Ob Kommunikation, Unterhaltung, Medien, Handel oder in der Arbeitswelt – die fortschreitende Digitalisierung schafft Chancen und Perspektiven in vielen Bereichen unseres Alltags, auch in der Unterrichtsgestaltung. Durch die Integration digitaler Werkzeuge kann der Unterricht an Schulen kreativer gestaltet werden und sich somit besser and die Lebensrealität junger Menschen anpassen. Der Bildungspreis „Klasse! Lernen. Wir sind digital“ richtet sich an Lehrpersonal und Schüler*innen die neue, digitale Projekte auf kreative Art und Weise umsetzen.
Dieses Jahr ging der Bildungspreis an die Musikmittelschule Eggenburg und ihr Projekt „He(a)rophone“. Im Rahmen dieses Projekts wurde eine mobile Hörstation entwickelt, die es Schüler*innen ermöglicht, Einblicke in die fortschrittliche Technologie des dreidimensionalen Drucks zu erhalten und zu zeigen, wie sich Produktionsprozesse durch innovative Fertigungstechnologien verändern. Wir haben uns näher mit Prof. Karin Krottendorfer-Stift unterhalten und mehr über den Prozess und die Umsetzung von „He(a)rophone“ erfahren.
Wie entstand die Idee für das Projekt „He(a)rophone“?
Karin Krottendorfer-Stift: Vor drei Jahren haben unsere Schüler*innen mit der Mediendesignerin Nora Dibowski eine musikalische Klangwand in der Pausenhalle gestaltet. Wir wollten die Expertin wieder an unsere Schule holen und da kam die Idee, für unsere Schulbibliothek eine mobile Hörstation zu installieren, da Lesen und Hören einen großen Schwerpunkt in unserem Unterrichtsalltag bildet. Außerdem wollten wir unsere beiden Zweige Musik und MINT in Einklang bringen und eine Zusammenarbeit fördern.
Könntest du mehr über den Umsetzungsprozess berichten, wie du und deine Schulklasse das Projekt „He(a)rophone“ gestaltet habt?
Karin Krottendorfer-Stift: Das Projekt „He(a)rophone wurde von September bis Ende Juni umgesetzt. Gestartet wurde mit einer Inspirationsphase – Besuch der Pilotfabrik 4.0 der TU Wien, dem Makerspace Fablab und des Design Lab des Museums für angewandte Kunst. Nach der Einrichtung des neuen Lernraumes „MintSpace“ wurden Workshops zum Thema 3D-Druck und Elektronik mit verschiedenen Expert*innen durchgeführt, bei denen die Schüler*innen viele neuer Erkenntnisse und Erfahrungen in diesen Bereichen sammeln konnten. Ab April wurden dann Inhalte in Form von selbst aufgenommenen Hörgeschichten, Podcasts über das Projekt oder eigene Musikausnahmen der Musikklassen für die Hörstation aufgenommen, die Kopfhörer gedruckt, elektronische Komponenten gelötet, verklebt, eingebaut und die Inhalte über die Basisstation (Einplatinencomputer Raspberry PI) auf die Kopfhörer übertragen.
Welche Herausforderungen sind während der Entwicklung des Projekts aufgetreten und wie konntet ihr diese bewältigen?
Karin Krottendorfer-Stift: Die Finanzierung des Projektes war eine der größten Herausforderungen und die Expertise für die unterrichtenden Lehrpersonen zu schaffen.
Welche neuen Erkenntnisse haben sich für dich und deine Schulklasse aus der Entwicklung des Projekts ergeben und welche Lernprozesse haben stattgefunden?
Karin Krottendorfer-Stift: Das gelehrte Wissen über Elektronik war für alle Schüler*innen ein großer Lernzugewinn. Das Bewusstwerden, dass elektronische Komponenten in vielen Bereichen ihres Lebens allgegenwärtig sind, sei es in Spielkonsolen, Smartwatches oder einfachen Taschenlampen wurden durch kleine Vorprojekte sicht- und haptisch erfahrbar gemacht. Eine neue Erkenntnis für mich aber auch für die Schüler*innen war, dass es für das leichtere Verständnis und nachvollziehbarer ist, das „Schaltkreis“-Feature des Online-Tools TinkerCad zu verwenden und sämtliche gängigen Elektronik-Bauteile interaktiv miteinander kombiniert werden, bevor der Echtheitstest am Steckbrett mit realen Elektronik-Komponenten durchgeführt wird. Im letzten Schritt konnten die Schaltungen fixiert und widerstandsfähiger gemacht werden, indem alle Komponenten auf einer Platine fest verlötet wurden.
„Insgesamt konnte die Erkenntnis gewonnen werden, dass Wissen über Elektronik helfen kann, in der modernen Welt besser zurechtzukommen und sich auf zukünftige Entwicklungen vorzubereiten.“
Karin Krottendorfer-Stift
Wie sieht die Zukunft eures Projekts aus? Gibt es bereits Pläne für die Weiterentwicklung?
Karin Krottendorfer-Stift: Nach Fertigstellung der Hörstation wird diese der Schule langfristig zur Verfügung stehen. Ziel ist die Förderung der Grundkompetenzen Zuhören und Lesen bei den Schüler*innen. Der Hauptstandort der Hörstation wird die Bibliothek der Musikmittelschule sein, sie kann aber auch während des Unterrichts im Klassenzimmer verwendet oder in der Pausenhalle platziert werden. Bei Schönwetter kann die Hörstation im Schulhof aufgestellt werden. Die Hörstation bietet den Schüler*innen im Unterricht, in Pausen oder während Wartezeiten die Möglichkeit, in die Welt der Hörbücher, Podcasts oder in die Welt der Musik einzutauchen. Passend zu den Hörbüchern liegen die Lesebücher auf, die nach Bedarf parallel zum Hörbuch gelesen werden können.
Mit der Hörstation wurde auch der Grundstein eines “offenen Lernraumes/MintSpaces“ im ehemaligen EDV-Raum der Musikmittelschule Eggenburg gelegt. Mit den für die Herstellung der Hörstation benötigten Geräten erlernen Schüler*innen eigenverantwortliches, kreatives und kollaboratives Arbeiten mit analogen und digitalen Technologien. Der offene Lernraum/MintSpace soll als Experimentier-, Kreativ- und Fortbildungszone für Lehrende und Lernende dienen. Die langfristige Verfügbarkeit der Hörstation an der Schule ermöglicht es zukünftig den Schüler*innen, ihre Grundkompetenzen im Zuhören und Lesen kontinuierlich zu fördern. Durch das Projekt wurde der Grundstein für eine zukunftsfähige Bildung gelegt, in der Technologie und kreative Kompetenzen gleichermaßen gefördert werden.
Prof. Karin Krottendorfer-Stift BEd: unterrichtet an der Musikmittelschule Eggenburg Digitale Grundbildung, MINT, Informatik und Religion. Sie hat einen Abschluss des Hochschullehrgangs „Coding und Robotik“ an der PH Burgenland und absolviert derzeit den Hochschullehrgang „Digitale Grundbildung“.