Das Projekt „Fluten der Freiheit“ beleuchtet die bewegende und oft lebensgefährliche Reise von Flüchtlingen über das Meer und macht ihre Risiken und Hoffnungen auf der Suche nach einem besseren Leben spürbar.
Die Kategorie u19 – create your world des Prix Ars Electronica bietet jungen Künstler*innen eine Plattform, um ihre Visionen und Projekte zu präsentieren. Diese Werke befassen sich mit Themen, die die kommende Generation besonders beschäftigen und in ihrem Alltag präsent sind. Für sein Werk „Fluten Der Freiheit“, wurde Jakob Gruber mit der Goldenen Nica des Prix Ars Electronica 2024 ausgezeichnet. In „Fluten der Freiheit“ thematisiert Jakob die bewegende und oft lebensgefährliche Reise von Flüchtlingen über das Meer.
Im Zentrum dieses Projekts steht eine symbolische Schwimmweste, geformt aus den Worten „Friede“, „Demokratie“ und „Sicherheit“. Diese eindrucksvolle Animation wird von einer klanglichen Untermalung begleitet, die bei den Zuschauern Gänsehaut auslöst und eine beklemmende Atmosphäre schafft. Das Kunstwerk macht die enormen Risiken und Hoffnungen der Flüchtlinge auf der Suche nach einem besseren Leben in Europa spürbar. Inspiriert von Henry David Thoreaus Zitat aus „Ãœber die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat“ – „Könnte es nicht eine Regierung geben, in der nicht die Mehrheit über Falsch und Richtig befindet, sondern das Gewissen?“ – hinterfragt das Projekt die ethischen und moralischen Grundlagen unserer Gesellschaft und regt zu einer tieferen Auseinandersetzung mit den Beweggründen der Flüchtenden an. Im Interview mit Jakob erfahren wir mehr über seine Inspirationen, die Botschaften, die er vermitteln möchte, und die Herausforderungen, denen er bei der Realisierung dieses Projekts begegnet ist.
Was hat dich dazu bewegt, dich mit dem Thema Flüchtlinge und deren gefährlicher Reise über die Meere auseinanderzusetzen?
Jakob Gruber: In den letzten Monaten und Jahren sind durch verschiedene politische Krisen wichtige Themen wie die Flüchtlingskrise im Mittelmeerraum leider in den Hintergrund gerückt, obwohl diese Krise quasi vor unserer Haustür, in unserem Nachbarland Italien, stattfindet. Mit meinem Projekt wollte ich die Aufmerksamkeit wieder auf die Menschen lenken, die sich auf diese gefährliche Reise begeben, deren einzige Hoffnung in der EU Frieden, Demokratie und Sicherheit sind.
Warum hast du dich entschieden, dies durch eine wortgeformte Schwimmweste darzustellen?
Jakob Gruber: Warum habe ich die Form einer Schwimmweste gewählt? Dafür gibt es zwei Gründe. Einerseits steht die Schwimmweste symbolisch für Demokratie, Frieden und Sicherheit – Elemente, die den Menschen das Überleben sichern. Der Wunsch nach besseren Lebensumständen treibt sie dazu, diese riskante Reise zu wagen. Andererseits hat die Schwimmweste auch einen bildhaften Aspekt. Wenn man im Internet nach „Mittelmeerflüchtlinge“ sucht und auf „Bilder“ klickt, sieht man sofort Menschenmassen auf Schlauchbooten mit den auffälligen orangefarbenen Schwimmwesten. Diese Westen sind zu einem Symbol für die Sicherheit auf dem Meer geworden.
Wie hast du die klangliche Untermalung entwickelt und welche Elemente hast du verwendet, um die beängstigende Stimmung zu erzeugen?
Jakob Gruber: Die klangliche Untermalung habe ich hauptsächlich während meiner Schulzeit entwickelt und dank der Unterstützung zweier Lehrer perfektionieren können. Mehrere Male spielte ich den Sound in der Klasse vor. Bei meinem ersten Versuch war noch das Geräusch eines Nebelhorns enthalten, was immer mindestens eine Person erschreckte oder zusammenzucken ließ. Da dieser Effekt unerwünscht war, entfernte ich das Nebelhorn.
Ich stellte mir dann die Frage: „Welche Geräusche hört man, wenn man als Mensch am Wasser ums Überleben kämpft?“ Dabei dachte ich an Atmen, Gewitter, Herzschlag, Wellenrauschen, Möwen und dumpfe Wassergeräusche. Anschließend ging es nur noch um die Feinabstimmung der einzelnen Sounds. Ich ordnete sie so an, dass sie fast schon eine Geschichte erzählen. Man muss nur die Augen schließen, um genug Eindrücke zu bekommen und alles zu verstehen.
Wie haben deine eigenen Erfahrungen und Hintergründe deine Herangehensweise an dieses Projekt beeinflusst?
Jakob Gruber: Ich komme aus einer Familie, die generell sehr tolerant gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen ist, und ich glaube, das hat mich stark geprägt. Es war mir wichtig, in keiner Weise diskriminierend zu wirken. Ich wollte auf die immer noch extrem schlimmen Situationen im Mittelmeer aufmerksam machen, die seit Jahren dort herrschen. Außerdem ist das Thema „Migration“ sowohl in Salzburg als auch an meiner Schule sehr aktuell. Da ich in diesem Umfeld täglich lebe, hat es mich sehr beeinflusst.
Was hoffst du, dass die Zuschauer*innen nach dem Betrachten deines Projekts fühlen oder denken?
Jakob Gruber: Ich hoffe, dass die Zuschauer*innen nach dem Anschauen meines Clips einen Rausch an Gefühls- und Sinneseindrücken erleben und mit diesen zurückbleiben. Sie sollen dazu angeregt werden, sich wieder an diese Themen zu erinnern, die direkt vor unserer Haustür passieren. Anstatt einen Tunnelblick auf bestimmte Dinge zu haben, sollen sie über den Tellerrand hinaus schauen.
Wie siehst du die Rolle der Kunst und Animation in der Sensibilisierung und Aufklärung über gesellschaftliche und politische Themen?
Jakob Gruber: Die Rolle von Kunst und Animation ist äußerst wichtig, da sie Menschen aller Altersgruppen erreichen kann. Besonders Kinder und Jugendliche möchte ich ansprechen. Sobald sich etwas bewegt, das ihnen unbekannt ist, schenken sie diesem ihre Aufmerksamkeit. Dadurch kann man auch die jüngeren Generationen erreichen und leichter für diese Themen sensibilisieren.
Auch wenn ich damit meinem Projekt etwas widerspreche, halte ich die folgende Aussage für wichtig: Kunst muss nicht immer einen politischen oder sozialkritischen Hintergrund haben. Leider haben viele Menschen verlernt, einfach nur zu genießen – etwas anzuschauen, anzuhören oder zu fühlen, ohne dafür einen bestimmten Grund zu benötigen. Kunst sollte auch einfach nur genossen werden können. Wie bereits gesagt, Kunst muss nicht immer einen politischen oder sozialkritischen Hintergrund haben. Auch diese Animation soll dazu beitragen, dass man einfach nur sieht und genießt.
Jakob Gruber
Jakob Gruber wurde am 13. April 2007 geboren und lebt in Henndorf am Wallersee mit seinen Eltern und seinem jüngeren Bruder. Er besucht derzeit die HTL Salzburg im Zweig „Grafik und Kommunikationsdesign“ und befindet sich in der 3. Klasse (3AHGK). Zu seinen Hobbys gehören Volleyball, das Spielen des Cellos, Fotografie sowie Grafikdesign und Kunst im Allgemeinen.