Bewusstsein schaffen für ein nachhaltigeres Festival

sunflowers, Sunflowers, photo: Martin Hieslmair

In Teil eins unserer Blog-Reihe zum Thema Sustainability am Ars Electronica Festival haben wir uns angesehen, ob es eigentlich gerechtfertigt ist, gerade in diesen brisanten Zeiten der Klimakrise ein internationales Festival auszurichten, Menschen aus aller Welt einzuladen und sie nach Linz reisen zu lassen und wie Mobilität rund um ein internationales Festival funktionieren kann. Jetzt widmen wir uns in Teil zwei den “Hard Facts”, die ein Festival ausmachen: Wir schauen uns an, welche Location es braucht, wie die Eventausstattung und –technik nachhaltig sein kann, reißen kurz das Thema Architektur an und last but not least widmen wir uns den simplen Grundbedarfen, (nicht nur) um ein Festival auszurichten: Energie, Wasser, Sanitär.

Den besten Überblick über diese Themen hat zweifellos Veronika Liebl, ist sie doch seit 12 Jahren für die Finanzen und die gesamte Organisation des Ars Electronica Festival verantwortlich, mittlerweile in der Rolle Managing Director Festival/Prix/Exhibitions.

Veronika Liebl, photo: Martin Hiesmair

Zu Beginn unseres Gesprächs legt sie gleich fest, dass es nicht darum geht, das “perfekte Festival” zu veranstalten, sondern heuer ginge es vorrangig darum, mit allen Zulieferern, Partnern und Suppliern Probleme zu identifizieren, Bewusstsein zu schaffen und Lösungsvorschläge zu erarbeiten. “Wir erheben Daten, evaluieren Produkte und Lieferketten und schauen, wie wir das nachhaltiger machen können.” Dabei stünde man aber auch vor Hürden wie den momentanen Lieferengpässen, die auch Auswirkungen auf die Beschaffbarkeit von nachhaltigen Materialien haben. Vieles versucht man aber eben auch nicht neu anzuschaffen, weil genau das auch nicht nachhaltig sei.

Das Thema Material-Kreisläufe (Darum geht’s in diesem Blogbeitrag noch mal detaillierter) ist dabei entscheidend: Wie kann ich den Anteil an umweltfreundlichen Materialien erhöhen und Alternativen zu herkömmlichen Rohstoffen finden? Mit dem Denken in Kreisläufen meint Veronika Liebl zum Beispiel, dass wir als Festival Elemente der Festivalarchitektur aus den Vorjahren verwenden und diese nach dem Festival entweder wieder eingelagert werden oder zurück in den Materialkreislauf geführt werden.

Festival Impressions, photo: Martin Hieslmair
Festival Impressions, photo: tom mesic
Festival Entrance,, photo: tom mesic

“Wir bekommen zum Beispiel von Spitz IBC Container zur Verfügung gestellt, die im Lebensmittelbereich nicht mehr nutzbar sind. Am Festival dienen sie uns als Leitsystem und danach geben wir sie weiter an Menschen, die damit noch etwas anfangen können – zum Beispiel in der Landwirtschaft.” Als weiteres Beispiel nennt sie Gerüste der Firma Ringer, die nach der Verwendung am Festival wieder in der Bauwirtschaft eingesetzt werden.

Die Parks der JKU, die zum Teil auch mit Ausstellungsstücken geschmückt werden, müssen bestmöglich geschützt werden und es ist darauf zu achten, was man draufstellt und wie man die Natur nach der Nutzung wiederherstellen kann. Dafür wird auch ein Arborist und Grünanlagenpfleger*innen herbeigezogen. Zusätzliche Maßnahmen wie Barrierefreiheit am Festivalgelände oder die Vermeidung von Streuwerbung seien selbstverständlich, ergänzt sie.

“Wichtig ist es mir auch in diesem Kontext auf unsere Kooperation mit dem Klimabündnis hinzuweisen und mich bei ihnen für die hervorragende Beratung zu bedanken. Wir kooperieren einerseits mit bestehenden Klimabündnispartner*innen und versuchen aber auch, neue Partner*innen zu gewinnen. Übrigens für alle, die Interesse an oberösterreichischen Klimaleitbetrieben und -themen haben, kann ich die “Climate Action Days” der Stadt Linz empfehlen!”

