„Plantas Autofotosintéticas“ ist der Titel der Installation mit der Gilberto Esparza die Goldene Nica in der Kategorie Hybrid Art beim Prix Ars Electronica 2015 gewonnen hat. Dabei handelt es sich um ein komplexes symbiotisches System, dessen Aufbau aus kreisförmig angeordneten kugelförmigen Tanks aus Plexiglas besteht, die über Schläuche miteinander verbunden sind. In den Tanks befinden sich Bakterienkolonien, deren Stoffwechsel einerseits verschmutztes Wasser filtert und gewissermaßen wiederaufbereitet und andererseits Energie in Form von Elektrizität erzeugt. Beides nutzt Gilberto Esparza nun, um einen Kreislauf in Gang zu setzen: Ein eigens entwickeltes hydraulisches System versorgt den zentralen Container mit dem aufbereiteten Wasser und garantiert so eine optimale Umgebung für die hier befindlichen Einzeller, Krebse, Mikro-Algen und Wasserpflanzen. Die Elektrizität wird in Intervallen als Licht abgegeben, das von den Pflanzen zur Fotosynthese genutzt wird. Die von den Organismen im zentralen Container produzierten organischen Abfallprodukte wiederum werden nach außen, in die Tanks, gepumpt, wo sie von den Bakterien wieder zersetzt werden.
Im Interview spricht Gilberto Esparza über seine künstlerische Arbeit, der Notwendigkeit unseren Umgang mit Wasser zu verändern und der möglichen Gefahr von Wasserkriegen, falls wir unser Verhalten nicht verändern.
Gilberto, bei deinen künstlerischen Arbeiten beschäftigst du dich hauptsächlich damit, wie sich die zunehmende technologische Durchdringung unseres Alltags auf unsere sozialen Beziehungen, unsere Umwelt und die Strukturen und Prozesse in unseren urbanen Lebensräumen auswirkt. Wenn diese Entwicklungen so weitergehen, wie stellst du dir dann unsere Welt in 50 Jahren vor?
Gilberto Esparza: Ich glaube, es wird viele Veränderungen geben, wie wir mit unserer Umwelt umgehen. Städte werden immer mehr mit dem Land verschmelzen und wir werden unseren Lebensraum auch in Städten mit heimischen Pflanzen und Tieren teilen. Das ganze wird wie eine Art Zellgewebe aufgebaut sein, in der jede Zelle seine eigene Energie und seine eigene Nahrung produziert und regelmäßig Rückmeldungen darüber an Computernetzwerke liefert. Wasser wird durch biologische Prozesse aufbereitet, indem beispielsweise eine sogenannte Rezirkulation stattfindet. Dabei werden Flüsse mit Mineralien angereichert, die dadurch als Wasserressource wiederverwendet werden können.
In deiner Arbeit setzt du oft hybride Prozesse zwischen Maschinen und biologischen Organismen ein. Was interessiert dich an dieser Kombination?
Gilberto Esparza: Wenn ich in meinen Projekten diese beiden Elemente verbinde, kann ich die komplexen Systeme, des Energieaustauschs in der Natur, besser verstehen. Bei Experimenten arbeite ich häufig mit Expertinnen und Experten aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammen, die alle das Ziel haben, eine nachhaltige Welt zu schaffen und das inspiriert mich.
Fühlst du dich eigentlich mehr als Künstler, als Techniker oder doch als Biologe?
Gilberto Esparza: Ich bin eigentlich Künstler, aber ich interessiere mich sehr für die Wissenschaft, für die Technik und für soziale Prozesse. Ich glaube, der beste Weg, mein Wissen und meine gesammelten Erfahrungen mit anderen zu teilen, ist durch Kunst.
Ist es möglich, das gefilterte Wasser und den Strom von deiner Installation „Plantas Autofotosintéticas“ für den menschlichen Gebrauch zu verwenden?
Gilberto Esparza: Plantas Autofotosintèticas filtert Wasser und erzeugt gleichzeitig Strom. Das könnte in Dritte Welt Ländern viele Energie- und Wasserfragen lösen. Mit diesem System wird das Wasser gefiltert und gewissermaßen aufbereitet und kann dann beispielsweise zur Bewässerung verwendet werden. Um es als Trinkwasser zu nutzen, würde man weitere Reinigungsprozesse benötigen. Dieser Filterprozess ist aber nicht nur für Entwicklungsländer gedacht. Es kann in jeder Stadt der Welt eingesetzt werden, die das Problem haben, dass das Grundwasser knapp wird.
