Digital Graffiti ist eine innovative Technologieplattform, die von 2001 an entwickelt wurde. Sie ermöglichte, virtuelle Nachrichten und Informationen wie elektronische Post-its an beliebigen Orten zu hinterlassen. Mit mobilen Geräten wie PDAs (Personal Digital Assistent), Notebooks und später auch Smartphones wurden diese Nachrichten standortbezogen abgerufen und via Kamerafunktion in die reale Umgebung eingeblendet. Die digitalen Graffiti konnten jede Form von Kombinationen an Text, Bilder, Sounds, Videos aber auch Programmcode beinhalten, die orts- und zeitbezogene angezeigt – beziehungsweise auf jedem Empfangsgerät auch ausgeführt – werden konnten.
Diese zum damaligen Zeitpunkt einzigartige Kombination aus Informations-, Navigations- und Augmented-Reality-System wurde in Zusammenarbeit zwischen Siemens Corporate Technology, dem Ars Electronica Futurelab und dem Institut für Wirtschaftsinformatik und Softwareengineering der Johannes Kepler Universität Linz entwickelt.
Eine der größten Hürden zu dieser Zeit war es, die PDAs genannten Handheld-Computer mit Kameras und GPS-Empfängern auszustatten. Die frühen Prototypen zum Startzeitpunkt der Entwicklungen bedurften noch einer speziell dafür gefertigten Hardware, da diese Technologien zwar schon bekannt, aber am Consumer Market noch nicht in Kombination verfügbar waren, wie wir das heute von Smartphones kennen. Ein Schwerpunkt der Forschungsarbeit war daher, möglichst frühzeitig handelsübliche Geräte zu verwenden, um eine schnelle Realisierung des neuen Nachrichtensystems zu ermöglichen.
Ein Handy mit Kamera, GPS und eine App genügten, um die Botschaften im Bild und Interaktionen mit der realen Umgebung zu aktivieren: Die reale Welt wurde dabei mit den virtuellen Botschaften überlagert. Der Standort der Empfangsgeräte wurde wahlweise per GPS oder WLAN ermittelt.
Breite Palette an Anwendungsmöglichkeiten
Digital Graffiti eröffnete neue Möglichkeiten für Kommunikation und Information etwa im urbanen Raum, da Nutzer*innen virtuelle Nachrichten an einem Treffpunkt oder Informationen über Sehenswürdigkeiten hinterlassen konnten. Der Radius, in dem die Nachricht zu empfangen war, konnten die Verfasser*innen der Nachricht einstellen. Weithin sichtbare Gebäude konnten etwa mit einem großen Radius von mehreren Kilometern umgeben werden, sodass auch weit entfernte Tourist*innen das digitale Graffito lesen konnten.
Die Digital Graffiti-Technologie ermöglichte auch Interaktionen im realen Umfeld, etwa Aktionen wie das Öffnen von Schranken oder das Starten von Maschinen automatisch auszulösen, wenn ein bestimmter User sich im Aktionsradius eines entsprechend ausgestatteten digitalen Graffitos befand. Die Graffiti konnten außerdem mit Zugriffsrechten ausgestattet werden, die entweder an Personen, Geräte oder Interessenprofile gebunden waren.
Digital Graffiti fand über die ursprünglich geplanten Anwendungsszenarien hinaus Verwendung: Auf Basis des Systems wurde etwa 2010 an der Johannes Kepler Universität in Linz das Smart Information Campus System für Lehrende, Studierende und Administration gestartet: eine neuartige standortbezogene Informations-, Kommunikations- und Navigationsplattform.
Credits
Ars Electronica Futurelab: Roland Haring, Horst Hörtner, Benjamin Mayr, Mahir Yavuz
PARTNER: SIEMENS Corporate Technology, Johannes Kepler Universität Linz