Anfang September 2021 fand im Ars Electronica Center der erste Sustainability Thinking Workshop von Ars Electronica Solutions in Kooperation mit Michael Friedmann (ICT Impact GmbH) statt. Sustainability Thinking, das meint unter anderem durch einen Methodenmix aus den Bereichen Art und Design Thinking das eigene Denken in Bezug auf Nachhaltigkeit anzuregen und so eine neue Denkweise hervorzurufen. “Nachhaltigkeit beginnt im Kopf” ist Michael Friedmann überzeugt.
“Wir denken, dass es mit der inneren Haltung, mit unseren Werten, unserem Mindset, unserer Kultur beginnt! Wir sind überzeugt davon, dass die Forderung nach einer ganzheitlichen Sichtweise für das Thema Nachhaltigkeit noch viel entscheidender ist, als beispielsweise bei der Digitalisierung. Und wir glauben daran, dass wirksame neue Lösungsansätze auf Verbundenheit und Kooperation beruhen werden.”
Michael Friedmann, ICT Impact GmbH
Unternehmen und Organisationen stehen zusätzlich vor der Herausforderung, dass nur durch ein gemeinsames Verständnis über Notwendigkeit und Wirkung von Nachhaltigkeitsprozessen Veränderung stattfinden kann. Genau das soll der Sustainability Thinking Workshop anstoßen.
Warum Sustainability Thinking? Der empathische, im positiven Sinne respektlose Zugang der Kunst zu verfestigten Meinungen und Glaubenshaltungen in Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft benötigt einen systemischen Gegenpol im Bereich der strukturellen Erarbeitung von Lösungsansätzen und -methoden. Art Thinking weitet den Horizont, Design Thinking macht neue kreative Ansätze umsetzungsfähig. Die Synthese dieser beiden Ansätze generiert im optimalen Fall einen holistischen, non-linearen Zugang zum komplexen Problem der nachhaltigen Entwicklung und Innovation in einer fragmentierten postmodernen Gesellschaft.
Sustainability Thinking baut auf dem von Ars Electronica entwickelten Art Thinking Konzept auf, entlehnt klassische Ansätze aus dem Design Thinking und wird so zu einer neuen kreativen Methode, um zum Beispiel zu einer neuen persönlichen wie auch Unternehmensstrategie in Bezug auf Nachhaltigkeit zu kommen. Art Thinking versucht mit kreativen Zugängen die wesentlichen Zukunftsfragen zu (er-)finden. Mit Design Thinking gelingt es, auf bestehende Fragen neue, anwenderzentrierte Lösungen zu entwickeln.
Für Ars Electronica Solutions selbst und ICT Impact diente dieser erste Workshop auch als Prototyp für die zukünftige Arbeit in diesem Bereich. Und für BDO, ein international tätiges Wirtschaftsprüfungs-Unternehmen, die an diesem Workshop teilnahmen, stellte er die Kick-off Veranstaltung für die Entwicklung einer eigenen Nachhaltigkeitsstrategie dar.
18 Teilnehmer*innen waren dafür aus Wien angereist, um neugierig zwei Tage im Ars Electronica Center auf sich wirken zu lassen. Erwartet wurden sie von den Trainern Michael Friedmann, ICT Impact GmbH, Michael Mondria, Managing Director / von Ars Electronica Solutions sowie Chris Bruckmayr, Head of Products & Events / Ars Electronica Solutions.
„Wir denken, dass Empathie für die Mitmenschen, die Mitgeschöpfe und die Biosphäre nicht im Gegensatz zur wirtschaftlichen Entwicklung einer Gesellschaft stehen. Ganz im Gegenteil: die empathische, mitfühlende holistische Risikoabschätzung neuer Trends, Innovationen und wirtschaftlicher Strukturwandlungsprozesse in ihrer Auswirkung auf menschliche und nicht-menschliche Gesellschaften, schafft erst die Grundlage zukunftsweisende nachhaltige Entscheidungen zu treffen.”
Chris Bruckmayr, Ars Electronica Solutions
Tag 1 – Was bedeutet Nachhaltigkeit für uns?
Zu Beginn stand ein gemütlicher Check-In, das vertraut machen mit den Räumlichkeiten, mit dem Deep Space 8K am Programm sowie ein gemeinsames Onboarding und ein Ausblick darauf, was in den kommenden Stunden und Tagen zu erwarten ist.
Das erste Highlight ließ nicht lange auf sich warten: Philipp Blom – Schriftsteller, Historiker, Journalist – war extra angereist, um mit seiner charismatischen Art (er ist außerdem ein ausgezeichneter Redner) die Keynote zum Thema “Der Klimawandel und ein notwendiges neues Menschenbild” zu halten und so atmosphärisch die kommende Zeit einzuläuten.
