Du bist dir der Folgen des Klimawandels bewusst, gehst regelmäßig für eine gerechtere Welt auf die Straße, hast in der Flüchtlingskrise mitgelitten und siehst dich als AktivistIn statt als passiv teilhabend an der Welt? Dann legen wir dir einen Besuch beim Ars Electronica Festival ans Herz, um mit uns einen Blick in die Zukunft der Gesellschaft zu werfen und daran mitzuwirken, dass sie sich so entwickelt, wie wir sie uns wünschen. Wir haben die besten Tipps für AktivistInnen und solche, die es noch werden wollen, zusammengestellt, um bei unserem breiten Programm den Blick aufs Wesentliche nicht zu verlieren.
Wie könnte eine Alternative zum „Datenkapitalismus“ der IT-Monopolisten und dem „Datentotalitarismus“ autoritärer Regime aussehen? Oder anders gefragt: Gibt es einen Weg in die digitale Gesellschaft, der Wettbewerbsfähigkeit und Wertschöpfung garantiert und gleichzeitig europäischen Werten verpflichtet ist? Eine Vielzahl aktueller EU-Projekte und – Initiativen haben sich zum Ziel gesetzt, Kunst, Kreativität und Bildung künftig stärker in die Entwicklung von Technologie einzubinden, um neue Konzepte zu entwickeln und alternative Handlungsoptionen zu eröffnen. Das von Ars Electronica initiierte „European ARTificial Intelligence Lab“ etwa befördert einen breiten, kritischen Diskurs rund um KI-bezogene wissenschaftliche und technologische Fragestellungen. Ebenfalls beteiligt ist Ars Electronica an der „European Media Art Platform“, die jährlich Produktionsstipendien an KünstlerInnen in ganz Europa vergibt, damit deren künstlerische Forschung unterstützt und ihren Ergebnisse eine Öffentlichkeit verschafft. Eine eigene große Ausstellung widmet sich der von Ars Electronica unterstützten STARTS Initiative der EU- Kommission, die Synergien zwischen Kunst und Technologie fördern will, um nachhaltige Innovation in Industrie und Gesellschaft zu stärken. Das ganze steht unter dem Titel „European Platform for Digital Humanism“.
Besonders empfehlen möchten wir euch hier den Festival Sonntag, der zur Gänze dieser Plattform und den damit verbundenen Themen gewidmet ist. Eine Konferenz mit dem selben Titel versucht, einen klaren europäischen Ansatz für die Gestaltung unserer Zukunft zu finden und geht der Frage nach, wie man sicherstellen kann, dass die Künstliche Intelligenz fair, integrativ und verantwortungsbewusst gestaltet ist. Workshops runden das Programm ab.
Zwei weitere Konferenzen, die wir euch besonders ans Herz legen möchten, sind das Activate & Participate Panel im Rahmen der Themenkoferenz am Freitag mit den Journalistinnen Amanda Cox, New York Times, und Marta Peirano sowie Lara Leik und Kathi Weissenböck für Fridays for Future.
Am Samstag des Festivals findet die ZusammenHelfen Konferenz statt, eine Konferenz für alle Engagierten, Interessierten und Betroffenen im Bereich Flucht und Integration. Unter dem Motto „Tag der Ermutigung“ werden neue Perspektiven aufgezeigt, aktuelle Entwicklungen thematisiert sowie Herausforderungen und gelungene Projekte näher beleuchtet.
„Wie riecht Ausbeutung?“ Diese Frage steht am Anfang des Projekts LABOR, für das Paul Vanouse mit der Goldenen Nica in der Kategorie Artificial Intelligence & Life Art des Prix Ars Electronica ausgezeichnet wurde. Seine Arbeit ist im Rahmen der CyberArts Ausstellung im OK im OÖ Kulturquartier zu sehen, und bestimmt nicht nur wegen dieses preisgekrönten Werkes auch für AktivistInnen einen Besuch wert. Sie ist übrigens nicht nur bis zum Ende des Festivals, sondern noch bis 15. September geöffnet.
