Drohnen als Medienwerkzeug: Mixed Reality Drone Racing

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Mit bis zu 140 km/h rasen die vier Renndrohnen an den Köpfen des Publikums vorbei, gleichzeitig zeigt eine LED-Wand eine Mischung aus Drohnenflugaufnahme und 3D-Modell des zukünftigen Edelstahlwerks. Konzentrierte Drone Pilots lenken ihre selbstgebauten Flugobjekte, die Renndrohnen rasen surrend an den Köpfen des Publikums vorbei und am Screen taucht virtuell das neue Edelstahlwerk auf.

Verantwortlich für die spektakuläre Performance zum voestalpine Spatenstich ist Ars Electronica Solutions. Gemeinsam mit dem Drohnenteam von MOHIO Gaming wurde der Baubeginn Anfang April 2018 aufregend in Szene gesetzt. Chris Bruckmayr, Projektleiter, und Andreas Neubauer, Gründer und CEO von MOHIO GmbH Sports, verraten im Interview mehr über das Mixed Reality Drone Race.

Ars Electronica Solutions hat kürzlich ein Mixed Reality Drone Race beim neuen voestalpine Edelstahlwerk in Kapfenberg veranstaltet. Wie kam es dazu?

Chris Bruckmayr: Da muss ich etwas ausholen! 2016 haben wir beim Ars Electronica Festival versucht, in der Gleishalle eine Drohnenrennperformance zu inszenieren. Wir bemerkten schnell, dass eine Performance mit mehr Dramaturgie noch interessanter wäre. Damals war die Idee noch nicht sehr ausgereift, wir arbeiteten mit Projektionen und unterstützten auch die Große Konzertnacht mit Drohnen. Seitdem schwirrte die Frage in unseren Köpfen herum, wie man das ausbauen könnte. Als voestalpine an uns herantrat, weil sie etwas Interessantes für den Spatenstich zum neuen Edelstahlwerk in Kapfenberg benötigten, war das eine gute Gelegenheit. Das Baufeld bietet sich dafür an, eine Performance für Renndrohnen zu machen! Wir hatten schließlich die Idee, mit den Renndrohnen die zukünftige Dimension des Werks und gleichzeitig auch die Digitalisierungs- und Automatisierungsprozesse, die hier später stattfinden werden, darzustellen. Mit den Renndrohnen erreichen wir eine große Geschwindigkeit und haben auch die Möglichkeit, mittels First Person View die Sicht des Piloten oder der Pilotin live zu übertragen. Diese Elemente werden verschränkt mit einem 3D-Modell vom zukünftigen Werk, das voestalpine schon hatte. Man sieht also einen virtuellen Durchflug, eine Verschränkung von 3D-Daten mit der Drohnen-Footage, live gemixt auf einer großen LED-Wand. Das Publikum hat das Gefühl, sie würden durch das Werk mitfliegen, das noch nicht dasteht. Gleichzeitig hat es aber auch dieses Rennerlebnis!

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Credit: Ars Electronica Solutions

Was macht eine Performance spannender als ein herkömmliches Drohnenrennen?

Andreas Neubauer: Nachdem wir 2016 gemeinsam für das Ars Electronica Festival etwas in der Gleishalle entwickelt hatten, fand ich es extrem spannend, Drohnenrennen, die Geschwindigkeit, und auch die Vermischung mit Virtual Reality zusätzlich noch mit Show-Rennen zu kombinieren. Wir bekommen darüber hinaus auch sehr viele Anfragen für Show-Races! Wir haben also damit angefangen, aber schnell bemerkt, dass ein reines Show-Rennen für das Publikum total langweilig ist. Die Drohnen sind nicht sehr groß, wenn man also ein Rennen am Tag macht, sieht man sie nicht gut. Die Kombinationen mit 3D-Animationen oder Verschränkungen mit dem Flugbild sind auch für uns als Piloten und Pilotinnen extrem spannend, weil die Anforderungen andere sind als bei Rennen. Bei Races geht es darum, die schnellste Runde zu fliegen und zu gewinnen, bei Showrennen eher um Koordination. Man muss gleich schnell fliegen und punktgenau zum Video starten und ankommen.  Die Herausforderung macht viel mehr Spaß und bringt dem Publikum wesentlich mehr Showerlebnis.

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Credit: Ars Electronica Solutions

Bei dem Rennen sitzen die PilotInnen mit Headsets am Rand der Rennstrecke…

Andreas Neubauer: Sie benützen sogenannte Goggles. Eine Kamera in der Drohne schickt ein Videosignal über einen Sender auf einen Empfänger, und dieser Empfänger ist auf den sogenannten Goggles drauf. Man sieht mit den Goggles, der Datenbrille, das Bild der Kamera direkt vor dem eigenen Gesicht.

Chris Bruckmayr: Darum heißt es First Person View: Man sieht das, was die Drohne sieht, und fühlt sich so, als ob man selbst fliegen würde.

Andreas Neubauer: Das Spannende dabei ist, wie man das Gehirn austrickst. Physisch sitzt man und bewegt sich nicht, aber im Kopf denkt man, man ist in der Drohne und fliegt selbst herum.

