bei Deep Space LIVE am DO, 3.12.2015, vor. Aufgrund des großen Besucherandrangs wurde die Präsentation am SO, 6.12.2015 noch einmal wiederholt. Wer das Gigapixel noch nicht gesehen hat oder es noch einmal sehen möchte, hat am SO, 13.12.2015, 11:00–12:00 die letzte Gelegenheit dazu.

Wir haben Dr. Schultes und Dr. Zugmann vor Ihrem ersten Vortrag gefragt, was den Altar so besonders macht.

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Lothar Schultes und Michael Zugmann im Deep Space 8K (Credit: Magdalena Leitner)

Was ist das Besondere am Pacher-Altar? Warum hat man sich dafür entschieden ein Gigapixel von diesem Altar zu machen?

Lothar Schultes: Der Pacher-Altar in St. Wolfgang gehört zu den bedeutendsten Kunstwerken, die wir besitzen. Es ist der am besten erhaltene Flügelaltar überhaupt! Nicht zuletzt deshalb, weil sich der Pfarrer 1787 weigerte, wie vorgeschrieben, einen Tabernakel einbauen zu lassen. Auch hat sich der Künstler, Michael Pacher, vertraglich verpflichtet, die Schreingruppe „nach dem köstlichsten und besten so er das gemachen mag“ auszuführen. Das heißt, wir haben hier ein absolutes Spitzenwerk der Spätgotik vor uns, das mit einem Preis von 1200 ungarischen Gulden zu den teuersten gehört.

Michael Zugmann: Es ist ein zu Recht sehr berühmtes Kunstwerk in Oberösterreich, weil es sich – neben der Tatsache, dass es sich um einen vollständig erhaltenen Flügelaltar handelt – auch um einen Altar mit einem sehr reichhaltigen und aufschlussreichen Bildprogramm handelt.

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Florian Voggeneder während der Aufnahme des Gigapixels (Credit: Florian Voggeneder)

Was war Ihr erster Eindruck, als Sie den Pacher-Altar im Deep Space 8K erstmals in solch einer großen Auflösung gesehen haben?

Lothar Schultes: Die Aufnahme bringt Details zutage, die sonst im Kirchenraum verloren gehen. Das beweist, dass sich Pacher geradezu liebevoll auch solchen Details gewidmet hat, von denen er wusste, dass sie für die Betrachter gar nicht sichtbar waren. Das gilt sowohl für die geschnitzten Teile, wie auch für die Gemälde. So ist etwa bei der Geburt Christi im Hintergrund der Blick in eine mittelalterliche Stadt zu sehen, deren Einzelheiten erst bei starker Vergrößerung zu erkennen sind.

Michael Zugmann: Die Farbigkeit, Lebendigkeit und Detailfreude – vor allem der Gemälde – haben mich besonders begeistert! Die Farbigkeit und dass es sich um Gemälde handelt, ist auch ein Unterschied zum Kefermarkter Altar, den wir letztes Jahr besprochen haben.

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Credit: Magdalena Leitner

Was hat Sie besonders überrascht oder fasziniert, als Sie die kleinen Details des Pacher-Altars begutachten konnten?

Michael Zugmann: Es waren viele Details, die wir begeistert und mit Interesse wahrgenommen haben. Zum Beispiel, dass im Rahmen des Schreines viele kleine Figuren geschnitzt sind, die den Stammbaum Jesu darstellen oder, dass beim kleinen Bild, das die Flucht nach Ägypten darstellt, im Hintergrund eine Götzenstatue von ihrem Sockel fällt.

Lothar Schultes: Bei jeder Betrachtung kommen neue, vorher übersehene Details zutage, etwa die kleinen Figuren, die in den Ranken des Rahmens klettern, oder die vielen kostbaren Schmuckstücke am Ornat des heiligen Wolfgang. Zoomt man auf die Schulter des Heiligen, sieht man dort sogar kleine Schellen. Das ist wirklich unglaublich!

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Credit: Magdalena Leitner

Auf welche Elemente des Altars gehen Sie in Ihren Präsentationen im Deep Space 8K ein?

Lothar Schultes: Nachdem drei Termine vorgesehen sind und der Altar sich zweimal öffnen lässt, werden wir bei jedem Termin auf einen der drei möglichen Zustände näher eingehen. Nur große und aufwändige Flügelaltäre ließen eine dreimalige Wandlung zu. In St. Wolfgang sahen die Besucher an gewöhnlichen Wochentagen den geschlossenen Zustand mit der Wolfganglegende, an Sonntagen die Bilderwand mit Szenen aus dem Leben Christi und nur an hohen Feiertagen den geöffneten Schrein mit der Krönung Mariens. Übrigens ließ sich auch die Predella öffnen und schließen, sodass die Gläubigen den Altar immer in einer anderen „Inszenierung“ sahen.

