Die „Game Changer Suite“ ist eine Sammlung von Multiplayer-Spielen, die als Prototypen von StudentInnen der FH OÖ Campus Hagenberg entwickelt wurden. Die sich im Deep Space 8K bewegenden SpielerInnen werden mittels Lasertracking erfasst und können dadurch ihre virtuellen Avatare, die auf Wand und Boden projiziert werden, steuern und gemeinsam oder gegeneinander in verschiedenen Szenarien mit vollem Körpereinsatz antreten.
Jeremiah Diephuis, Lehrender am Campus Hagenberg der FH Oberösterreich, sowie Georgi Kostov und Andreas Friedl, frische Absolventen des Masterstudiengangs Interactive Media, erzählen über die bisherigen und kommenden Herausforderungen und Möglichkeiten bei der Entwicklung der Game Changer Suite.
Wie ist die Game Changer Suite entstanden?
Jeremiah: Ursprünglich war das damals ein Projekt fürs Ars Electronica Festival 2014, das unter dem Thema „C – what it takes to change“ stand – daher auch der Titel und die Idee, sowohl „competitive“ als auch „cooperative“ Ansätze umzusetzen. Ich habe mich von Spielen inspirieren lassen, bei denen Spielelemente von unterschiedlichen Spielen zusammenkommen. Ich wollte versuchen, vertraute Elemente reinzuholen, die die Leute wiedererkennen. Andreas, Georgi und die anderen Mitglieder der Projektgruppe sind dann mit ganz anderen Ideen gekommen. So auch Daniel Wilfinger und Poorya Pieroozan, beide Studenten des Masterstudiengangs „Interactive Media“. Insofern ist es wirklich eine Suite geworden, eine Sammlung, die es erlaubt verschiedene Arten von Spielen auszuprobieren.
Andreas: Was ich ganz interessant finde ist, dass es sowohl kompetitive als auch kooperative Spiele gibt, aber auch teambasierte und welche, bei denen jeder für sich selbst spielt. Das hat sich zufällig so ergeben, und eine bunte Mischung von komplett unterschiedlichen Mechaniken und Richtungen ergeben.
Gibt es diese Spiele nur im Deep Space im Ars Electronica Center?
Jeremiah: Sie sind für den Deep Space entwickelt worden. Es ist aber auch im Gespräch, dass sie vielleicht bei weiteren Installationen der Ars Electronica eingebaut werden z. B. für das kürzlich eröffnete „Deep Space Theatre“ in Singapur. Und seit ein paar Wochen haben wir in Hagenberg einen eigenen Raum mit Laser-Tracking und Projektionen – natürlich nicht so groß und nicht in der Qualität wie im Deep Space. Aber es gibt uns die Möglichkeit, weitere Sachen zu entwickeln und zu testen. Wir nennen es „PIEspace“, weil es Teil der ganz neuen Forschungsgruppe „Playful Interactive Environments“ ist, die von den Deep-Space-Projekten stark geprägt wurde.
Was gespielt wird entscheiden die Spieler demokratisch – durch ihren Standort (Credit: Martin Hieslmair)
Wie wird es weitergehen mit der Spielesammlung?
Jeremiah: Es ist so gedacht, dass diese Spielesuite erweitert werden kann. Das Framework ist so entwickelt, dass relativ leicht neue Spiele dazugegeben oder ausgetauscht werden können. Es gibt immer wieder neue, Andreas und Georgi haben für ihre Diplomprojekte eigene Spiele gemacht.
Andreas: Das Spiel, das wir nach dem Ars Electronica Festival und der MUM nun am SO 20.12.2015 zum ersten Mal öffentlich vorzeigen, heißt LazorLab. Die Idee war, den Spielern in dieser Spielumgebung mehr Kontrolle über das Spiel zu geben. GameChanger macht irrsinnig viel Spaß und man bewegt sich sehr viel, aber man hat wirklich nur die Position im Raum, um seinen Avatar zu steuern. Mein Diplomprojekt erweitert das Interface zwischen Spieler und Spiel durch den Smartphone-Einsatz. Bei LazorLab verbindet man sein privates Smartphone zum Spiel und hat dadurch die Möglichkeit mehrere Interaktionen im Spiel durchzuführen und Feedback zurückzubekommen. Das funktioniert sowohl alleine als auch im Team.
