Für die Zukunft gewappnet?

Ori*hat, Credit: Matthew Gardiner, Roland Aigner, Erwin Reitboeck, Rachel Hanlon, Photo: vog.photo

Dass die Digitalisierung spontan, ja überfallsartig, unseren Alltag — also die Art, wie wir leben, lieben, lernen, arbeiten, konsumieren und kommunizieren — umgekrempelt hätte, können wir nicht einmal jetzt behaupten, zu Beginn der großen KI-Revolution. Wie lange sie uns schon begleitet, lässt sich so genau aber nicht sagen.

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Wer eine ihrer jüngsten Errungenschaften – die im Herbst letzten Jahres der breiten Öffentlichkeit präsentierte Chat Bot-KI ChatGPT – dazu befragt, erhält mit den einleitenden Worten „Im Wesentlichen ist der Beginn der Digitalisierung in den späten 1940er und frühen 1950er Jahren durch die Entwicklung des ersten funktionsfähigen digitalen Computers markiert“ eine mehr oder weniger zuverlässige, aber konkrete Information. Und wen sollte man heute sonst nach solch einer komplizierten Antwort befragen?
Die Digitalisierung, so wie wir sie heute verstünden, räumt ChatGPT aber weiter ein, beginne in den 1990er Jahren mit dem Aufkommen des World Wide Web und dem zunehmenden Zugang zum Internet. Dies führte, so der Chat Bot, zu einer exponentiellen Zunahme der Vernetzung, Kommunikation und des Datenaustauschs. Die Entwicklung von Smartphones, sozialen Medien, Cloud-Computing und anderen Technologien hätte die Digitalisierung in den folgenden Jahren noch weiter vorangetrieben. Jedenfalls sei es wichtig zu beachten, dass sie ein kontinuierlicher Prozess sei und sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt hätte. Sie sei eine Reihe von technologischen Innovationen, die unsere Gesellschaft in jene Welt geführt habe, in der wir uns heute wiederfänden.

Kinder der Digitalisierung

Auch Apples erstes iPhone hatte vor etwa 15 Jahren also etwas mit ihren Anfängen zu tun. Doch ‚die Digitalisierung‘ meint weit mehr als das Einbringen immer neuerer Technologien in unseren Alltag. Vielmehr umschreibt sie auch das Phänomen, dass wir digitale Technologien seither immer enger mit unseren Identitäten verbinden. Sie ist also nicht nur der technologische Fortschritt selbst, sondern gleichzeitig auch unsere Akzeptanz alles Digitalen, das uns seither umgibt. Und auch wenn wir nicht genau wissen, seit wann sie uns ständig begleitet, ein junges, zu vernachlässigendes Phänomen ist sie jedenfalls nicht.
Wer auch immer ‚Digital Natives‘, die Kinder der Digitalisierung, genau sind, — die ersten Jahrgänge, deren Vertreter*innen sich stolz als solche bezeichnen dürfen, sind mittlerweile aus ihren Kinderschuhen herausgewachsen. Nicht das Geburtsjahr allein bestimmt dabei aber über den Besitz einer beneidenswerten, digitalen Kompetenz, sondern vielmehr die Form der Sozialisierung dieser Generationen: Digital Natives sammeln per definitionem schon in ihrer frühen Kindheit erste Erfahrungen mit digitalen Technologien, tatsächlich aber reicht dieser kindliche Kontakt mit Smartphone & Co allein noch nicht aus, um sie zu kompetenten Nutzer*innen zu machen. Ob ihnen dieses digitale Vorschultraining dennoch einen klaren Startvorteil in Sachen Digitalisierung verschafft? Gut möglich, das Argument liegt auf der Hand: Weil sie von Anfang an gelernt haben, sich durch virtuelle Umgebungen zu navigieren, sollen sie weniger Schwierigkeiten haben, sich an die neuen Technologien zu gewöhnen. In einer sich zunehmend digitalisierenden Welt kann diese Fähigkeit von entscheidender Bedeutung sein.

