Die Kreisläufe der Ars Electronica

, BIO Bauernmarkt, Credit: vog.photo

Von 7. bis 11. September 2022 reisen wir unter dem Motto „Welcome to Planet B – A different life is possible! But How?“ zum fiktiven „Planeten B“. Mit dem diesjährigen Motto lädt die Ars Electronica zu einem reizvollen Gedankenexperiment ein: Wie würde das Ars Electronica Festival auf einem „Planeten B“ aussehen? Wir meinen, es wäre ein „Green Event“, zu dessen möglichst kleinem ökologischen Fußabdruck wir alle – Gastgeber*innen, Mitwirkende und Besucher*innen – einen Beitrag leisten würden. Um genau das Wirklichkeit werden zu lassen, bearbeiten wir gemeinsam mit unseren Partner*innen eine ganze Reihe von Themenfeldern, die wir in verschiedenen Blogbeiträgen genauer betrachten. Christl Baur, Head of Ars Electronica Festival, stellte sich bereits den vielen Fragen der Mobilität und Veronika Liebl, Managing Director Festival/Prix/Export, gab uns einen Einblick in die verschiedenen Locations des Festivals. Nun haben wir uns mit Martin Honzik, CCO und Leiter des Bereichs Festival/Prix/Exhibitions, getroffen, um über nachhaltiges Essen und den produzierten Abfall während des Festivals zu reden.

Photo: Ars Electronica – Robert Bauernhansl

Regional statt global

Für die meisten von uns ist Essen eine Selbstverständlichkeit. Wir kaufen, was wir wollen, wann immer wir es wollen und fragen uns nur selten, wo es eigentlich herkommt, wie es produziert und verpackt wurde, welchen Effekt unsere Entscheidung für ein bestimmtes Produkt, oder einen bestimmten Produzenten auf die Umwelt hat, oder was mit 20-40% alles Haushaltslebensmittel passiert, die in eine Mülltonne geworfen werden, um dann auf irgendeiner Mülldeponie zu landen um dort vor sich hin zu rotten. Um dem entgegenzuwirken, setzt das Ars Electronica Festival laut Martin Honzik dieses Jahr unter dem Begriff „Slow Food“, welcher die Gegenbewegung zum uniformen und globalisierten Fast Food darstellt, ausschließlich auf regionale Ingredienzien und Nahrungsmittel sowie Getränke, vorzugsweise aus biologischer Produktion. „Leider hinterlassen selbst Lebensmittel wie eine schöne Tasse Tee oder Kaffee einen Fußabdruck in unserer Umwelt, deshalb beziehen wir diese aus fairer Produktion und fairem Handel“, so Honzik.

Photo: BIO AUSTRIA, Marlene Wolfsteiner

BIO AUSTRIA ist das Netzwerk der österreichischen Bio-Bäuerinnen und -Bauern. Als größter Bio-Verband Europas vertritt BIO AUSTRIA die österreichische Bio-Landwirtschaft und die Interessen der Biobauern – mit 13.500 Mitgliedern und mehr als 430 Partnerbetrieben in der Wirtschaft. Auch dieses Jahr präsentieren BIO AUSTRIA-Bäuerinnen und -Bauern am Campus der JKU in Linz ihre einzigartigen regionalen Produkte. Festivalbesucher*innen können probieren, schmecken, genießen und mit den Bio-Produzent*innen ins Gespräch kommen. Informationen über die biologische Landwirtschaft und die Leistungen der in der Landwirtschaft tätigen Personen für Boden, Klima und Umwelt runden den BIO AUSTRIA-Bauernmarkt ab und machen ihn jedes Jahr zu einem kulinarischen Highlight.

Martin Honzik erzählt, dass die Ars Electronica dieses Jahr vegetarisch ausgerichtet sein wird, doch was ist mit den Menschen, die nicht auf ihr warmes Leberskäsesemmerl verzichten können? „We don’t exclude them“, so Martin Honzik, „wir wollen diese Menschen nicht ausschließen, sondern uns selbst positionieren. Am Ende des Tages wird es aber immer noch ein Festival für die gesamte Bevölkerung sein.“

Photo: vog.photo

Was passiert mit all dem Abfall?

