Animation Screening: Nur das Beste der Computeranimation

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Mehr als 1000 Einreichungen erreichten dieses Jahr das Team des Prix Ars Electronica, dem renommierten Medienkunstpreis, in der Kategorie der Computeranimation. Gar nicht so leicht also, bei der großen Auswahl nur einige wenige für ein stimmiges Programm für das Animation Screening beim Ars Electronica Festival 2018 (6 – 10 September) auszuwählen.

„Wir machen uns schon im Prix-Auswahlprozess Notizen“, erklärt Jürgen Hagler, Kurator und Direktor des Ars Electronica Animation Festivals, die Arbeitsschritte. Danach wird entschieden, welche Arbeiten unbedingt Platz im Programm finden müssen, wie sie zusammenpassen, und natürlich: „Was sind die großen Themen?“ Das Ergebnis: Ein Querschnitt der aktuellen Trends der Animation in acht Programmen.

Zu sehen gibt es die Auswahl beim Animation Screening am Ars Electronica Festival von 6. bis 10. September 2018. Das dauert noch zu lange? Keine Sorge – wir haben uns schon vorab mit Jürgen Hagler getroffen und ein paar Highlights erfahren.

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Jürgen Hagler. Credit: Martin Hieslmair

Wie sieht der Status Quo im Bereich der Computeranimation im Jahr 2018 aus?

Jürgen Hagler: Im Kontext des Prix Ars Electronica ist es auf jeden Fall sehr interessant, dass sich die Begrifflichkeit geändert hat: Mit dem Namen Computeranimation ist man wieder zu den Anfängen zurückgegangen. Damals war Computeranimation, ein Begriff aus den 80er-Jahren, der Ausgangspunkt mit den drei Bereichen Musik, Grafik und Bewegtbild. Im Laufe des Prix Ars Electronica wurde der Name um Visual Effects und Film erweitert, was jetzt wieder zurückgesetzt wurde. Der Grund dafür ist nicht punktuell jetzt, 2018, ersichtlich, aber es hat sich in den letzten Jahren herauskristallisiert, dass Computeranimation eigentlich eine sehr, sehr lange Liste von Möglichkeiten ist. Eigentlich sind es nicht einmal nur die letzten Jahre, sondern schon viel früher: Nehmen wir die Stichworte Expanded Animation, Projection Mappings oder eben auch das Verlassen von herkömmlichen Screens. Diese Tendenzen hat es schon in den 60er-, 70er- und 80er-Jahren gegeben, aber jetzt ist das sehr viel stärker. Das hat man in den letzten Jahren in den Einreichungen zum Prix Ars Electronica immer stärker gemerkt.

Auch Virtual Reality ist so ein Trend, der sich in den letzten Jahren schon bemerkbar gemacht hat und jetzt noch weiter ansteigt. VR ist mittlerweile ein fixer Bestandteil der Computeranimationskategorie. Es ist ein ganz interessanter Bereich, weil Virtual Reality nicht nur das Medium ist, auf dem man Bewegtbilder oder interaktive Szenen erleben kann, sondern, wie das auch heuer beim Honorary Mention Projekt Norman ersichtlich ist, es auch ein neues Interface oder Animationswerkzeug wird. Das ist etwas, was ich ganz spannend im Kontext von 2018 sehe: Dass etablierte Technologien, die es immer wieder schon gegeben hat, in neuen Formen auftauchen. Animationssoftware im Kontext Virtual Reality ist definitiv etwas, das man vorher noch nicht so gesehen hat.

Welche Techniken finden momentan besonderen Anklang?

Jürgen Hagler: Bei den Techniken sieht man eine permanente Evolution. Es gibt keine komplett neuen Technologien, sondern zum Beispiel so wie in der VR das Erscheinen von kostengünstigen Head-Mounted Displays, also neue Formen von bestehenden Technologien. Es ist mehr Evolution als Revolution.

Für das Animation Screening beim Ars Electronica Festival 2018 wird aus den eingereichten Arbeiten zum Prix Ars Electronica ausgewählt…

Jürgen Hagler: Das Screening ist eine Highlightauswahl aus den eingereichten Arbeiten. Heuer haben wir acht Programme aus den Trends, die wir festgemacht haben, erstellt. Zum Beispiel gibt es wieder eine Kategorie mit Expanded Animation, wo wir Projection Mappings, Medienfassaden oder Arbeiten, die ganz neue Interfaces verwenden, ins Zentrum stellen. In einem anderen Programm finden sich politische Statements, wir haben auch definitiv Innenwelten als Trend ausgemacht, wo es darum geht, psychische Zustände zu visualisieren. Dieses Jahr gibt es erstmals ein Programm namens Female Worlds, in dem sieben Arbeiten aus den vielen Einreichungen gezeigt werden, die dezidiert mit Female Perspectives zu tun haben. Sie sind alle unterschiedlich, es gibt sehr skurrile Arbeiten, zum Beispiel Caterpillarplasty von David Barlow-Krelina, in dem es um eine Schönheitsklinik und Schönheitswahn geht, aber es gibt auch Arbeiten über Inner Perspectives von Frauen. Bei einer Arbeit, Pussy von Renata Gąsiorowska, geht es um das Entdecken der Sexualität, es gibt aber auch Vergewaltigugsdarstellungen aus unterschiedlichen Perspektiven, oder auch die Perspektive von einem achtjährigen Mädchen im Film Wicked Girl von Ayce Kartal.

https://vimeo.com/196733208

Wie heißen die anderen Programme?