Es gibt Prognosen, die vorhersagen, dass die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2040 von derzeit rund sieben Milliarden Menschen auf fast neun Milliarden wachsen wird. Aus diesem Grund wird das Problem der Wasserknappheit immer größer. Glaubst du, dass du dein System so stark vergrößern kannst, dass dieses Problem vermieden werden kann?
Gilberto Esparza: Es gibt viele Systeme, die fast 100 Prozent unseres Wassers recyceln könnten, wenn wir sie alle einsetzen würden. Ein Beispiel dafür ist das System, das die Internationale Raumstation verwendet. Es gibt heute viele Möglichkeiten, Wasser zu recyceln und Regenwasser zu sammeln. Das einzige, was wir tun müssen, ist, unseren Umgang mit Wasser zu überdenken. Bis jetzt halten wir an einem veralteten System, von Ausbeutung, Konsum und Entsorgung, fest.
Wenn du das Bevölkerungswachstum und das Schmelzen der Gletscher bzw. die vermehrte Wüstenbildung aufgrund der Klimaerwärmung berücksichtigst. Glaubst du, dass es in Zukunft einen Krieg um Wasser geben könnte, wie es manche behaupten?
Gilberto Esparza: Wenn sich das bestehende System nicht verändert, dass wir Flüsse so sehr verunreinigen, dass das Wasser als Ressourcen nicht mehr genutzt werden kann und Wasser weiter privatisiert wird, wird es mit Sicherheit einen Krieg geben. Zwar vielleicht nicht zwischen Nationen, aber zwischen der Regierung und der Industrie. Diese Dinge passieren tatsächlich gerade.
Hast du schon eine Idee für ein nächstes Projekt?
Gilberto Esparza: Ich entwickle gerade ein Projekt, bei dem es um die am stärksten verschmutzten Flüsse in Mexiko geht. Dazu untersuche ich gerade die Wasserqualität der Flüsse und interviewe betroffenen Gemeinden, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und Aktivistinnen und Aktivisten. Ich möchte ein Soundsystem entwickeln, das dazu verwendet werden kann Bakterienlevel, und somit die Verunreinigung in Flüssen, zu messen und diese Information mittels verschiedenen Tönen darzustellen. Das Endprodukt soll eine Sammlung dieser Informationen und den dazugehörigen Sounds sein, die ich während meiner Untersuchungen zusammengetragen habe. Außerdem soll es eine Website für Forscherinnen und Forscher und auch für die Öffentlichkeit geben, mit Informationen zum aktuellen Stand der Wasserqualität in Flüssen.
Gilberto Esparza
Gilberto Esparza (MX), born in 1975, is a Mexican artist whose work involves electronic and robotic means to investigate the impacts of technology in everyday life, social relationships, environment and urban structure. He currently conducts research projects on alternative energies. His practice employs recycling consumer technology and biotechnology experiments. In his projects he has collaborated research centers such as the Research Group in Chemical and Process Engineering at the University of Cartagena, Spain; Mechatronics Area of Cinvestav; Institute of Engineering, Juriquilla, UNAM; Digital Arts, University National Polytechnic Institute Guanajuato, Salamanca. Gilberto Esparza, graduated from the School of Fine Arts at the University of Guanajuato, Mexico and spent one year on exchange at the Faculty of Fine Arts of San Carlos in Valencia, Spain. As an artist he has participated in solo and group exhibitions in Mexico, the US, Canada, Brazil, Colombia, Peru, Ecuador, Argentina, Spain, Holland, Belgium, Slovenia and Dhoa. He received the award for Latin American Production at Life 09 and second prize at Life 13 Fundación Telefónica of Spain and a Honorary Mention at the Prix Ars Electronica. He currently is a member of the National System of Art Creators in Mexico.
Die Installation „Plantas Autofotosintéticas“ können Sie am Ars Electronica Festival, von 3. – 7. September 2015, im Rahmen der CyberArts-Ausstellung im OK Offenes Kulturhaus Oberösterreich, besichtigen.