Fast alle Dinge, die wir produzieren, um unser Leben immer bequemer zu machen, vermüllen irgendwann dauerhaft unsere Umwelt. Nichts verschwindet wie von Zauberhand wieder, oder verrottet, wenn es nicht mehr gebraucht wird. In einer „überverpackten“ Konsumlandschaft tragen wir alle zu einer Flut an Abfall bei. Wie also will das Ars Electronica Festival dem entgegenwirken? Martin Honzik dazu: „Wir werden robotische, von künstlicher Intelligenz getriebene, Infrastruktur haben, die uns in der Mülltonne analysieren hilft, wo die Graduierung zwischen organischem und künstlichem Müll ist. Des Weiteren werden wir robotische Installationen haben, die zeigen, wie der Müll getrennt werden kann. Aufgrund der Inhaltsstoffe der Gerichte können wir den Müllverwertern genau sagen, welcher Natur der organische Müll ist, den sie erhalten werden und das hilft ihnen natürlich sehr.“

Die Maschine des Kreislaufs wird eine sehr transparente werden.

Umgesetzt wird das nicht alleine, sondern mit Hilfe starker Kooperationen: Der Festivalpartner Brantner betreibt laut Martin Honzik eine der modernsten Kompostieranlagen Europas und hat sich zum Ziel gesetzt, Nachhaltigkeit zu leben und die Zukunft der Abfallwirtschaft aktiv zu gestalten. „Im Sinne der Kreislaufwirtschaft haben wir uns mit der Firma Brantner überlegt, den organischen Müll so zu verwerten, dass er kompostierbar wird und dass am Ende des Tages unsere Besucher*innen symbolisch für den Müll, den sie dagelassen haben, ein Stück fruchtbare Erde mit nach Hause nehmen können.“

Sharing is caring

Nahezu überall gibt es Möglichkeiten, umweltschonende Materialien einzusetzen. Architekturelemente, die wir während des Festivals benutzen, werden mit wiederverwendbaren Systemen gebaut; kleinere werden aufbewahrt oder in der Produktion bereits nachhaltig produziert. Materialien in der Ausstellung werden zum größten Teil von Kooperationspartner*innen ausgeborgt und nach dem Festival wieder zurückgegeben. Und wenn etwas neu beschafft werden muss? „Bei Dingen, die wir einkaufen, versuchen wir uns ausschließlich nach österreichischen Erzeuger*innen oder Vertreiber*innen auszurichten. Außerdem versuchen wir uns in der Ausstellungsarchitektur, Materialien anzunehmen, die bestmöglich organisch sind.“ Auch Pflanzendekorationen, die am Festival zu finden sind, werden von der Stadtgärtnerei Linz gepflanzt und nach Ende kompostiert und so dem Kreislauf rückgeführt.

Photo: vog.photo

Ein langer Weg

Seit Jahren praktizierte Verhaltensmuster, die uns für das Funktionieren unserer Gesellschaft elementar erscheinen, plötzlich durch „grüne“ zu ersetzten ist nicht einfach und wird auch nicht von heute auf morgen passieren, das ist dem Festivalleiter wichtig zu betonen. „Mit dem Festival wagen wir ein Experiment und einen ersten Schritt in eine nachhaltigere Zukunft in dem wir versuchen, eine internationale Bühne zu schaffen, um andere Menschen zu inspirieren und zum Handeln zu bewegen.“ Martin Honzik ist sich bewusst, dass die heurige Ars Electronica nicht alles perfekt machen wird: „Das Ziel ist, das Festival als Laboratorium auszurichten, um dann am Ende des Ganzen zu evaluieren, wo wir gescheitert sind und wo Dinge gut gelaufen sind, um die gewonnenen Erkenntnisse als Paket anderen Kulturevents anzubieten, damit diese, die Fehler, die wir begangen haben, kein zweites Mal machen müssen. Wir wollen uns selbst hinterfragen, ob das, was wir predigen auch rechtfertigbar ist.“

Martin Honzik ist Künstler, CCO und Leiter des Bereichs Festival/Prix/Exhibitions bei Ars Electronica Linz. Er absolvierte das Studium für visuelle, experimentelle Gestaltung an der Kunstuniversität Linz (Abschluss 2001) wie auch den Master Lehrgang für Kultur- und Medienmanagement der Johannes Kepler Universität Linz und ICCM Salzburg (Abschluss 2003). Neben der Realisierung zahlreicher Kunstprojekte als freischaufelnder Künstler war er von 1998 bis 2001 Teil des Produktionsteams im OK Offenes Kulturhaus im OÖ Kulturquartier und wechselte 2001 zum Ars Electronica Future Lab, wo er bis 2005 in den Bereichen Ausstellungsdesign, Kunst am Bau, Interfacedesign, Eventdesign und Projektmanagement tätig war. Seit 2006 ist Martin Honzik Managing Direktor des Ars Electronica Festivals, des Prix Ars Electronica wie auch der Ars Electronica Center Ausstellungen und der internationalen Ausstellugsprojekte der Ars Electronica. Dazu repräsentiert er seit 2021 als Chief Curatorial Officer das Unternehmen.

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