FOUNDING LAB Fall Term: Interdisziplinarität als neue Expertise

FOUNDING LAB Fall Term Chapter 1: excursion to Deep Space 8K, photo: Martin Hieslmair

25 Studierende und 21 Fellows erproben gerade in Linz gemeinsam entwickelte Visionen für die Universität der Zukunft. Interdisziplinäres und projektbasiertes Arbeiten stehen dabei im Mittelpunkt.

25 Studierende aus aller Welt sind für das Fall Term des FOUNDING LAB in Linz zu Gast. Ihre Mission? Die Aspekte herauszuarbeiten und in der Praxis zu erproben, die für eine Universität der Zukunft essenziell sind. Erste Ideen aus der Summer School und dem Forum sind ins Konzept des Fall Term miteingeflossen und werden gerade auf ihre Praxistauglichkeit geprüft. Wir haben uns mit der Fall Term Verantwortlichen bei Ars Electronica, Anna Oelsch, getroffen, um mehr über dieses vielschichtige Projekt zu erfahren. Gemeinsam mit dem Ars Electronica Festival und Futurelab Team ist sie für die Konzeption, die Inhalte und die Umsetzung verantwortlich und erzählt uns im Gespräch, welche Ziele das FOUNDING LAB Fall Term verfolgt, wie der Outcome aussehen wird und was das Außergewöhnliche an diesem Projekt ist.

Konzeptfokus

„Das FOUNDING LAB Fall Term ist ein projektbasiertes, interdisziplinäres Konzept, das sich auf die transkulturellen Vermittlungsaspekte dieses ganz besonderen Settings konzentriert, das wir hier aufgebaut haben.“ Anna Oelsch hält aber gleichzeitig fest: „Dieses Fall Term ist kein typischer, regulärer Universitätsbetrieb.“ Hier gehe es darum, auf prototypische Weise zu erproben, wie der Universitätsbetrieb des 21. Jahrhunderts aussehen könnte, wenn man das Konzept von Grund auf neu aufbauen kann. Innerhalb des Fall Terms „wollten wir uns wirklich auf die beiden Aspekte konzentrieren, die interessanterweise sowohl die Studierenden als auch die Fellows während der Summer School und des Forums angesprochen haben, als sie ihre unabhängigen Visionen für die zukünftige Universität entwickelten: Interdisziplinär und projektbasiert soll die Universität der Zukunft sein.“ Das FOUNDING LAB stellt „eine Art Spielwiese (dar), um mit unterschiedlichen prototypischen Ideen zu experimentieren, wie ein anspruchsvolles Konzept für die weiterführende Bildung aussehen könnte.”

25 Studierende aus aller Welt bringen ihre eigenen Projekte mit

Eine zentrale Rolle beim Gelingen des Fall Terms spielen die Beteiligten selbst. Einerseits sind das die Studierenden: „25 Studierende aus der ganzen Welt kommen für drei Kapitelblöcke zu sechs verschiedenen Themen nach Linz. Parallel dazu arbeiten sie an ihren Semesterprojekten. Dabei haben sie im Grunde die völlige Freiheit das einzubringen, woran sie gerade arbeiten.“

Anna Oelsch hebt hervor, dass die Qualität ihrer Projekte und ihres Inputs vor allem deswegen so hoch sei, weil sie einerseits bereits sehr fortgeschritten und verankert in ihrer universitären Laufbahn und ihren Karrieren sind und durch die Vielfältigkeit der disziplinären Hintergründe sich ihre Projekte gegenseitig bereichern. „Die meisten Studierenden sind PhD-, einige Master-Studierende, die ihre eigenen Projekte bearbeiten. Diese sind mit dem Thema der digitalen Transformation der neuen Universität verknüpft und diese wiederum mit den Chapters verlinkt, die die Fellows vorbereiten.“ Andererseits werden die Studierenden vom FOUNDING LAB Team und den Fellows an die verschiedenen Ansätze, Methoden und Praktiken der wissenschaftlichen Forschung wie auch jene der praktischen Kunst herangeführt. Dadurch können sie vom Besten aller Welten profitieren.

FOUNDING LAB Fall Term Chapter 1: excursion to Deep Space 8K, photo: Martin Hieslmair

Chapters und Deep Dive Talks als Buffet

Das Chapter Programm in Linz und die online Deep Dive Talks seien als Buffet der verschiedenen Aspekte von digitaler Transformation zu verstehen, so Anna Oelsch weiter, bei dem sich die Studierenden bedienen könnten – von der rein technischen Seite der Hardware eines Technologiebereichs wie Robotik über die Frage nach Datenauswahl oder dem medialen Einfluss von Kunst bis hin zu den sozialen und politischen Implikationen und Fragestellungen. Ausgehend von den komplett unterschiedlichen Ausrichtungen der Semesterprojekte sind diese Lernangebote eine Ressource für die Studierenden, bei der sie aus dem Vollen schöpfen können.

FOUNDING LAB Fall Term Chapter 2 Workshop: Data Collection, photo: Martin Hieslmair
FOUNDING LAB Fall Term Chapter 2 Workshop: Data Collection, photo: Martin Hieslmair

Mehr zu Chapter 1, bei dem es um Infrastructure ging, und Chapter 2 zum Thema Data & Code könnt ihr am Ars Electronica Blog nachlesen.

