Mit großer Trauer nehmen wir Abschied von Christine Schöpf – einer prägenden Persönlichkeit für die Medienkunst und für uns alle, ohne die Ars Electronica nicht das wäre, was sie heute ist.
„Jede Idee, jedes Projekt braucht seine Mitstreiter, braucht Menschen, die für Visionen stehen, und jene, die sich für diese Visionen zu begeistern wissen; es braucht über manche Strecken Kämpfernaturen mit einem Schuss Guerilla-Mentalität und braucht letztendlich ein Maß an Zähigkeit und Überzeugungskraft.“
Christine Schöpf in “1979-2004. Ars Electronica. 25 Jahre Netzwerk für Kunst, Technologie und Gesellschaft”
Ohne Christine Schöpf wäre Ars Electronica nicht, was sie heute ist. Als Journalistin begleitet sie 1979 das allererste Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft, das sie in den folgenden Jahren auch mitgestaltet. 1987 ist sie federführend an der Konzeption des Prix Ars Electronica beteiligt, den sie bis 2004 produziert. 1996 unterstützt sie Hannes Leopoldseder dabei, das Ars Electronica Center sowie das Ars Electronica Futurelab zu initiieren, ebenfalls ab 1996 und bis 2020 bildet sie mit Gerfried Stocker das Künstlerische Direktorium des Ars Electronica Festival. Christine Schöpf hat die Entwicklung von Ars Electronica mitgeprägt, hat für sie gekämpft, war für ihre Erfolge mitverantwortlich. Am Freitag, 24. Oktober 2025, ist Christine Schöpf verstorben. Sie wurde 77 Jahre alt.
Nachdem sie maturiert hat, will Christine Schöpf Theaterregisseurin werden. Ihre Mutter ist davon wenig begeistert und versucht, sie zu überzeugen, eine – zumindest etwas – andere Richtung einzuschlagen. Sie hat Erfolg. Christine Schöpf geht nach Wien und beginnt das Lehramtsstudium Germanistik und Romanistik. Nachdem sie in einem Gymnasium hospitiert hat, ist ihr jedoch klar, dass sie „nie, nie ins Lehrfach“ gehen wird. Während sie auf das Ergebnis der Begutachtung ihrer Dissertation zu Johann Nepomuk Nestroy wartet, bewirbt sie sich beim ORF OÖ. Sie schickt eine Reihe von Vorschlägen zu einstündigen Radio-Features, die sich sozialen Themen widmen sollen. Der damalige Landesintendant findet diese Vorschläge interessant und möchte ihre Urheberin kennenlernen. So treffen Christine Schöpf und Hannes Leopoldseder (1974 bis 1998 Intendant des ORF OÖ in Linz, 1989 bis 2002 ORF-Informationsintendant in Wien) erstmals aufeinander. Anstatt lange Features zu gestalten, beginnt Christine Schöpf ab 1977 zunächst als freie Mitarbeiterin an einem wöchentlichen Radio-Kulturmagazin des ORF mitzuwirken. Ein Jahr später, 1978, wird sie Redakteurin des Aktuellen Dienstes, 1982 Abteilungsleiterin Kultur und Wissenschaft und bleibt dies bis zu ihrer Pensionierung 2007. In den Journalismus sei sie trotz allem nur „reingerutscht“, sagt sie im Rückblick, der Journalismus habe sie einfach interessiert.

Ihre Begeisterung für die Kunst und ihr Interesse für aktuelle Themen lassen sie auch außerhalb des ORF aktiv werden. Es ist dabei nicht vorrangig das Schöne, das Christine Schöpf an der Kunst schätzt. Sie interessiert sich für Kunst, die spannende Themen aufgreift und zum Nachdenken anregt – Kunst, die relevant sein will. Zum Ausdruck kommt das vor allem im Prix Ars Electronica, den sie 1987 initiiert – obwohl sie anfänglich gar nicht davon überzeugt ist, dass der mit einer Million Schilling dotierte Preis eine gute Idee ist. Dann reizt sie die Aufgabe aber doch. Sie konzipiert einen völlig neuartigen internationalen Wettbewerb, der in drei Kategorien ausgeschrieben wird – und sich in nur wenigen Jahren als prestigeträchtigster Medienkunstpreis der Welt etabliert.

1996 schreibt Christine Schöpf dann ein weiteres Kapitel der Erfolgsstory von Ars Electronica mit. „Der nächste Schritt war zweifelsohne, als Gerfried Stocker kam und das Ars Electronica Center gebaut wurde. Das brachte neue Programmpunkte, die die jungen Leute ansprachen.“ Im Rückblick scheint der Erfolg dieses Projekts logisch – Mitte der 1990er Jahre ist das aber längst nicht ausgemacht. Deutlich wird das vor allem im Bemühen um das zeitgleich initiierte Ars Electronica Futurelab, das die Inhalte und Installationen des Museums entwickeln und bauen soll, erinnert sich Christine Schöpf: „Wir haben uns damals in endlosen Sitzungen zum neuen Ars Electronica Center beraten. Ich habe immer insistiert: Es muss so eine Werkstatt, eine Forschungseinrichtung kommen, sonst bleibt das Ganze stehen.“

Ab 1996 bildet sie mit dem damals gerade erst 32 Jahre jungen Gerfried Stocker zudem das künstlerische Direktorium des Ars Electronica Festival. Gemeinsam entwickeln sie Themen und Programm der Linzer Veranstaltung, die zum weltweit führenden Event für Kunst, Technologie und Gesellschaft aufsteigt.

2008 erhält Christine Schöpf das Große Goldene Ehrenzeichen der Stadt Linz, im gleichen Jahr auch die Kulturmedaille des Landes Oberösterreich. 2009 wird sie zur Honorarprofessorin der Linzer Kunstuniversität ernannt. 2018 wird Christine Schöpf das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst verliehen.

2020, rund vier Jahrzehnte nachdem sie an der allersten Ars Electronica mitwirkte, verabschiedet sich Christine Schöpf von ihren offiziellen Funktionen. In einem langen Gespräch, das wir damals am Blog von Ars Electronica veröffentlichen, fragen wir sie, was sie ihrem jüngeren Ich raten würde: „Halte immer die Augen offen, die Ohren offen, und bleib neugierig, immer wieder neugierig! Und halte durch!“

2022 sagt sie in einem Interview, dass sie „dankbar“ ist, wenn sie zurückschaut. „Ich habe so viel machen können in meinem Berufsleben – und auch Dinge bewirken.“ Ihre Arbeit habe ihr immer Freude bereitet: „Und das ist ein Privileg.“

Mit Christine Schöpf verlieren wir eine Kämpferin, die sich unermüdlich für Ars Electronica und die Medienkunst eingesetzt hat. Wir verlieren eine Diskussionspartnerin, die nie mit ihrer Meinung hinterm Berg hielt, anderen aber immer respektvoll und wertschätzend begegnete. Wir verlieren eine Visionärin, die dem Neuen stets offen gegenüberstand und unerschütterlich daran glaubte, dass wir eine bessere Zukunft gestalten können.
Wir werden dich vermissen Christine.