Georgi: Mein Projekt war die Kombination von Game Changer mit einer weiteren Ebene, der virtuellen Realität mit Oculus Rift. Ich habe getestet, wie sich das verbinden lässt und darüber Leute zusammenspielen können. Die Person mit dem Oculus sitzt neben dem Spielfeld und hat die Übersicht über das ganze Spiel in der dreidimensionalen Version. Sie gibt Informationen an die Personen auf dem Spielfeld weiter, damit diese sich koordinieren können, ihre Gegner finden können. Sie können gemeinsame Aktionen ausführen. Diese Kooperation funktioniert ganz gut. Wir zeigen das aber noch nicht der Öffentlichkeit, weil es doch eine gewisse Zeit braucht, bis man sich an Oculus Rift gewöhnt hat und dann gezielt spielen kann.
Jeremiah: Das ist generell eine Herausforderung, dass die Leute bei der sehr kurzen Zeitspanne einer Präsentation im Deep Space immer erst die Interaktion erlernen und die Art der Bewegung verstehen müssen, damit sie wirklich mit anderen interagieren können.
Andreas: Das ist der Hauptfokus von all unseren Projekten für den Deep Space, die Spiele so zugänglich wie möglich zu machen und alle Mechaniken herunter zu brechen, um ein Erlebnis zu ermöglichen. Und das Spiel muss immer skalieren, also sowohl für vier als auch für 15 Personen funktionieren.
Jeremiah: Derzeit entwickeln wir daran, dass wir auch den Leuten im Publikum Interaktionsmöglichkeiten anbieten. Erweiterungen, die erlauben z. B. einen Gegenstand im Game zu erzeugen, den die Spieler dann verwenden können. Bei Limelight, eines der früheren Spiele, konnte man per SMS Ressourcen im Spiel generieren. Denkbar wären statt Gegenständen auch Wind oder Schwerkraft. Die Interaktion soll also nicht nur durch das Tracking der Position, sondern auch über Netzwerkkommunikation möglich sein.
Bei LazorLab haben die SpielerInnen ihre Smartphones im Einsatz. (Foto: Marc Mühlberger)
Was hat für euch der Umstieg auf den Deep Space 8K mit sich gebracht? Die Game Changer Suite war ja eines der ersten Projekte, die erfolgreich im erneuerten Deep Space gelaufen sind.
Jeremiah: (lacht) Einiges an Arbeit. Wir haben Game Changer aufgerüstet, auf höher auflösende Grafiken. Der Unterschied ist immens. Außerdem hat sich beim Umstieg auf die neue Version von Unity, der verwendeten Entwicklungsumgebung, auch einiges bezüglich der Interface-Elemente geändert, was wir dann neu machen mussten. Wir haben uns aber sehr gefreut, dass der Umstieg so gut gelaufen ist, weil wir ja nicht lange Gelegenheit hatten, die neue Hardwareumgebung zu testen. Ich muss wirklich Andreas und Georgi auch hervorheben – das Semester war aus, sie hatten Diplomarbeiten zu schreiben, aber sie haben trotzdem freiwillig im Sommer noch den Game Changer weiterentwickelt, damit er zur Eröffnung wirklich funktioniert – ohne Bezahlung.
Andreas: Es stand von Anfang an fest, dass das was größeres ist als ein Semesterprojekt, man hat ja nicht oft die Gelegenheit, für ein so großes Live-Publikum was zu machen. Und nachdem schon immer gutes Feedback zurückgekommen ist, haben wir gedacht, machen wir halt weiter.
