Gemeinsam neue Wege schaffen – The Next Renaissance

, S+T+ARTS Day 2022, credit: Philipp Greindl

The Next Renaissance betont die transformative Kraft einer Verbindung von Kreativität, Wissenschaft und Kunst und versucht so, den europäischen Kultur- und Kreativsektor zu stärken. Veronika Liebl, Managing Director bei Ars Electronica und verantwortlich für die Entwicklung und Durchführung von europäischen Projekten für kulturellen Zusammenarbeit, erzählt mehr über diese neue Initiative, ihre Ziele und inwiefern schon beim heurigen Ars Electronica Festival damit verbundene Projekte zu sehen sind.

Was versteht man unter Next Renaissance?

Veronika Liebl: The Next Renaissance ist eine Bewegung und eine Plattform, die darauf aufmerksam machen will, dass wir unsere Ethik, unsere Werte und unsere Prioritäten bei der Bewältigung der großen Probleme unserer Zeit grundlegend neu überdenken müssen. Der Kreativ- und Kultursektor und insbesondere die Verschmelzung von wissenschaftlichem, technologischen, kulturellen und künstlerischen Wissen kann ein Katalysator sein, um sich mögliche “Zukünfte” vorzustellen und sie zu verwirklichen. Um dieses Potenzial des Sektors für die Entwicklung der Gesellschaft zu nutzen, müssen wir aber Infrastrukturen und Unterstützungssysteme schaffen und radikal neue Denkansätze sowohl für Künstler*innen als auch Zivilgesellschaft und Industrie ermöglichen. Wichtig ist uns dabei auch hervorzuheben, dass diese Initiative – trotz der europäischen Verankerung – Perspektiven aus der ganzen Welt und aus unterschiedlichsten Disziplinen aktivieren will. Nur so werden wir die großen Herausforderungen unserer Zeit adressieren können.

Du sagst „wir“. Wer ist an dieser Initiative beteiligt?

Veronika Liebl: The Next Renaissance ist eine Leitinitiative des neu gegründeten EIT Culture & Creativity. Der EIT Culture & Creativity ist die neunte Wissens- und Innovationsgemeinschaft unterstützt vom Europäischen Institut für Innovation und Technologie (EIT), die bis dato vorwiegend Innovation in Sektoren mit Bezug zu Mobilität, Produktion, Energie oder Klima förderte. EIT Culture & Creativity soll nun die europäischen Kultur- und Kreativsektoren und -industrien (CCSI) stärken, indem sie Kreative und Organisationen mit dem größten Innovationsnetzwerk Europas verbindet. Im Wesentlichen entsteht daraus eine europaweite Interessensvertretung für Investitionen in kulturelle und kreative Talente, Innovation und Unternehmertum in bestimmten Sektoren, und eine Vernetzung zu anderen Branchen.

Warum braucht es das?

Veronika Liebl: Die Kunst- und Kreativitätsszene ist eine der fragmentiertesten Branchen, die es gibt. Es gibt wenig Möglichkeiten, um Netzwerke zu bilden, dementsprechend ist ein Punkt, an dem wir gemeinsam arbeiten wollen, die bessere Vernetzung individueller Künstler*innen und Kreativschaffenden. Sprich, wie können wir es schaffen, dass Künstler*innen aus Österreich mit z. B. Künstler*innen aus Finnland einen besseren Austausch haben? Wie können wir Künstler*innen auch besser mit anderen Branchen, zb. Ingenieur*innen im Energiebereich oder Robotikunternehmen vernetzen? Diese Zusammenarbeit kann eine der großen Chancen Europas sein und ein Faktor wie wir unser Innovationsökosystem stärken! Wie wir alle wissen, braucht es heute nicht mehr unbedingt nur Exzellenz im Innovationsbereich, sondern vor allem auch ökologische und soziale Vereinbarkeit. Mit der Omnipräsenz von KI-basierten Systemen, ist es heute nicht mehr ganz so wichtig, wie Prozessor besser werden können, sondern wie es um die Rechenschaftspflicht, das Vertrauen in die Sicherheit oder den ökologischen Fußabdruck bestellt ist.

Was wird Ars Electronica dazu beitragen?