Mit diesen Partnern könne man dann gemeinsam an Strategien der Nachhaltigkeitsentwicklung der Stadt Linz sprechen, neue Ideen entwicklen und gemeinsam umsetzen.
[infobox]Das Klimabündnis ist eine globale Partnerschaft zum Schutz des Klimas und verbindet mittlerweile mehr als 1.700 Gemeinden in 27 Ländern Europas mit indigenen Völkern in Südamerika. Die gemeinsamen Ziele sind die Verringerung der Treibhausgas-Emissionen und der Erhalt des Amazonas-Regenwaldes. [/infobox]
Ein weiterer wichtiger Partner auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit ist AfB – Arbeit für Menschen mit Behinderung. Ars Electronica wird von dem Unternehmen seit 2019 mit IT-Geräten ausgerüstet, die nach dem Festival wieder retourniert werden. AfB spezialisiert sich auf die Wiederverwendung von ausgemusterten Geräten unterschiedlicher IT-Betriebe. Die Geräte werden inventarisiert, zertifiziert gelöscht, getestet, gereinigt und mit einer 1-Jahresgarantie wiedervermarktet. Mehr zu dem Unternehmen und dem Prozess findet ihr hier auf unserem Blog.

Was Energie, Wasser und Sanitär betrifft – sprich die Nutzung von Basisressourcen – ist es das Ziel, wenn möglich Strom aus erneuerbaren Quellen zu nutzen, wassersparende Sanitäreinrichtungen zu verwenden und abermals Bewusstsein zu schaffen, indem erhoben wird, wo noch Verbesserungsbedarf besteht. “Wir haben das Glück, dass wir die Infrastruktur der JKU nutzen können, das heißt wir müssen nicht auf temporäre Lösungen wie mobile WCs zurückgreifen”, so Veronika Liebl, “Auch das Leitungswasser können wir am Uni Campus nutzen und wo das nicht möglich ist, stehen Wasserspender zur Verfügung.” Mit Aqua Alpina haben wir einen Partner an Bord, der ebenfalls stark auf Nachhaltigkeit setzt: Die 19L Flaschen können bis zu 80 Mal wieder befüllt werden, am Ende ihrer Lebensdauer werden sie wieder in den Recyclingkreislauf eingebunden. Und auch innerhalb des Unternehmens setzt man zum Beispiel auf vollelektrische Fahrzeuge, die mit 100% Öko-Strom betrieben werden, um nur eine Maßnahme zu nennen. “Bitte bringt für die Wasserspender eigenen Flaschen mit, um Becher zu sparen”, lautet hier die Message. Wer seine Flasche zu Hause vergessen hat, kann sich am Infodesk in Kepler’s Gardens eine ausleihen.

“Ein Thema, bei dem wir noch nicht dort sind, wo wir gerne wären, das wir aber unbedingt angehen möchten, ist die Nachhaltigkeit der Festival-Website bzw. generell der Websites der Ars Electronica.”

Man könnte zum Beispiel vermehrt mit Text arbeiten, weniger auf Bilder und Videos setzen und die Strukturen allgemein verschlanken. Als ersten Schritt hat die Ars Electronica bereits auf Eco Hosting umgestellt und gestaltet das Mailing “grün”. Die Festival-Website wurde durch die Reduzierung der Daten(menge) nachhaltiger und barrierefreier, unter Berücksichtigung der Richtlinien vom WACA – Web Accessibility Certificate, gestaltet. „Hier sind wir aber noch am Anfang, wir arbeiten noch an der Konzeption, mit dem langfristigen Ziel, alle Websites der Ars Electronica nachhaltiger zu gestalten.”

Nicht zuletzt braucht es aber für mehr Nachhaltigkeit nicht nur das Verwenden von energieeffizienterer Veranstaltungstechnik, sondern vor allem auch eine Bewusstseinsbildung im Team: Beleuchtung soll sparsam eingesetzt, Projektoren und Screens über Nacht abgedreht werden und diese einfachen Maßnahmen in die Produktionsabläufe aufgenommen werden. “Wir sind alle bemüht, im täglichen Festivalalltag unseren Fußabdruck zu verringern – aber es braucht Zeit, bis alle Maßnahmen auch wirklich zur Gewohnheit und somit zur Selbstverständlichkeit werden.”

Veronika Liebl ist derzeit Managing Director im Ars Electronica Geschäftsbereich Festival/Prix/Ausstellungen. Sie studierte Wirtschaftswissenschaften an der Johannes Kepler Universität in Linz (Abschluss 2010) mit Studienaufenthalten an der Harvard University (US) und der Université de Fribourg (CH). Seit 2011 ist sie bei Ars Electronica Linz für das Kulturmanagement und europäische Projektentwicklung zuständig und ist Mitglied des Linzer Stadtkulturbeirates und des Linzer UNESCO City of Media Arts Executive Board. Sie leitet Ars Electronica’s europäischen Kooperationsprojekte in den Bereichen Kultur, Forschung & Bildung und hat in dieser Funktion – gemeinsam mit ihrem Team – zahlreiche EU-Projekte wie den STARTS Prize, DOORS (Digital Incubator for Museums) oder das European ARTificial Intelligence Lab entwickelt, initiiert und durchgeführt.

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