Jeremiah: Ja, es macht einfach irrsinnig Spaß – so eine Umgebung gibt es sonst nirgends auf der Welt. Die Studenten wollen, wenn sie bei uns anfangen, meist Spiele machen, die eher im kommerziellen Bereich anzusiedeln sind – 2-D-Echtzeitstrategiespiel zum Beispiel. Wenn ich sage, komm machen wir ein Kunstprojekt, eine Installation, ist das sehr schwierig ihre Energie dahin zu lenken. Aber wenn wir dann einmal gemeinsam im Deep Space sind und die Studierenden die Spiele ausprobieren und sehen, wie gut dieses Lasertrackingsystem funktioniert, sind sie begeistert und man braucht sie gar nicht mehr überreden. Ich möchte mich da beim Ars Electronica Futurelab und vor allem beim Otto Naderer herzlich dafür bedanken, dass sie dieses System entwickelt und uns zur Verfügung gestellt haben. Otto steht uns stets zur Seite, wenn wir Unterstützung mit dem Lasertracking brauchen.
Wie wirkt sich die neue Technik im Deep Space auf das Spielerlebnis?
Georgi: Einerseits natürlich von der Auflösung. Aber andererseits ist die Leuchtkraft immens, der Kontrast ist viel stärker, die Farben kommen viel kräftiger. Das gibt schon was her.
Andreas: LazorLab war beim Festival sehr minimalistisch gestaltet, weißer Hintergrund, leuchtende Formen. Mit den neuen Projektoren war das dann fast überbelichtet. Das ist man gar nicht gewöhnt, dass man da bei Farben etwas aufpassen muss.
Jeremiah: Nachdem wir die jetzige 3-D-Fähigkeit gesehen haben, vor allem in Bezug auf die Bodenprojektion, kriegen wir fast Lust, stereoskopische Anwendungen zu machen. Es ist eine gewaltige technologische Änderung gewesen. Wir haben auf jeden Fall vor, weitere Projekte zu machen.
Warum habt ihr euch bisher auf 2-D-Anwendungen beschränkt?
Jeremiah: Obwohl viele Spiele bodenbezogen sind, schauen die meisten Leute auf die Wand. Man darf ja nicht vergessen, dass es viele Personen gibt, die sich am Anfang nicht trauen mitzuspielen, aber zuschauen möchten, da sind dann die Distanzen zur Leinwand zu unterschiedlich. Man kann die 3-D-Sicht nur für einen bestimmten Bereich ausrichten, sodass nur wenige Leute eine richtig gute Sicht haben. Außerdem sind stereoskopische Anwendungen natürlich aufwendiger. Unser Team ist klein und hat keinen Grafiker, wir bräuchten also auf jeden Fall mehr Hilfe.
Andreas: Und man bräuchte auch ein cleveres Spielkonzept, wo es auch Sinn macht. Nicht nur 3-D, damit es halt 3-D ist, es sollte auch wirklich was dahinter sein.
Jeremiah: Wir haben momentan die Idee eines Labyrinthspiels, bei dem der Boden die Platte ist, deren Ausrichtung die Spieler gemeinsam durch Positionswechsel verändern und somit eine Kugel durch das Labyrinth balancieren. Wir denken auf jeden Fall fleißig über solche Sachen nach …
Beim Deep-Space-Wochenende „Spielräume“ am SA 19.12. und SO 20.12.2015 sind Sie an beiden Tagen um 12:30 und 15:30, am Samstag auch um 17:30 eingeladen, mitzuspielen. Am SO 20.12.2015 um 15:00 präsentiert Jeremiah Diephuis persönlich die Game Changer Suite.
Jeremiah Diephuis ist seit vielen Jahren Lehrender für die Studiengänge Medientechnik- und Design sowie Interactive Media am Campus Hagenberg der FH Oberösterreich. Seit drei Jahren entwickelt er mit KollegInnen verschiedene Spieleprojekte für den Deep Space im Ars Electronica Center.
Georgi Kostov ist Absolvent des Studiengangs Interactive Media und arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der neuen Forschungsgruppe „Playful Interactive Environments“ am FH OÖ Campus Hagenberg.
Andreas Friedl hat ebenfalls Interactive Media in Hagenberg studiert und vor kurzem seine Masterarbeit, ein Spieleprojekt für den Deep Space 8K, abgeschlossen.