Was braucht es also, um eine Gesellschaft für die Zukunft zu wappnen? Und: Gibt es auch potenzielle Nachteile, ,Digital Native’ zu sein?
Nicht alle Kinder, die digitale Medien schon von ganz klein auf nutzen, machen die gleichen Erfahrungen und nicht alle Erfahrungen, die Kinder in der virtuellen Welt machen, gelten zwangsläufig für jede vergleichbare Situation. Doch eine frühe Nutzung digitaler Medien soll mitunter auch zu Abhängigkeiten führen und damit dazu, dass Kinder physische Aktivitäten vernachlässigen und soziale Interaktionen in der realen Welt reduzieren, so kann sie zu Schwierigkeiten führen, soziale Fähigkeiten im persönlichen Kontakt zu entwickeln. Auch bietet das Internet zwar eine Fülle von Informationen, aber nicht alle sind korrekt oder vertrauenswürdig und Kinder können Probleme haben, zwischen relevanten und irreführenden Inhalten zu unterscheiden. Sie könnten sich auch potenzieller Risiken nicht bewusst sein, wenn sie persönliche Informationen in Sozialen Medien teilen. Darüber hinaus bietet die Nutzung digitaler Technologien Gefahren wie Cybermobbing und den versehentlichen Zugang zu ungeeigneten Inhalten. Das Fazit: Eine Gesellschaft, die einen echten Vorteil von der Digitalisierung sicherstellen will, muss Kindern schon früh beibringen, wie sie sich in ihrer digitalen Welt angemessen bewegen.

Wie vermitteln wir 21st Century Skills?

Neben der natürlichen Vertrautheit mit den neuen Kulturtechniken unserer Zeit, gehören also noch viel mehr Fähigkeiten und Fertigkeiten zu den wichtigsten ,21st Century Skills’. Naturgemäß geht der Segen sich ständig entwickelnder digitaler Möglichkeiten aber auch einher mit einer kontinuierlich hinterherhinkenden Kompetenz, diese auch zu reflektieren. Spätestens jetzt kommt es darauf an, eine nachhaltige Strategie zu verfolgen, in der es auch darum geht, über die „reine Gewöhnung an Digitalität“ hinaus, ein grundlegendes Verständnis zu vermitteln. Ein Bildungssystem, das nicht nur Hard Skills, wie Anwendungs- und Programmierkenntnisse trainiert, sondern eine verantwortungsbewusste Existenz in einer sich ständig erneuernden Technosphäre lehrt, kann in dieser Frage nur von zentraler Bedeutung sein.

„Im Zentrum der Digitalen Grundbildung steht Selbstbestimmtheit. Sie entsteht durch ein umfassendes Verständnis für die digitale Welt und das Wissen, wie man sich (sicher) in dieser Welt bewegt.“

Nicole Grüneis, Content and Education Developer, Ars Electronica Center

Die Antwort des staatlichen Bildungswesens sei die „Digitale Schule“ und die „Digitale Grundbildung“, in deren Zentrum Selbstbestimmtheit „durch ein umfassendes Verständnis für die digitale Welt und das Wissen, wie man sich (sicher) in dieser Welt bewegt“ stehe, meint Nicole Grüneis, Content and Education Developer im Ars Electronica Center, dazu. Die große Herausforderung dabei sei aber nicht das Zurverfügungstellen von Hardware und unterrichtstauglicher Software, sondern der Aufbau einer nachhaltigen Wissensinfrastruktur für die Lehrenden. Es brauche ein Lernen, das sich nicht auf die Funktionsweisen beschränkt, sondern eine Auseinandersetzung mit den Mechanismen der digitalen Technologie, den ethischen Aspekten und den sozialgesellschaftlichen Zusammenhängen biete.
Nicht zuletzt wird es in den Schulen des 21. Jahrhunderts aber auch darum gehen müssen, eine positive Aufgeschlossenheit digitalen Technologien gegenüber zu vertreten und die Freude am lebenslangen Lernen zu bewahren. Denn sie wird eine Gesellschaft brauchen, die sich nicht nur reflektiert an eine sich ständig verändernde Welt anpassen soll, sondern diese auch selbstbestimmt mitgestalten will.

Auf der Suche nach neuen Ideen, wichtige Kompetenzen für das 21. Jahrhundert zu vermitteln? Auch das Ars Electronica Center hat sich der Aufgabe verschrieben, das Lernen und Lehren mit und über Technologien laut Lehrplan zu vermitteln. Mit unseren Angeboten für AHS-Unterstufen und Mittelschulen wollen wir Lehrer*innen und Schüler*innen den Einstieg in das komplexe Bildungsthema ,Digitale Grundbildung’ erleichtern. Für Lehrende gibt es dazu unser aktualisiertes Fortbildungsangebot. Sorgen wir gemeinsam für die Zukunftskompetenz einer jungen Generation!

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