Jürgen Hagler: Es gibt MusicVisuals, wo wir audiovisuelle Experimente, VR, Musikvideos, kaleidoskopische Soundwelten und Ähnliches zeigen. Im Programm Mental States geht es um emotional geladene Figuren und Innenwelten. Im Programm Narration zeigen wir ausgewählte narrative oder essayistische Arbeiten, wie zum Beispiel „The Box“ von Dušan Kastelic. Im Programm Statements zeigen wir zum Beispiel die VR-Arbeit „489 Years“ von Hayoun Kwon über den Grenzbereich zwischen Nord- und Südkorea. Es sind aber auch lustige Arbeiten dabei, „BundesFighter 2 Turbo“ von Nino Werner zum Beispiel, eine Persiflage über die deutsche Wahl. Dann gibt es die beiden Programme Experimental und Expanded, zwischen denen die Grenzen fließend sind. Im Programm MicroMacro geht es um Inszenierungen von mikroskopischen, makroskopischen Welten und die Übergänge dazwischen. Hier zeigen wir zum Beispiel „Quantum Fluctuations“ von Markos Kay oder auch „TROPICS“ von Mathilde Lavenne, die diesjährige Gewinnerarbeit in der Computeranimationskategorie.

Wie wählt ihr aus den über 1000 Einreichungen aus?

Jürgen Hagler: Es gibt mehrere Durchgänge und dadurch eine sehr lange Zeit, in der Co-Kuratorin Christine Schöpf und ich intensiv mit der Auswahl beschäftigt sind. Wir machen uns schon im Prix-Auswahlprozess Notizen und schauen, welche Arbeiten für das Animation Screening spannend sind. Aus diesem Jury-Prozess entstehen dann Punkte, bei denen wir sagen, diese Arbeit muss auf jeden Fall drinnen sein, mit welcher anderen Arbeit könnte sie gut zusammenpassen, was sind die großen Themen. Genau so hat sich heuer das Thema Female Worlds entwickelt. Kategorien wie experimentelle Arbeiten oder Expanded Animation gibt es schon länger, also suchen wir immer wieder ganz gezielt nach Arbeiten, die in diese Programme passen.

Kannst du uns ein paar Highlights verraten?

Jürgen Hagler: Eines habe ich schon genannt – Norman, ein VR-Animationstool, das finde ich extrem spannend. Man kann hier Strichzeichnungen machen, was gar nicht typisch 3D ist eigentlich, dafür sehr intuitiv. Ich finde es einen interessanten Ansatz, dass man in 3D im physischen Raum eine Zeichenanimation macht. Es gibt in diesem Bereich natürlich schon einige andere Ansätze wie Tilt Brush oder das Erzeugen von Content in 3D mit Head-Mounted Displays, aber diesen Schritt in die Animation zu gehen finde ich total spannend.

Eine Animation, die mir persönlich sehr gut gefällt, ist Boris Labbés „La Chute“, wofür er auch einen Award of Distinction bekam. Labbé gewann schon 2016 eine Goldene Nica mit „Rhizome“ bekommen, ich finde seine Bearbeitung einzigartig. Als ich mir „Rhizome“ das erste Mal angeschaut habe, war es für mich nicht klar, wie das gemacht wurde. Erst danach habe ich erfahren, dass er alles gezeichnet hat. Im Fall von „La Chute“ geht es um eine Neuinterpretation von Bruegels „Sturz der Gefallenen Engel“. Eine weitere Arbeit, die ich irrsinnig gerne mag, ist „Rediscovery of Anima“ von Akinori Goto.

Was macht für dich persönlich eine gute Animation aus?

Jürgen Hagler: In gewisser Weise die Überraschung, ob das jetzt konzeptionell oder formal oder in der Art und Weise, wie die Animation inszeniert ist, passiert. Ich bin immer offen für ganz neue Wege und das macht es spannend, weil das Medium so vielfältig ist, dass man hier immer wieder überrascht werden kann. Richtig ausgezeichnete Arbeiten überraschen in gewisser Weise.

Hagler

Jürgen Hagler ist Professor des Fachbereichs für Digitale Medien an der oberösterreichischen Fachhochschule Hagenberg, wo er die Bereiche Computeranimation und Animationswissenschaften leitet. 2009 wurde er pädagogischer Koordinator des Masterstudiums Digital Arts. Seit 2014 ist er Leiter der Forschungsgruppe Playful Interactive Environments mit einem Fokus auf neue und spielerische Formen von Interaktion und die Benützung von spielerischen Mechanismen, um spezifische Verhaltensmuster zu unterstützen. Seit 2017 ist er Direktor des Ars Electronica Animation Festivals und Initiator und Organisator des Symposiums Expanded Animation.

Das Ars Electronica Animation Screening 2018 findet am Ars Electronica Festival 2018 „Error – The Art of Imperfection“ von 6. bis 10. September im Moviemento in Linz statt. Das vollständige Programm und die genauen Zeiten finden Sie in Kürze auf unserer Webseite.

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