Michael Zugmann: Wir werden bei den drei Vortragsterminen Schwerpunkte setzen: Am 3.12. beschäftigen wir uns mit der „Feiertagsseite“ des Altares, wenn alle Flügel geöffnet sind. Das sind Szenen aus dem Marienleben, die Krönung Mariens, der heilige Wolfgang und der heilige Benedikt. Am 6.12. sehen wir uns die „Werktagsseite“, wenn alle Flügel geschlossen sind, an. Dort sieht man Szenen aus dem Leben des heiligen Wolfgang. Und am 13.12. betrachten wir die „Sonntagsseite“ mit Szenen aus dem Leben Christi.

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Credit: Magdalena Leitner

Ist der Vortrag nur für Theologiebegeisterte empfehlenswert?

Michael Zugmann: Ich denke, er ist für viele Zielgruppen geeignet. Vor allem für Leute, die sich in Ruhe Bilder anschauen und sie auf sich wirken lassen wollen.

Lothar Schultes: Es war das Ziel Pachers, die in der Bibel und in den Heiligenlegenden überlieferten Geschichten möglichst unmittelbar und anschaulich darzustellen. Dabei vermeidet er etwa bei der Versuchung Christi, den Teufel – wie damals üblich – als groteskes Phantasiewesen darzustellen. Er hat zwar Hörner, sieht aber sonst aus wie ein Mensch. Pacher versucht also, auch unglaubliche Ereignisse glaubwürdig zu erzählen. Er tut dies, indem er sie in seine Zeit versetzt. So wird beispielsweise aus dem Tempel von Jerusalem eine gotische Kirche. Diese sehr eigenständige Auseinandersetzung mit der christlichen Tradition ist das Faszinierende an seinen Bildern. Nicht nur in dieser Hinsicht war Pacher ein sehr modern denkender Künstler.

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Credit: Magdalena Leitner

In Zeiten wie heute, in denen sich viele von der Kirche abwenden, glauben Sie, dass eine moderne Darstellung kirchlicher Elemente – wie beispielsweise jene im Deep Space 8K – dazu führen kann, dass sich die Bevölkerung wieder mehr mit der Kirche beschäftigt?

Michael Zugmann: Es ist schön, dass im breitgefächerten Spektrum des Programms des Deep Space auch kirchliche Kunst vorkommt. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Kultur. Sie lässt darüber hinaus auch die Frage nach dem tieferen Sinn der dargestellten Heilsereignisse stellen: Was hat es mit dem Leben Jesu, Mariens und der Heiligen für unser Leben auf sich? Die kirchliche Kunst will – wie wohl auch viele andere Kunstrichtungen – nicht nur erfreuen (delectare) und lehren (docere), sondern auch bewegen (movere).

Lothar Schultes: Es gibt die unterschiedlichsten Gründe, weshalb sich Menschen von der Kirche abwenden, etwa das Ärgernis der Kirchenspaltung und zuletzt auch die zutage gekommenen Skandale. Die Kirche hat in vielen Belangen ihre Glaubwürdigkeit verloren, vor allem bei Jugendlichen, die aber auch mit vielen Glaubensinhalten nichts mehr anzufangen wissen. Andererseits ist es erstaunlich, wie charismatische Persönlichkeiten, wie Papst Franziskus, Menschen jeden Alters zu begeistern vermögen. Religion ist heute nicht mehr an die traditionellen kirchlichen Strukturen gebunden. Wenn sich der Deep Space religiöser Kunst widmet, erreicht es auch Menschen, die vor der Kirche vielleicht Schwellenangst haben.

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Credit: Magdalena Leitner

Sehen Sie den Pacher-Altar lieber live in St. Wolfgang oder hochauflösend im Deep Space 8K?

Michael Zugmann: Ich glaube, dass sich die Sichtweisen sehr gut ergänzen. Im Deep Space ist es ein Erlebnis viele Details zu sehen und sich auf einzelne Bilder konzentrieren zu können. Aber es ist immer eine besondere Erfahrung, ein Kunstwerk im Original zu sehen, und wie beim Flügelaltar von St. Wolfgang, es auch in seinem ursprünglichen Kontext zu sehen, in dem es seit über 500 Jahren steht.

Lothar Schultes: Ich finde, das ist nicht vergleichbar. Aber der im Deep Space mögliche Blick auf die Details lässt das Original ganz neu und anders erscheinen. Aber zu einem Besuch von St. Wolfgang gehört ja nicht nur die Kirche mit dem Altar, sondern auch die herrliche Landschaft. Es gibt nichts Schöneres, als eine ausgiebige Wanderung mit einem Besuch des Pacher-Altars abzuschließen.

Am 13.12.2015, 11:00–12:00 haben Sie noch einmal die Möglichkeit den Blick auf großartige Details und besondere Techniken der Oberflächenbearbeitung des Pacher-Altars in hochauflösender 8K-Auflösung im Deep Space 8K zu genießen! Reservierung unter 0732.7272.51 oder center@aec.at empfohlen.

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