AI x Music: Timeline; Photo: Ars Electronica / Birgit Cakir

Timeline

In der Ausstellung AI x Music sehen Sie nicht nur die neuesten Ideen, Entwicklungen und Erfindungen im Kontext von Technologie und Musik, sondern werfen auch einen Blick auf die interessantesten Details ihrer Geschichte.

Auf einer vertikalen Fläche von rund 16 Quadratmetern können Sie die interessantesten technologischen Entwicklungen der Musikgeschichte erkunden und die Exponate zeitlich einordnen. Einen kleinen historischen Überblick vom dritten Jahrhundert vor Christus bis zur Gegenwart finden Sie auch hier:

3. Jhdt. v. Chr.

Die Wasseruhr von Archimedes

Archimedes

Der griechische Mathematiker, Physiker und Ingenieur Archimedes
(um 287–212 v. Chr.), der als Vater der Hydrostatik – der Lehre von
unbewegten, strömungsfreien Flüssigkeiten – bezeichnet wird, gilt als Erfinder
der Wasseruhr, Klepsydra genannt. Obwohl die Originalschrift, in der diese
Uhr erwähnt wird, nicht mehr existiert, wurden Aufzeichnungen darüber in
späteren arabischen Übersetzungen gefunden. Bei dem Automaten handelt
es sich um eine sehr große und aufwendige Wasseruhr mit vielen automatisch
bewegten zusätzlichen Funktionen und Objekten – die Musiktöne erzeugen
kann.

9. Jhdt. n. Chr.

Automatische Flöte

Banū-Mūsā-Brüder

Die älteste programmierbare Maschine ist eine automatische Flöte, die
im 9. Jahrhundert n. Chr. von den Banū-Mūsā-Brüdern unter dem Titel
Das Instrument, das von selbst spielt erfunden wurde. Dieser Musikautomat
besteht aus einer Walze, auf der sich Stifte befinden. Sobald die Walze rotiert,
betätigen die Stifte Hebel, die eines oder mehrere der neun Löcher einer Flöte
öffnen. Der Luftstrom für die Flöte wird durch Wasser erzeugt, das einen
Behälter füllt und dadurch die Luft zum Entweichen zwingt. Die Walze wird
dabei von einem Wasserrad angetrieben.

9. Jhdt. n. Chr.

Eine Roboter-Band

Al-Jazarī

Der arabische Ingenieur und Autor Al-Jazarī (1136–1206) erfand ein Boot, auf
dem sich vier „Musiker“ befanden: Es trieb auf einem See und unterhielt dabei
Gäste bei königlichen Trinkveranstaltungen. Tatsächlich handelte es sich um
einen programmierbaren Musikautomaten, der aus einer Trommelmaschine
bestand, die mit Zapfen (Nocken) auf kleine Hebel stieß, um ein Schlagzeug
zu betätigen. Die Programmierung bestand darin, die Anordnung der Zapfen
zu ändern. Je nachdem, wie diese angeordnet waren, spielte das Schlagzeug
verschiedene Rhythmen und Trommelschemas.

1618

Das harmonische Gesetz

Johannes Kepler

Im Jahr 1618 entdeckte Johannes Kepler (1571–1630) das dritte seiner
Gesetze zur Planetenbewegung: Es beschreibt die Beziehung zwischen
Umlaufzeit und Bahnradius je zweier Planeten, die er als wesentliche
geometrisch-harmonische Gesetzmäßigkeit versteht. Veröffentlicht wurde
das 3. Keplersche Gesetz 1619 in seinem Werk Harmonices mundi libri V. In
dieser fünfteiligen Publikation versuchte Kepler, die harmonischen Prinzipien
in der göttlichen Schöpfung grundsätzlich zu ergründen.

Neu:

1793

Mozart’s Musikalisches Würfelspiel

Wolfgang Amadeus Mozart

Die Anleitung zum Componieren von Walzern vermittels zweier Würfel ist
das wohl bekannteste Musikalische Würfelspiel. Es geht vermutlich auf
Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) zurück und wurde erst nach seinem
Tod, 1793, veröffentlicht. Mittels zweier Würfel werden zufällig kleine
Musikabschnitte ausgewählt, die zu einem Musikstück zusammengefügt
werden. Mit diesem Zufallsprinzip lassen sich 1116 verschiedene, aber
ähnliche Walzer produzieren – demnach 45.949.729.863.572.161, also
fast 50 Billiarden Kompositionen.

1815

Das Mälzel’sche Metronom

Johann Nepomuk Mälzel, Ludwig van Beethoven

Der deutsche Mechaniker und Orgelbauer Dietrich Nikolaus Winkel
(1777–1826) entwickelte 1814 in Amsterdam den Musik Chronometer, ein
Metronom, das er nach Johann Nepomuk Mälzels Vorstellungen entwarf.
1815 ließ Mälzel das Metronom allerdings auf seinen Namen patentieren. Er
erweiterte das Metronom und produzierte in Fabriken in Paris und London
große Mengen davon. Als Winkel davon erfuhr, kam es zu einem Rechtsstreit,
der 1820 zugunsten Winkels ausging. Da das Mälzelsche Metronom als stark
abweichend von Winkels Metronom gilt, bestand bei einigen ZeitgenossInnen
die Auffassung, dass Mälzel der rechtmäßige Erfinder des Metronoms sei.