Veronika Liebl: Ein uns ganz wichtiger Punkt ist der Bildungsschwerpunkt, den der EIT Culture & Creativity verfolgt. Wie können wir interdisziplinäre Kompetenzen fördern und Technologiefolgenabschätzung befähigen? Wie können wir über Kreativität Skills aufbauen, die bis jetzt noch nicht in den üblichen Curricula vertreten sind? Wie können auch Künstler*innen, Protagonist*innen aus der Zivilgesellschaft und andere Akteur*innen sich an Bildungsprogrammen beteiligen? Wie wir in Zukunft mit all diesen Fragen umgehen können und wie wir Fähigkeiten einsetzen können, wird stark davon abhängen, wie wir in unseren Bildungssystemen Kreativität und kritisch-reflexives Denken besser verankern und uns viel stärker als bisher einem transdisziplinärem Handeln bedienen können. Auch die Universitäten in Linz heben dies hervor: Natürlich ist es eine der Kernprämissen des neuen Institute for Digital Sciences Austria, aber auch etwas, für das die Johannes Kepler Universität schon seit einigen Jahren steht und damit auch direkt im EIT Culture & Creativity beteiligt ist.

Aber hauptsächlich werden wir uns in den nächsten Jahren natürlich bei The Next Renaissance einbringen. Wir werden Künstler*innen einladen, sich in Residencies oder anderen Beiträgen zu beteiligen und gemeinsam mit anderen europäischen Partnern am Aufbau der Initiative arbeiten.

Zurück zu The Next Renaissance: Gibt es auch schon Festivalbeiträge zu dieser Initiative?

Veronika Liebl: Natürlich! Teil des Ars Electronica Symposium ist die Next Renaissance Konferenz am Donnerstag. Das Konferenzprogramm bringt Führungskräfte aus Wissenschaft, Industrie, Politik, Journalismus, Wirtschaft und Recht zusammen, um sich mit der Möglichkeit eines Paradigmenwechsels auseinanderzusetzen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf den Auswirkungen von KI auf die Geschäftsmodelle der Kultur- und Kreativwirtschaft. Außerdem wird es am Freitag, dem 8.9.2023 von 11:00-14:00, auf der Lecture Stage in der POSTCITY ein The Next Renaissance Launch Event geben, bei dem wir die kommenden Ausschreibungen und Beteiligungsmöglichkeiten rund um die Initiative vorstellen. Die Plattform The Next Renaissance fördert eben die globale Konvergenz von Wissenschaft, Kunst und Kultur, um Herausforderungen anzugehen. 2024 wird die Plattform einen Aktionsplan für eine nachhaltigere und reichhaltige Zukunft launchen, die durch Kreativität und Zusammenarbeit sowie kulturelle Wiedergeburt und Erneuerung geprägt ist.

Nicht zuletzt würde ich für alle mit Next Renaissance Interesse die STARTS Ausstellung empfehlen. STARTS ist eine Initiative der Europäischen Kommission, in deren Mittelpunkt die Schaffung von Innovation an der Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft, Technologie und Industrie steht. Damit bringt diese Initiative schon seit fast 10 Jahren genau solche Ergebnisse hervor, die auch The Next Renaissance in den nächsten Jahren verstärkt fördert. Zu sehen sind die beiden Grand-Prix-Gewinner – Pollinator Pathmaker und Broken Spectre – und eine Auswahl an Honorary Mentions und Nominierungen, die das künstlerische Potenzial demonstrieren, durch die Auseinandersetzung mit aktuellen ökologischen, technologischen und sozioökonomischen Themen etwas zu bewirken.

Veronika Liebl ist derzeit Managing Director im Ars Electronica Geschäftsbereich Festival/Prix/Ausstellungen. Sie studierte Wirtschaftswissenschaften an der Johannes Kepler Universität in Linz (Abschluss 2010) mit Studienaufenthalten an der Harvard University (US) und der Université de Fribourg (CH). Seit 2011 ist sie bei Ars Electronica Linz für das Kulturmanagement und europäische Projektentwicklung zuständig und ist Mitglied des Linzer Stadtkulturbeirates und des Linzer UNESCO City of Media Arts Executive Board. Sie leitet Ars Electronica’s europäischen Kooperationsprojekte in den Bereichen Kultur, Forschung & Bildung und hat in dieser Funktion – gemeinsam mit ihrem Team – zahlreiche EU-Projekte wie den STARTS Prize, DOORS (Digital Incubator for Museums) oder das European ARTificial Intelligence Lab entwickelt, initiiert und durchgeführt.

EIT Culture & Creativity wird vom Europäischen Institut für Innovation und Technologie (EIT) unterstützt und von der Europäischen Union finanziell gefördert.
STARTS in the City wurde von der Generaldirektion Kommunikationsnetze, Inhalte und Technologie der Europäischen Kommission im Rahmen der Finanzhilfevereinbarung Nr. LC-01984766 gefördert.
Der STARTS-Preis wurde aus Mitteln des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizont 2020 der Europäischen Union unter der Finanzhilfevereinbarung Nr. 956603 finanziell unterstützt.

Mehr zu den Highlights des Ars Electronica Festival 2023 findest Du hier. Details werden laufend am Blog und auf der offiziellen Festivalwebsite veröffentlicht.

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