Seit 1987 wird der Prix Ars Electronica jedes Jahr neu ausgeschrieben, um die besten Medienkunstwerke – aus tausenden Einreichungen aus aller Welt – mit der Goldenen Nica zu küren. 2018 sind es vier Kategorien, in denen Projekte eingereicht werden können: „Computer Animation„, „Digital Communities“, „Interactive Art +“ und „u19 – CREATE YOUR WORLD“. Und das tun sowohl weltweit anerkannte KünstlerInnen als auch junge kreative Shootingstars. Gerfried Stocker hat uns erzählt, warum dieser Medienkunstpreis auch für Ars Electronica so wichtig ist, dass sich die PreisträgerInnen nicht nur auf Geldpreise freuen können, wie die GewinnerInnen der Goldenen Nica ermittelt werden und was es mit den diesjährigen Wettbewerbskategorien auf sich hat.
Warum begibt sich der Prix Ars Electronica jedes Jahr aufs Neue auf die Suche nach den besten Medienkunstwerken?
Gerfried Stocker: Der wichtigste Grund ist eigentlich, dass wir ganz stark der Meinung sind, dass es diese Werke wirklich verdienen, entsprechend prämiert und hervorgehoben zu werden. Es ist ja nach wie vor so, dass die Medienkunst eine sehr junge Kunst ist und das Sichtbarmachen dieser Dynamik – und nicht nur der Projekte sondern auch der unheimlich spannenden Persönlichkeiten dahinter – ist uns ein ganz großes Anliegen. Und darüber hinaus ist der Prix Ars Electronica ein zentraler Teil im gesamten Ökosystem von Ars Electronica. Wir haben damit die Möglichkeit, uns mit tausenden von beeindruckenden KünstlerInnen weltweit zu vernetzen und dadurch immer am aktuellen Stand der Entwicklungen und Trends bleiben zu können. Dies hilft uns, zukünftige Festivalthemen weiterzuentwickeln und unsere Aktivitäten sehr gut an diese Trends anpassen zu können.
Hinter dem Prix Ars Electronica steht ja mehr als die Goldene Nica. Was ist so besonders an diesem Medienkunstpreis?
Gerfried Stocker: Der Prix Ars Electronica hat ein ganz besonderes Asset, wie es so schön heißt, und das ist seine Tradition seit 1987. Es war damals der erste weltweite Wettbewerb überhaupt, der für diese Art von Kunst ins Leben gerufen wurde. Jede und jeder, der hier einreicht, hat die Chance, sich in eine Tradition zu stellen – mit den ganz großen KünstlerInnen dieser noch sehr kurzen Geschichte. Ob John Lasseter im Bereich der Computeranimation oder Karlheinz Stockhausen, Peter Gabriel oder Ryuichi Sakamoto bei Digital Musics, und viele mehr – diese Spitzenleute gehören zu den bisherigen PreisträgerInnen des Prix Ars Electronica und sich selbst auch hier einreihen zu können, das ist glaub ich auch eine unheimlich attraktive Geschichte, die vielleicht sogar wichtiger ist als das Preisgeld von bis zu 10.000 Euro pro Kategorie. Damit verbunden ist natürlich auch, dass wir versuchen, die Projekte, die von den Jurys ausgewählt werden, im Rahmen des Ars Electronica Festivals zu zeigen. Die Projekte dieser CyberArts-Ausstellung werden in einem sehr schönen Katalog publiziert, der jedes Jahr dazu erscheint. Und von dem her ist es auch für die teilnehmenden KünstlerInnen eine wunderbare Möglichkeit, sich in diesem globalen Netzwerk zu manifestieren.
Die PreisträgerInnen der Goldenen Nicas 2017: Dimitri della Faille (BE/CA), Cedrik Fermont (BE), Maja Smrekar (SI), David OReilly (IE) und Lisa Buttinger (AT). Credit: Florian Voggeneder
Es ist nicht die Ars Electronica selbst, die die GewinnerInnen des Prix Ars Electronica kürt, sondern eine hochkarätig besetzte Jury, die sich jedes Jahr neu zusammensetzt…
Gerfried Stocker: Genau. Etwas, das für den Prix Ars Electronica von Anfang an sehr wichtig war, ist dieser extrem große Aufwand, der hinter diesem Auswahlverfahren steckt. Über all die Jahre seit 1987 konnten wir das Prinzip erhalten und sogar weiterentwickeln, dass für drei Tage alle Jurymitglieder hierher nach Linz zusammenkommen müssen, um gemeinsam über die GewinnerInnen des aktuellen Jahres zu entscheiden. Da gibt es keine Ausreden, da gibt es kein nebenbei laufendes Online-Voting. In jeder der ausgeschriebenen Kategorien wählen wir fünf international berufene ExpertInnen aus, die sich für diese drei Tage auf Klausur begeben und von früh bis in die Nacht nur darüber diskutieren und manchmal auch streiten, was das aktuell Spannende und Wichtige ihrer Kategorie eigentlich ist und welche Kernkriterien damit verbunden sind. Und das ist meiner Meinung nach wirklich das Beste, das wir auch für die teilnehmenden KünstlerInnen anbieten können: Nämlich die Sicherheit, dass ihre Arbeiten in einem hochqualifizierten, ernsthaften und aufwändigen Prozess angesehen werden und – wie es die Geschichte bisher bereits gezeigt hat – extrem gute Resultate dabei herauskommen.
Impressionen der CyberArts-Ausstellung des Ars Electronica Festival 2017 – hier werden die besten Einreichungen des Prix Ars Electronica einem internationalen Publikum präsentiert.
Beim Prix Ars Electronica 2018 stehen diesmal vier verschiedene Kategorien zur Einreichung bereit. Worum geht es bei den ersten beiden Kategorien, „Computer Animation“ und „Interactive Art +“?