1843

Die erste Programmiererin

Ada Lovelace

Als Mitarbeiterin Charles Babbages wirkte die britische Mathematikerin
Ada Lovelace (1815–1852) am Entwurf der Analytical Engine maßgeblich
mit, was bei Frauen der damaligen Zeit höchst ungewöhnlich war. In einer
Abhandlung von 1843 beschreibt sie, wie mit Hilfe der Maschine Bernoulli-
Zahlen berechnet werden können – und somit das erste Computerprogramm.
Revolutionär sind auch ihre Visionen, mit einer Maschine Musiknoten,
Buchstaben und Bilder verarbeiten zu können.

1949

Digitale Musik aus dem Computer

Trevor Pearcey, Maston Beard

Der in Australien gebaute CSIRAC (Commonwealth for Scientific and Industrial
Research Automatic Computer) war der erste Computer der Welt, der digitale
Musik abspielen konnte. Konstruiert wurde er von einem Team unter der
Leitung von Trevor Pearcey und Maston Beard. Der raumgroße Computer
hatte zwar keinen Monitor und kaum Speicherkapazität, dafür aber einen
Lautsprecher, über den Signale ausgegeben werden konnten. Im Laufe der
Zeit wurde das System so weiterentwickelt, dass der CSIRAC schlussendlich
ganze Melodien erzeugen und abspielen konnte.

1950

MUSIC I

Max Mathews

Durch die Entwicklung des Programms MUSIC I gilt der US-amerikanische
Elektroingenieur Max Mathews (1926–2011) als Pionier der Computermusik.
Im Gegensatz zum CSIRAC von 1949, bei dem Rohimpulse an den Lautsprecher
geschickt wurden, konnten mit dem von Mathews entwickelten
Programm erstmals digitale Audiosignale erzeugt werden, wodurch
ein richtiger Sound entstand. Eine 17 Sekunden lange Melodie, die ein
IBM 704-Computer 1957 mittels MUSIC I generierte, gilt heute in der
Musikforschung als als Gründungsdatum der Computermusik.

1963

The The Godmother of Electronic
Dance Music

Delia Derbysh

Die britische Komponistin, Musikerin und Produzentin Delia Derbyshire
(1937–2001) war Pionierin im Bereich der elektronischen Musik. Sie war
in den 1960er-Jahren im sogenannten BBC Radiophonic Workshop tätig.
Insbesondere ihre Soundproduktion für die legendäre BBC Science Fiction
Serie „Dr. Who“, machte sie weltbekannt. Nach ihrem Tod entdeckte man
2008 über 260 Tonbänder, die in den 1960er-Jahren produziert und bisher nie
veröffentlicht wurden. Dabei fand man auch ein experimentelles Tanzstück,
das stark an den Tanzstil des heutigen Techno erinnert. Daraufhin betitelte die
englische Zeitung The Times Derbyshire als „Godmother of Electronic Dance
Music“.

1973

Kraftwerk

Ralf Hütter, Florian Schneider

Die 1970 gegründete deutsche Band Kraftwerk beeinflusste mit dem
von ihnen entwickelten Elektropop zahlreiche MusikerInnen. Mit ihrer
minimalistischen Musik unterschied sie sich damals deutlich von anderen
Elektronikbands. Dabei bezogen sich die Gründer Ralf Hütter (* 1946) und
Florian Schneider (* 1947) in den Texten und Melodien auf die moderne
Technik und ihre Beziehung zum Menschen. Typisch für die Band ist das
„Mensch-Maschinen“-Image seit der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre.
Oft stellen Puppen und Roboter die Bandmitglieder bei Liveauftritten oder
Pressegesprächen dar. 1993 gab Kraftwerk im Zuge einer Greenpeace-Aktion
ein Konzert beim Ars Electronica Festival.

1978

Die ersten Drumcomputer

Die ersten Drumcomputer gibt es seit den 1930er-Jahren. Knapp 50 Jahre
später, wurden die ersten programmierbaren Geräte entwickelt. Im Gegensatz
zu einem elektronischen Schlagzeug hat der Drum-computer, neben Drum
Pads, auch ein Interface und einen eingebauten Pattern-Sequenzer, über die
Rhythmen programmiert werden können. Die Klangerzeugung erfolgte bis zum
Modell Linn LM-1 analog. Er war der erste programmierbare Drumcomputer,
der digitale Samples von einem akustischen Schlagzeug verwendete.