Forensic Architecture ist eine unabhängige Forschungsagentur, die ihren Sitz an der Goldsmiths, University of London hat. Das interdisziplinäre Team von ForscherInnen setzt sich aus ExpertInnen in den Bereichen Architektur, Wissenschaft, Kunst, Film, Softwareentwicklung, investigativer Journalismus, Archäologie und Juristik zusammen. Als neutrale Forschungsplattform recherchieren und analysieren sie mit ihren Methoden fortlaufend kritische Themen wie zum Beispiel den Einsatz von Drohnen in Kriegsgebieten, Umweltverbrechen in Indonesien oder die EU-Politik gegenüber Flüchtlingsschiffen im Mittelmeer. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen werden in politischen und juristischen Foren, Wahrheitskommissionen, Gerichten und Menschenrechtsberichten präsentiert. Auf der Homepage verschaffen Videos und Berichte sowohl einen Überblick über die von ihnen verwendeten Methoden als auch über die Themen, die sie bereits aufgearbeitet haben. Forensic Architecture war bereits 2018 am Ars Electronica Festival vertreten, wurde heuer mit einer STARTS Prize 2019 Anerkennung ausgezeichnet und ist außerdem Teil des Citizen Lab im neuen Ars Electronica Center.
Die Inhalte des neuen Ars Electronica Center sind auch für AktivistInnen interessant. Die Ausstellung „Global Shift“ etwa zeigt, welche Rolle neuronale Netze bei der wissenschaftlichen Erforschung unseres Planeten spielen und wie sie dazu beitragen, Herausforderungen wie etwa dem Klimawandel zu begegnen. Der Besuch im Museum soll außerdem allen eine grundsätzliche Vorstellung davon vermitteln, was AI ist und wozu ihre Anwendungen fähig sind – eine Technologie, um die wir in der Zukunft nicht herumkommen werden.
Auch beim CREATE YOUR WORLD Festival spielt der Klimawandel und Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Das Zukunftsfestival der nächsten Generation hat zum Beispiel für das Projekt Waste! mit den Stadtbetrieben Steyr kooperiert, um sich mit dem Thema Abfall und der Zukunft der Abfallwirtschaft auseinanderzusetzen. Außerdem wird es am Festivalfreitag einen Climate Shutdown geben. Wann? Too late. Wo? Auf der ganzen Welt…
In der großen Ausstellung zum Festivalthema gehen wir Menschen diesmal an unsere Grenzen – und darüber hinaus. Im spektakulären Bunker der POSTCITY rückt die Schau „Human Limitations – Limited Humanity“ unsere heutige Beziehung mit unserer Umwelt in den Mittelpunkt und stellt die Frage, welche sozial-ethischen Verpflichtungen daraus erwachsen. „Human Limitations“ zielt dabei auf die individuelle Ebene ab und legt den Fokus auf die immer weitergehende Optimierung unseres Körpers mittels Mikrochipimplantaten oder per Genschere und damit verbundene Fragen. „Limited Humanity“ dagegen thematisiert gesellschaftliche Grenzen, die jüngst im Zuge der Flüchtlingsdebatte, Klimakatastrophe oder Massenüberwachung deutlich sichtbar wurden. Und die Schau zeigt, dass uns Technologie in all diesen Fragen weder Freund noch Feind ist, sondern stets nur das, was wir aus ihr machen.
Zwei interessante Arbeiten zum Thema Umwelt, die wir in der Fülle an Projekten kurz vorstellen möchten, sind Clams und Trans*Plant. In der Natur sind Muscheln Detektoren für Schadstoffe; sie dienen als winzige Filtersysteme. Inspiriert von diesem Naturphänomen präsentiert Marco Barotti nun seine neue Arbeit Clams, eine kinetische Klanginstallation, die durch die Wasserqualität ausgelöst wird. Trans*Plant ist ein transdisziplinäres Projekt, das lebende Systeme nutzt und auf Selbstexperimentierung basiert: Es ist beschreibt einen Prozess, der einen Übergang von Mensch zu Pflanze in verschiedenen Formen beinhaltet.
Die Zukunft steht klar auch im Fokus der „Ars Electronica Art Thinking School“, ein neues Festivalprogramm, das Themenparcours, Workshops und Aktionen umfasst. Im Mittelpunkt dabei „Art Thinking“, wie man es lernt und wie im Alltag einsetzen kann. Teil der neuen „Ars Electronica Art Thinking School“ ist der Future Innovators Summit (FIS), der gemeinsam mit Hakuhodo, einer führenden japanischen Kommunikationsagentur entwickelt wurde und junge wie erfahrene ExpertInnen aus Kunst, Design, Wissenschaft, Technik, Entrepreneurship, Aktivismus und Philosophie versammelt, um neue Wege des kollektiven Brainstormings zu den entscheidenden Fragen der Menschheit zu erforschen und Zukunftsszenarien zu entwickeln.
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