Gerfried Stocker: Bei „Computeranimation“ und „Interactive Art +“ ist es ganz stark so, dass wir uns in den vergangenen Jahren bemüht haben, zwar auf der einen Seite diese Grundbegriffe beizubehalten, aber auch zu zeigen und den Preis auch dahingehend zu öffnen, dass diese vielen Verästelungen und diese tollen dynamischen Neuentwicklungen und experimentellen Formen, die es ständig gibt, sehr wohl auch eine Chance auf einen Preis, eine Auszeichnung oder eine Anerkennung in dieser Kategorie haben. Wir arbeiten hier auch sehr stark im Diskurs mit den Jurymitglieder. Wir befinden uns in der spannenden Situation, hier in einem Kunstgenre zu arbeiten, das sich eigentlich im Moment ständig neu erfindet und neu formiert. Bei Computeranimation geht es zum Beispiel immer mehr darum, diese ganzen algorithmischen und generativen Real-Time-Graphics aufzunehmen. Gleichzeitig spüren wir in den letzten Jahren den massiven Boom in der Arbeit mit Virtual Reality. Maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz sind für die Kategorie „Computeranimaton“ mittlerweile genauso interessant wie auch in der interaktiven Kunst.
„Beim Prix Ars Electronica soll natürlich zum einen Exzellenz belohnt werden, der Medienkunstpreis soll an die besten Arbeiten des jeweiligen Jahres gehen. Aber es ist auch sehr wichtig, ihn als Trendbarometer zu sehen und auch als Instrument zu nutzen – für uns genauso wie auch für die KünstlerInnen und das Publikum – , um zu zeigen, wie dynamisch sich diese Szene von Jahr zu Jahr weiterentwickelt.“
2018 können Arbeiten auch wieder in der Kategorie „Digital Communities“ eingereicht werden. Was kann man unter diesem Begriff verstehen?
Gerfried Stocker: Das Spannende bei „Digital Communities“ ist, dass die Kategorie eigentlich auf den Kern dessen geht, was unsere Internet-Welt und die digitale Welt jetzt ausmacht: Nämlich die Nutzung dieser Technologie durch die Menschen. Es geht nicht um die Technologie, sondern wirklich ganz explizit um die Communities. Hier finden sich unheimlich spannende ambitionierte Projekte, die weltweit unter dem Einsatz dieser Technologie realisiert werden, aber mit der klaren Zielsetzung etwas für die eigene Umgebung oder für andere Menschen zu schaffen, das diesen Personen dann auch wirklich hilft, ihnen Vorteile verschaffen kann, ihnen die Lebenssituation leichter macht, sie dabei unterstützt, mit Konfliktsituationen umzugehen. Und dann sind es natürlich auch die Projekte, die das ganz Wichtige der Kunst beinhalten, das wir immer brauchen: Die kritische Analyse dessen, was in dieser Entwicklung vor sich geht. Das sind die Projekte, die bei Digital Communities im Vordergrund stehen.
Und schließlich können in Österreich wohnende Jugendliche unter 19 Jahren bei „u19 – CREATE YOUR WORLD“ einreichen…
Gerfried Stocker: „u19 – CREATE YOUR WORLD“ ist jene Kategorie, die wir jedes Jahr mit dem speziellen Fokus auf die kreative Nutzung dieser neuen Technologien durch Jugendliche durchführen. In dieser Kategorie geben wir uns aber nicht mit dem schönen Kindchenschema zufrieden und sagen „Ist das nicht nett, wie sie die Computer schon einsetzen können“ – sondern hier ist ganz klar zu sehen, mit welcher Tiefe, Ernsthaftigkeit und Kritikfähigkeit beispielsweise 14-Jährige sich diesen Medien nähern und über dessen Auswirkungen auf unsere Gesellschaft reflektieren. Der Ideenreichtum der Kinder und Jugendlichen, mit dem komplett neue Dinge gemacht werden, das ist wirklich eine der faszinierendsten Geschichten. Jedes Jahr gibt es am Ende der Jurysitzung den spannenden Moment: Nachdem alle JurorInnen entschieden haben, kommen sie noch einmal alle in einem Raum zusammen und präsentieren ihre Ergebnisse. Wenn die GewinnerInnen der Kategorie „u19 – CREATE YOUR WORLD“ präsentiert werden, dann ist das eigentlich das, worauf wir immer mit größter Spannung warten, weil hier immer die besten Ãœberraschungen drinnen sind. Ich glaube, wenn wir diese sehr positive Dynamik aufgreifen und Technologien und Medien in unsere eigene Hände nehmen, dann haben wir wirklich die Chance, etwas zu bewegen. Das ist das, was in diesen Projekten der Kinder und Jugendlichen steckt, und darum geht es auch bei „u19 – CREATE YOUR WORLD“.
Reichen Sie Ihr Projekt zum Prix Ars Electronica 2018 ein oder nominieren Sie ein Medienkunstwerk, das es verdient hat, mit der Goldenen Nica gewürdigt zu werden. Die Wettbewerbskategorien 2018 lauten „Computer Animation“, „Digital Communities“, „Interactive Art +“ und „u19 – CREATE YOUR WORLD“. Zu gewinnen sind eine Goldene Nica sowie Preisgelder von bis zu 10.000 Euro pro Kategorie und ein prominenter Auftritt beim Ars Electronica Festival, das von 6. bis 10. September 2018 in Linz stattfinden wird. Die Einreichung zum Prix Ars Electronica 2018 ist kostenlos, verlängerter Einreichschluss ist der 12. März 2018! Alle Informationen zum Prix Ars Electronica finden Sie auf ars.electronica.art/prix!