1994

Museum Mechanische Klangfabrik

Im oberösterreichischen Haslach entstand 1994 das erste österreichische
Museum für Musikautomaten: das Museum Mechanische Klangfabrik.
Zusammengetragen wurden die rund 160 Instrumente, die von aufwendigen
Orchestrien über zierlichen Glockenuhren bis hin zu originellen Rückenklavieren
reichen, von Erwin Rechberger (1925–2017) und seinem Sohn
Erwin junior. Mittlerweile hat das Land Oberösterreich die Sammlung, in der
die Entwicklung der Musikautomaten vom Barock bis zur Zwischenkriegszeit
wissenschaftlich und mit modernsten technischen Mitteln aufbereitet ist,
erworben.

1995

Verbasizer

David Bowie

Der Verbasizer ist ein Computerpragramm, das der britische
Ausnahmekünstler David Bowie (1947–2016) gemeinsam mit einem Freund
entwickelte, um Musiktexte zu konzipieren. Die Software funktionierte nach
dem Zufallsprinzip: Man gab mehrere Sätze ein und das Programm würfelt die
einzelnen Textbausteine durcheinander, bis völlig neue Phrasen entstanden.
Bowie nutze diese sogenannte „Cut-up“-Technik jahrzehntelang, der Verbasizer
war lediglich die technische Umsetzung davon. Das Album Outside aus dem
Jahr 1995 entstand Gerüchten zufolge hauptsächlich mit Hilfe des Verbasizer.

2009

Deus Cantando

Peter Ablinger, Winfried Ritsch, Thomas
Musil, Institute for Electronic Music and
Acoustics Graz

Deus Cantando ist eine Medienkunstinstallation, die mit dem Interpretationsvermögen unseres Gehirns spielt. Sobald man einen Knopf betätigt, beginnt das Klavier autonom mit insgesamt 88 elektromechanischen Fingern zu spielen. Zunächst sind abstrakt klingende musikalische Strukturen zu hören, doch wenn man den an eine Wand projizierten Text mitliest, stellt sich
heraus, dass die Töne des Klaviers die menschliche Stimme imitieren. Der
vom Klavier „gesprochene“ Text ist die Proklamation des Internationalen
Umweltgerichtshofes aus dem Jahr 2009.

2015

THE ELECTRIC KNIFE ORCHESTRA

Neil Mendoza

Der britische Medienkünstler Neil Mendoza (* 1977) hat aus insgesamt 16
Messern und einem Fleischerbeil ein Orchester aus sechs Musikmaschinen
gebaut, die zusammen den Hit Stayin’ Alive von den Bee Gees aus dem Jahr
1977 performen. Die programmierten Alltagsgegenstände musizieren unter
anderem durch das Bewegen von Glocken, Berühren von Triangeln oder das
Leiten von Stromspannungen. Dabei funktioniert alles wie von Geisterhand:
sechs separate Schaltsysteme, die Mendoza zuvor programmiert hat,
bedienen die Musikmaschinen.

2018

Robotic Electronic Music

Moritz Simon Geist

Robotic Electronic Music ist das erste Techno-Musikalbum, auf dem
ausschließlich Roboter zu hören sind. Produziert wurde es von dem
Medienkünstler und Musiker Moritz Simon Geist (* 1981). Jeder Sound
auf dieser Platte wird von Robotern erzeugt: kleine Motoren, die auf Metall
schlagen; 3D-gedruckte Kalimbas vibrieren; alte Teile von ausrangierten
Festplatten klicken und schneiden. Dabei wurden alle Roboter von Geist über
mehrere Jahre selbst gebaut.

2019

Simple Harmonic Motion Series

Memo Akten

Der türkischstämmige Medienkünstler, Forscher und Philosoph Memo
Akten (* 1975) verwendet in seinen Werken Bilder und Töne, die alle von
den gleichen mathematischen Prinzipien und Algorithmen angetrieben
sind: ein komplexes Signal, das in seine Grundelemente zerlegt ist und mit
unterschiedlichen Frequenzen arbeitet. Simple Harmonic Motion ist eine
fortlaufende Serie von Arbeiten, die Komplexität aus der Einfachheit heraus
untersucht – insbesondere die Entstehung von komplexem Verhalten durch
das Zusammenspiel einfacher vielschichtiger Rhythmen.

2019

MuseNet

OpenAI

OpenAI hat mit MuseNet ein Deep Neural Network geschaffen, das
vierminütige Musikkompositionen mit unterschiedlichen Instrumenten
erzeugen kann. Dabei kombiniert es verschiedene Musikstile von Country über
Mozart bis hin zu den Beatles. MuseNet komponiert nicht, wie es ein Mensch
tun würde: Es versucht herauszufinden, welcher „Baustein“ am besten als
Nächstes in der Komposition verwendet werden sollte. Dabei wurde es mit
Hunderttausenden von MIDI-Dateien trainiert. Aus diesem Pool entscheidet
die künstliche Intelligenz selbstständig, was am besten zusammenpasst.