Anschließend ging es bei einer Fishbowl Diskussion – mehrere Personen diskutieren in der Mitte während die anderen außen als Beobachter*innen fungieren – für die Teilnehmer*innen gleich darum, sich auch selbst einzubringen.
Der nächste Teil der “Impuls-Phase” des Workshops bestand aus künstlerischem Input, präsentiert von Chris Bruckmayr.
Unter anderem wurde die preisgekrönte Computeranimation “Walking City” von Universal Everything gezeigt, als künstlerische Metapher für eine durch zunehmende Komplexität gezeichnete Gesellschaft, die zu entwicklungsstörenden Erstarrungstendenzen führt und nur durch “kreative Selbstzerstörung” wieder handlungsfähig und zukunftsorientiert wird.
Auch auf diesen Artikel zum Thema Solastalgie sei an dieser Stelle hingewiesen. Was meint Solastalgie? Verändert sich die Heimat durch Umweltzerstörung erleiden wir einen emotionalen Schmerz, der mit dem Gefühl von Heimweh vergleichbar ist – der Solastalgie.
“Dieses stille, in der gesellschaftlichen Diskussion noch weitgehend unberücksichtigte psychische Leiden unserer Gesellschaften zeigt die für kommende Generationen schwerwiegenden Folgen einer Verweigerung sich nachhaltigen Strategien zu widmen und wird sich auch zukünftig maßgeblich in der Produktivität einer Gesellschaft niederschlagen.”
Chris Bruckmayr, Ars Electronica Solutions
Der Tag endete damit, die vier Kernthemen zu definieren, die für BDO in Bezug auf Nachhaltigkeit relevant sind. Das sind in diesem Fall Soziale Nachhaltigkeit (Wie können wir soziale Nachhaltigkeit in der BDO verankern und umsetzen?), Vorbildwirkung & Risikobereitschaft (Welche Ziele setzen wir uns?), Komplexität, Kultur & Anerkennung (Wie stellen wir sicher, dass wir Nachhaltigkeit nachhaltig und aktiv leben?), Kunden & Verantwortung (Wie können wir Kunden finden, die mit uns einen nachhaltigen Weg gehen wollen?). Darüber hinaus konnten 109 einzelne Umsetzungsideen generiert werden.
Tag 2 – Hinein in den kreativen Prozess
Am zweiten Tag ging es mitten hinein in den Arbeits- und Kreativitätsprozess. In vier Teams aufgeteilt wurden zu den am Vortag erarbeiteten Kernfragen metaphorische Prototypen gestaltet, die als emotionale Träger für die Verankerung ebendieser Themen dienen. Sie, also die Prototypen, tragen klingende Namen wie “Unsere sozialen Werte”, “Unser nachhaltiges Fundament”, “Die Schutzmantelmadonna” und “Die Welle der Willigen”.
Ideen wurden gewälzt, durchdacht, verworfen und wieder neu gedacht.
Zwischendurch stand außerdem eine Führung durch die Global Shift und Understanding AI Ausstellungen im Ars Electronica Center am Programm – um die auf Hochtouren arbeitenden Köpfe auszulüften, aber auch, um neuen Input aus der Welt der Kunst und Wissenschaft zu bekommen.
Anschließend wurden mit Hochdruck die Projekte in die Umsetzungsphase gebracht. Gearbeitet wurde dabei mit allen möglichen Materialien – von Zeitschriften über Maluntensilien bis hin zu Knete und Styroporkugeln – alles war erlaubt, um die Gedanken anschaulich werden zu lassen.
Am Ende standen vier komplett unterschiedliche Projekte von vier Gruppen, die mit jeweils unterschiedlichen Fragestellungen an die Thematik herangegangen waren. Sie wurden in Abschlusspräsentationen den Kolleg*innen vorgestellt und gemeinsam besprochen.
Mit vielen neuen Gedanken, Anregungen und Plänen im Gepäck ging der erste Sustainability Thinking Workshop von ICT Institute for Clean Technology und Ars Electronica Solutions zu Ende. Wie die Beteiligten zu Nachhaltigkeit stehen und einen Eindruck davon, was der Workshop in ihnen verändert hat, könnt ihr in diesem Video nachsehen.
Der Sustainability Thinking Workshop ist nach diesem ersten Testlauf für Unternehmen aller Größen sowie öffentliche Organisationen, die in die Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien und -innovationen involviert sind, buchbar. Wenn ihr noch mehr über den Workshop und den Prozess nachlesen wollt, könnt ihr das hier am Blog von ICT tun.