Interdisziplinarität in der Praxis

Die zweite wichtige Komponente neben den Studierenden stellen die Fellows dar, 21 Expert*innen in ihren jeweiligen Bereichen aus den diversen Sparten: Kunst und Wirtschaft sind ebenso vertreten wie der Start-Up Bereich und natürlich die Wissenschaft. In Gruppen bereiten sie die Chapters auf, wobei die Zusammensetzung der Fellows seitens FOUNDING LAB sorgfältig kuratiert wurde, sodass der Mix an Disziplinen und teils kontroversen Perspektiven dem Anspruch der Interdisziplinarität gerecht wird. Nur so könne sichergestellt werden, dass ein Thema wie beispielsweise Robotik nicht ausschließlich aus der Sicht der Technologie, nur aus wirtschaftlichen Interessen oder nur unter einem künstlerischen Aspekt beleuchtet wird. „Auf diese Weise werden die Fellows selbst zum Beispiel dafür, wie interdisziplinäre Zusammenarbeit gelebt werden kann, und helfen den Studierenden dabei, die Vorteile der verschiedenen Disziplinen wertschätzen und anwenden zu lernen.“ Besonderes Augenmerk liegt dabei auch auf dem Austausch auf Augenhöhe zwischen den Studierenden und Fellows.

FOUNDING LAB Fall Term Chapter 3: Machines, Robots & Tangibles, photo: Martin Hieslmair

Eine neue Spezialisierung

Was das Fall Term also leistet, ist, dass es Studierende mit unterschiedlichen wissenschaftlichen wie auch künstlerischen Methoden und Ansätzen in Kontakt bringt, um das Beste aus allen Welten zu vereinen. So sollen sie selbst herausfinden, was es bedeutet, die unterschiedlichen Vorteile verschiedener Disziplinen, verschiedener Denkwelten tatsächlich in einem Projekt zu nutzen. „Wir entwerfen und begleiten also den Prozess, der hinter den vielfältigen Ergebnissen steht.“

So soll kritisches Denken und eine Reflexion darüber angeregt werden, was auf dem Weg zu einer neuen Universität tatsächlich hilfreich ist, wie man Menschen aus unterschiedlichen Disziplinen zusammenbringen, dabei altbekannte disziplinäre Grenzen überwinden kann und was als Rahmen oder Struktur dafür notwendig ist.

„Was dieses Programm in Wahrheit tut ist, den Grundstein für eine neue Spezialisierung zu legen, nämlich die Interdisziplinarität als eigene Expertise.“

Dieser Prozess, wie das FOUNDING LAB Interdisziplinarität als eigene Expertise ins Zentrum stellt, wird ebenso wie das, was schließlich dabei herauskommt, für die Öffentlichkeit dokumentiert. Auch die Semesterprojekte sowie die Entwicklungsprozesse werden online für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. „Außerdem wird es Podiumsdiskussionen mit den Studierenden geben, um einen tieferen Einblick in ihre Erfahrungswelten und resultierenden Learnings für die Universität der Zukunft zu geben.“

FOUNDING LAB Fall Term Chapter 1: excursion to Deep Space 8K, photo: Martin Hieslmair

Kick-Off für eine neue Universität

Am Schluss unseres Gesprächs fasst Anna Oelsch noch einmal zusammen, dass das FOUNDING LAB ein vielschichtiges Projekt ist, das als Kick-Off für die neue Universität dienen soll. Den größten Mehrwert sieht sie in dem fruchtbaren Mix aus Studierenden und Fellows, die ihrerseits viele verschiedene Perspektiven und Expertisen einbringen, und der Kombination mit dem einzigartigen Ars Electronica Blickwinkel. Das Team entwickelt und evaluiert unerwartete Ansätze und genau für dieses Neue, noch nicht Erprobte, kann das FOUNDING LAB eine Spielwiese sein.

„Was ich persönlich am meisten an diesem Programm liebe, ist dieses interdisziplinäre Matchmaking: diese Idee, Menschen zusammenzubringen, eine Plattform zu schaffen, auf der ein wertschätzender, anspruchsvoller Austausch von Wissen, Fähigkeiten, Fragen, Ansätzen, Methoden und Denkweisen möglich ist.“

Wenn ihr mehr über das Founding Lab und die einzelnen Chapters wissen wollt, besucht die FOUNDING LAB Website, verfolgt das Programm am Ars Electronica Blog oder begleitet die Studierenden auf den Ars Electronica Social Media Channels.

Anna Oelsch

Das Arbeiten in dem Bereich, wo sich Wissenschaft und Kunst treffen, hat Anna Oelsch immer schon fasziniert. Ihr wissenschaftlicher Denkansatz und ihre analytischen Fähigkeiten wurden vor allem während ihres Studiums der Technischen Physik an der Johannes Kepler Universität Linz geprägt. Ihre künstlerische Herangehensweise an Ideen entwickelt sie derzeit an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz im Zuge ihres Lehramtsstudiums für Bildnerische Erziehung und Physik weiter. Die Arbeit im Ars Electronica Futurelab ermöglicht es ihr, diese vielfältigen Fähigkeiten für Projektmanagement, kreatives Prototyping, Art Thinking Research, Mentoring für Artists in Residence und vieles mehr zu bündeln.

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