Lautloser Klang

, Verblassende Stimmen, Sonja Höglinger (AT)

Die Kategorie u19–create your world des Prix Ars Electronica lädt die nächste Generation dazu ein, spannende Projekte und Ideen zur Welt von morgen einzureichen. Hier können Kinder und Jugendliche bis 19 Jahre zeigen, welche Themen sie momentan beschäftigen: Inhaltlich hat hier alles Platz und bietet einen ganz neuen Einblick in kreative und kritische Zukunftsperspektiven von jungen Menschen.

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Für ihr Werk „Verblassende Stimmen“ wurde Sonja Höglinger in der Kategorie „u19–create your world“ mit der Goldenen Nica des Prix Ars Electronica 2023 ausgezeichnet. In „Verblassende Stimmen“ verwendet Sonja Höglinger eine einzigartige Methode, um den Verlust eines geliebten Menschen zu verarbeiten und dessen Stimme und Klangfarbe auf besondere Weise zu bewahren. Im Interview mit der Künstlerin erfahren wir mehr über den Prozess der Arbeit und die Idee hinter dem Werk.

Wie bist du auf die Idee gekommen, die Tonspur deines Vaters in deinem Projekt „Verblassende Stimmen“ zu visualisieren?

Sonja Höglinger: Die Ausgangsidee entstand aus der Erinnerung an ein Gespräch mit einem Freund, der sagte: „Weißt du, was am Schlimmsten ist? Wenn man bemerkt, dass man sich nicht mehr an die Stimme einer Person erinnern kann.“ Da mein Vater aufgrund seiner ALS-Erkrankung schnell die Fähigkeit zu sprechen verlor und letztes Jahr verstarb, konnte ich dieses Phänomen selbst erleben. Daraufhin begann ich nach einer Möglichkeit zu suchen, dem Verschwinden der Erinnerungen entgegenzuwirken und stellte fest, dass dies durch das bewusste Hervorrufen typischer Aussagen von ihm möglich ist. Diese Erkenntnis war für mein Gestaltungsprojekt „Verblassende Stimmen“, das im Rahmen meiner Diplomarbeit zum Thema „Erinnerungen“ entstand, entscheidend. Ich entschied mich, diese Methode der Erinnerung visuell darzustellen.

Verblassende Stimmen, Sonja Höglinger (AT)

Kannst du uns mehr über den Prozess der Umsetzung erzählen, insbesondere wie du die Tonspur mit einer Nähmaschine auf die Stoffbahn gebracht hast und welche Techniken du dabei angewendet hast?

Sonja Höglinger: Um meine Arbeit umzusetzen, habe ich die zuvor aufgenommene Tonspur im Großformat auf Papier ausgedruckt und dann die Umrisse auf die Stoffbahn übertragen. Nun konnte ich mit den vielen Stunden des Nähens beginnen. Dabei verwendete ich unterschiedliche Variationen des Zickzackstichs sowohl für das Raster als auch für die Tonspur. Durch kontinuierliches Vor- und Zurücknähen entstand schließlich das Kunstwerk „Verblassende Stimmen“.

Warum hast du dich dafür entschieden, dich auf eine einzige Phrase oder Aussage deines Vaters zu konzentrieren? Wie trägt diese Fokussierung zur klaren Vermittlung deiner Botschaft bei?

Sonja Höglinger: Mir sind zunächst viele typische Aussagen eingefallen, die ich als äußerst charakteristisch empfand. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass das Visualisieren all dieser Phrasen zu viele Eindrücke erzeugen würde, die die Betrachter*innen daran hindern könnten, ihre eigenen Gedanken und Erinnerungen zuzulassen. Zudem stellte ich fest, dass es unter den zahlreichen Zitaten eines gibt, das meinen Vater am besten repräsentiert. Eine einzige Aussage kann ausreichen, um sich wieder ein Stück weit an seine Stimme zu erinnern.

Verblassende Stimmen ist eine analoge Arbeit, der es trotz allem gelingt, Digitales einzufangen und das Beste aus beiden Welten auf eine wundervolle Weise miteinander zu verweben. – Jury Statement

Du erwähnst, dass du die eigentliche Aussage hinter der Tonspur nicht direkt nennst, um den Betrachter*innen Raum für eigene Interpretationen und Erinnerungen zu geben. Wie möchtest du, dass dieses Werk erlebt wird?

Sonja Höglinger: Mit meiner Arbeit möchte ich den Betrachter*innen die Möglichkeit geben, sich einen Moment Zeit zu nehmen, um eigene Erinnerungen wieder zum Leben zu erwecken. Es geht um Erinnerungen an Menschen und deren Stimmen, die man vielleicht schon lange nicht mehr gehört hat – Stimmen und Aussagen, die uns zum Lachen bringen oder auch zum Nachdenken anregen. Es sind die Stimmen von Menschen, die wir gerne wieder einmal um uns hätten.

Sonja Höglinger stammt aus St. Valentin und ist Absolventin der HBLA für künstlerische Gestaltung in Linz. Sie arbeitet gerne mit verschiedenen Materialien im dreidimensionalen Bereich und plant in naher Zukunft eine Ausbildung zur Goldschmiedin, um ihr handwerkliches und technisches Wissen zu vertiefen und ihrer Faszination für Schmuckkunst nachzugehen. Sowohl Musik als auch bildende Kunst sind für sie wichtige Mittel, um ihre Gedanken und Gefühle auszudrücken.

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