Chris Bruckmayr: Die Geschwindigkeit ist sehr hoch, bis zu 140 km/h. Dieses Livebild als Übertragung für das Publikum zu zeigen und es dann mit virtuellen Realitäten und Mixed Reality zu vermischen, das hat verdammt gut funktioniert und sieht echt gut aus.

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Credit: Ars Electronica Solutions

Was sind die rechtlichen Begrenzungen, die man beachten muss?

Andreas Neubauer: Wir bewegen uns in einem Rahmen, der keine Gesetze sprengt. Wir fliegen nicht hoch, nur bis zu fünf Meter über dem Boden, und auch die Videosenderstärke ist reglementiert. An das halten wir uns. Man kann unsere Drohnen allerdingst auch nicht mit den klassischen Drohnen zu vermischen, die man im Geschäft zu kaufen bekommt. Die Renndrohnen werden alle von uns selbst gebaut, von Grund auf, und sind nicht geeignet, herumzufliegen und Videoaufnahmen zu machen.

Wie kann man sich so ein Showrennen wie beim voestalpine Spatenstich genau vorstellen?

Chris Bruckmayr: Wir haben ein Video vorproduziert, den Drohnenflug in First Person View, und den Flug so getimt, dass der Flug mit dem Durchflug durch das 3D-Modell zeitlich stimmt. Dafür erstellten wir eine einfache Form von Tracking. Bei der Performance sind wir das Baufeld in einer Formation von vier Drohnen abgeflogen und haben gleichzeitig den First Person View der Lead-Drohne mit dem vorproduzierten Video vermischt. Zwischen der Raserei der Piloten und dem Durchflug durch das Werk hatte das Publikum also dauernd eine Art futuristische Melange, das machte es ziemlich spannend. Einerseits sieht man diese auf der riesigen LED-Wand und ist beeindruckt, dass die Drohne durch das zukünftige Werk rast, und gleichzeitig kann man aber wieder auch schauen, wie die Drohnen in der Formation in Echt vorbeirasen.

Wir wollen das noch ausbauen, denn es gibt noch viele Varianten, wie man die Verschränkung von Renndrohnen mit Medientechnologie machen kann. Wir möchten uns zum Beispiel ein verfeinertes, aber immer noch einfaches Trackingsystem überlegen, damit wir die Positionen der diversen Drohnen erkennen und sie mit Lichteffekten, Projektionen oder anderen Medientechniken verschränken können. Die Drohne wird selbst zu einem Medienwerkzeug.

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Credit: Ars Electronica Solutions

Welcher technische Aufwand steckt hinter einer solchen Performance?

Chris Bruckmayr: Zuerst mussten wir, wie gesagt, das Video vorproduzieren. Vielleicht schaffen wir es in der Zukunft, das Video nicht vorproduzieren zu müssen, sondern das Flugbild live zu verwenden und in Echtzeit auf das 3D-Modell zu legen. Momentan war die Vorproduktion des getimten Videos aber noch notwendig. Auf der drohnentechnischen Seite ist vor allem das Funkkommunikationssystem nicht unproblematisch. Unser Flugbereich war ein Baufeld, auf dem bei der Generalprobe noch viele Bagger herumgefahren sind, das heißt es gab viele Störfaktoren. Das kann manchmal die Übertragung ein bisschen beeinflussen.

Andreas Neubauer: Man muss aber sagen, dass sich alle Probleme, die aufgetaucht sind, relativ schnell lösen konnten. Alle wussten genau, was sie zu tun hatten. Das Maß an Professionalität war sehr hoch.

Chris Bruckmayr: Die Situation war fordernd, weil es sich um ein Baufeld handelte, wo auch während der Generalprobe gearbeitet wurde! Nur während des eigentlichen Spatenstichs durfte nicht gearbeitet werden, ansonsten war es eine Staubhölle. Es regnete aber in der Nacht vor dem Spatenstich glücklicherweise heftig, dadurch war die Situation am Tag des Events wesentlich besser (lacht). Das sind Dinge, die probiert man einfach aus, so prototypische Ideen, vor Ort checkt man erst die Probleme. Sie waren aber relativ minder.

Andreas Neubauer: Aber das erhöht auch irgendwie den Spaß und den Erfolgsfaktor! Wenn dann alles hinhaut, denkt man sich: Gut gemacht!

Chris Bruckmayr, Mag., seit 2018 Director Products bei Ars Electronica Solutions, von 2013 bis 2017 Business Manager und Creative Producer im Team der Ars Electronica SPAXELS®. Sound Artist, produziert unter dem Namen „raum.null“ Dark Techno beim Vinyl-Only Label Belgrade dubs / Belgrade. Performances beim Ars Electronica Festival von 2015 – 2017.

Andreas Neubauer, seit 2009 Geschäftsführer und Inhaber MOHIO GmbH, von 2016 FAI Delegate, Technical Expert & Judge und AEROCLUB Bundesfachreferent Drone Racing F3U & FPV, von 2017 Obmann FPV Racing Club OÖ.

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